Bleibt autonom! Ein Plädoyer gegen die freiwillige Selbstüberwachung

Autonomie ist unverzichtbar für ein selbstbestimmtes Leben. Doch Google, Facebook und Co unterwandern unseren freien Willen zunehmend.

Im Oktober 2014 hielt Google-Chairman Eric Schmidt einen irritierenden Vortrag vor etwa 100 geladenen Gästen in Berlin. Darin erklärte er unter anderem, Googles Mission sei, das Leben einfacher und die Menschen glücklicher zu machen. Das Sammeln von Daten interessiere Google dabei nicht primär, und das Unternehmen sei immer und überall gesetzestreu im Umgang mit jenen Daten, die nun mal gewissermaßen unabsichtlich anfielen, wenn die Google-Algorithmen sich eifrig bemühten, anonymisierte Nutzerprofile für…

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unabsichtlich anfielen, wenn die Google-Algorithmen sich eifrig bemühten, anonymisierte Nutzerprofile für die Werbekunden bereitzustellen.

Wer Eric Schmidts Einlassungen zum Datensammeln und zum Datenschutz in Interviews oder Zusammenkünften mit Kollegen aus derselben Branche kannte, musste verblüfft sein, wie sich der Verwaltungsratschef eines der höchstdotierten Unternehmen an der Börse darstellte – als Vertreter einer bescheidenen, gesetzestreuen Firma, die auf ein paar Werbeeinkünfte spekuliert. Was ging hier vor? Die Antwort ist einfach: Schmidt, der als Repräsentant eines solch gigantischen Wirtschaftsunternehmens sich gelegentlich der Öffentlichkeit stellen muss, schätzt die datenschutzsensible deutsche Öffentlichkeit ungefähr so ein wie der belgische, deutsche oder britische Handelsunternehmer, der im 19. Jahrhundert in den Dschungel reiste, um den Eingeborenen freundlich zu erklären, dass man nichts Böses im Schilde führe. Zum Beweis habe man hübsche Perlen dabei, die man bereit sei, gegen irgendetwas zu tauschen, das für die Eingeborenen ohnedies wertlos sei.

Dieser Habitus ist insofern bemerkenswert, als man ja im fortgeschrittenen Kapitalismus erwartet, dass Unternehmen ihr Geschäftsmodell und ihre Unternehmensziele erklären. Es könnte aber sein, dass Internetunternehmen vom Typ Google sich längst jenseits solcher Erwartungen bewegen und daran interessiert sind, die Welt nach ihren wirtschaftlichen Vorstellungen einzurichten, nicht aber daran, ihr das auch noch zu erklären.

Denn die Aussage, man sei an Daten nur insoweit interessiert, als sie notwendig seien, zielgruppengenaue Werbung zu ermöglichen, widerspricht ja der Einkaufspolitik des Unternehmens genauso wie seinen eigenen Erfindungen. Von Google Street View bis zur Brille Google Glass über den Kauf von Nest bis hin zu diversen Medizintechnologiefirmen macht Google nichts anderes, als seine Möglichkeiten der Datenerhebung und -vernetzung beständig zu erweitern.

Die Rhetorik, dass es dem Unternehmen dabei vor allem um die Erhöhung von Komfort, Klima- und Umweltschutz sowie Gesundheit gehe, trifft auf ein großes gesellschaftliches Bereitschaftspotenzial. Die Versprechen, dass das „Internet der Dinge“ Häuser energieeffizient und klimafreundlich oder die von Jawbone entwickelten Armbänder zur Überwachung von Körperfunktionen die Menschen gesünder machen, scheinen ja zunächst freundlich und harmlos zu sein. Zumal sie mit einer Komfortsteigerung einhergehen und den Menschen allerlei lästige Alltagsdinge abnehmen.

Nest Labs etwa, ein Unternehmen, das Thermostate entwickelt und für 3,2 Milliarden Dollar von Google gekauft wurde, arbeitet intensiv an einem Smart Home, in dem die einzelnen technischen Elemente des Hauses miteinander kommunizieren, die Gewohnheiten der Bewohner „lernen“ und die Gerätefunktionen daran anpassen. Der Kühlschrank weiß dann, wann die Milch voraussichtlich verbraucht sein wird, und gibt automatisch die Bestellung für neue auf, während Heizung und Klimaanlage die Informationen der Wettervorhersage mit den Anwesenheitszeiten der Hausbewohner und ihren Gesundheitsdaten verbinden und die Raumtemperatur entsprechend regulieren. Google Now, ein Programm für Smartphones, überwacht den Aufenthaltsort der Bewohner permanent und übermittelt die Daten ans smarte Zuhause, das die Jalousien also länger geschlossen hält, wenn der Hausherr nach der Arbeit noch auf einen Sprung ins Bordell geht.

