Frau Kramann, Sie sind als Coachin und Supervisorin tätig, aber möchten uns dazu ermutigen, Probleme im Beruf selbst zu lösen, uns also selbst zu coachen. Warum?
Es gibt eine ganze Reihe an Tools, die ich im Coaching verwende, die man aber auch leicht selbst anwenden kann. Mir geht es darum, zur Selbstermächtigung zu motivieren. Wer sich selbst coacht, gewinnt das Gefühl, es aus eigener Kraft geschafft zu haben. Das ist gut fürs Selbstvertrauen.
Was ist das Ziel von beruflichem Selbstcoaching?
Es geht darum zu lernen, sich selbst und die berufliche Situation aus der Distanz und aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten. So gewinnt man mehr Klarheit, welchen Weg man bis zu einer Lösung gehen kann.
Sehen Sie eine Tendenz dahin, dass sich Erwerbstätige eher zu oft Hilfe holen als zu selten?
Das lässt sich schwer generalisieren: In den psychosozialen, helfenden Berufen wie soziale Arbeit, Beratung, Therapie, auch Pflege gehört es zum Standard, dass man im Rahmen von Supervision, Qualitätszirkeln oder Intervisionsgruppen seine Arbeit gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen reflektiert. Das halte ich für sehr sinnvoll, solange es nicht in eine Art „erlernte Hilflosigkeit“ mündet – in dem Sinne, dass Reflexion und Handlungsimpulse nur noch auf der Basis von Supervision vorstellbar sind. Dass sich Führungskräfte auch in anderen Branchen mithilfe von Coaching einen Reflexionsrahmen schaffen, tut der Arbeitswelt im Allgemeinen eher gut.
Problematischer sehe ich es, wenn berufliche Probleme individualisiert und personalisiert werden, ohne den arbeitsweltlichen Kontext mitzubedenken. Die Frage „Was ist an mir falsch, dass ich in meinem Beruf Probleme habe?“ verengt den Blick auf mögliche Lösungen und pathologisiert das…
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