Hass ist in den letzten Jahren zu einem zentralen Phänomen unserer Gesellschaft geworden. Er zeigt sich in feindseligen Ressentiments gegen Minderheiten oder auch Eliten, in einer radikalisierten Hetze und Diffamierung im Internet, schließlich in Gewaltakten gegen verhasste Gruppen bis hin zu Amokdelikten oder terroristischen Attentaten. Die Zunahme des Hasses hat zweifellos auch mit den sozialen Medien zu tun, in denen sich Hassende anonym Ausdruck verschaffen und Resonanz finden können; mehr aber noch mit gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zwischen sozialen Gruppen um Dominanz und Unterlegenheit, Macht und Ohnmacht.
Die besondere Gefährlichkeit des Hasses ist dabei in seinem zeitlichen Verlauf begründet: Hass ist kein kurzfristiges Gefühl wie Wut oder Empörung, sondern ein sich schleichend entwickelndes, über lange Zeit aufgestautes, aber umso intensiveres Gefühl des Grolls und der Rachsucht, das früher oder später in Gewaltbereitschaft mündet. Umso wichtiger ist, die Wurzeln und die längerfristige Entwicklung des Hasses zu verstehen.
Wie Hass entsteht
Wir werden sehen, dass er aus Erfahrungen von Kränkung und Ohnmacht hervorgeht, die schließlich in Rache und Gewalt umschlagen. Wenn wir dies anhand eines individuellen Falles verfolgen, werden wir auch kollektive Hassentwicklungen besser verstehen.
Die Konstellation, aus der Hass und Gewalt erwachsen, wird bereits in der Bibel in der Genesis archetypisch erkennbar, nämlich an Kain und Abel. Gott nimmt Abels Opfer an, weist dagegen Kains Opfer ohne Begründung zurück – er verweigert Kain damit die Anerkennung und demütigt ihn. „Da…
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