Man könnte sagen: Nachdem sich über die vergangenen Jahrzehnte die Möglichkeiten der Überwachung der öffentlichen Existenz der Menschen mittels Kameras, Telefondaten, Kontobewegungen, Social Networks etc. stetig erweitert haben, greifen Smart Homes, Cars und Watches direkt auf die private Existenz zu. Während „Google mit Google Earth bereits seit Jahren öffentliche Plätze und Straßen überwachen und somit wissen konnte, wann Menschen Häuser verlassen, kann jetzt zusätzlich geprüft werden, wann welche Menschen welche Häuser verlassen – und was sie in ihnen getan haben“, schreibt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.

Oder nehmen wir das Geld, jenes Abstraktum, das die Beziehungen zwischen den Menschen vor Tausenden von Jahren revolutioniert hat, indem es etwas Gleiches zwischen alle Güter und Dienstleistungen geschoben hat, das sie bei allen Unterschieden verrechenbar macht. Und zugleich für die Handelnden nicht zurechenbar macht: Denn wann, wo, für welchen Zweck jemand sein Geld ausgibt, ist nicht zurückzuverfolgen, solange es sich um Bargeld handelt. Um diesen Missstand zu beseitigen, hat man bei Apple die Bezahlung per Smartphone entwickelt– ein Schritt, dem weitere folgen werden, bis das Bargeld abgeschafft ist und jeder Kaufakt in Echtzeit schon die Rechenschaft erstattet, wo man wann wofür „Geld“ ausgegeben hat. Da wird die Anschaffung ethisch fragwürdiger Dienstleistungen und Dinge genauso kontrolliert wie das Gesundheitsverhalten durch die besorgte Frage des smarten Barschranks, warum der Single Malt so schnell ausgetrunken wurde, wo doch das Jawbone-Armband ohnehin schon einen erhöhten Leberwert meldet.

Auf der Beschreibungsebene können wir hier von einer technisierten Erhöhung des Selbstzwangniveaus sprechen. Gerade da, wo der „Geist stark, aber das Fleisch schwach“ ist, wie etwa bei selbstschädigendem Konsum von Alkohol, unterstützt die digitale Kontrolle die Durchsetzung des Selbstzwangs. Ein besonders bemerkenswertes Moment dieser Erhöhung des Selbstzwangniveaus liegt in der begleitenden Veränderung von Sozialverhältnissen, die als normal und erwartbar betrachtet werden: Wenn die meisten Menschen in Smart Homes leben, ihren Körperstatus kontrollieren und ihre Konsumbedürfnisse befriedigen lassen, bevor sie selbst wissen, dass sie diese haben – was ist dann mit denen, die das nicht machen? Gelten „Smartness“-Verweigerer als Klima- und Umweltfeinde und um ihre Gesundheit datenmäßig Unbekümmerte als asozial?

Ist das Leben nicht schon bequem genug?

Die verblüffende Bereitschaft, die Unterminierung des Privaten zuzulassen, wird durch ein argumentatives Quartett befördert, das Komfort, Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz ins Feld führt und damit exakt die Bedürfnisse, die auf der Skala der Bewohnerinnen und Bewohner reicher Gesellschaften weit oben rangieren. Da trifft es sich gut, dass die einschlägige Industrie intensiv am autonomen Automobil arbeitet, das einen ohne eigenes Zutun an ein vorgegebenes Ziel bringt. Google, Audi, Mercedes-Benz – alle haben sie solche Fahrzeuge in der Erprobung, wobei die Voraussetzung für ihr Funktionieren das Monitoring aller Bewegungsdaten aller Verkehrsteilnehmer ist. Wozu das gut sein soll, wo sowohl der öffentliche Verkehr als auch das Taxi bereits erfunden sind, erschließt sich nicht. De facto hat man es mit einer weiteren Transformation von Selbst- in Fremdsteuerung zu tun. In dieser Perspektive kommt man direkt zu versicherungstechnischen Fragen und kann eine neue Seite im Universum der neuen Selbstzwänge aufschlagen.

Insofern möchten wir an dieser Stelle darauf hinweisen, wie mager die Verlockungen sind, mit denen diese Konzerne uns dazu bringen wollen, Autonomie, Freiheit und letztlich auch unsere Privatheit aufzugeben, die eine Grundbedingung von Autonomie und Freiheit ist. Google und Facebook versprechen ein wenig Bequemlichkeit und die allseitige und jederzeitige Verfügbarkeit von Informationen. Abgesehen davon, dass das Problem moderner Menschen eher darin besteht, zu viel zu wissen und zu viel haben zu können, sodass sie massive Orientierungsprobleme entwickeln – ist das Leben noch nicht bequem genug? Wollen wir mit all den Smart Homes, mit autonomen Fahrzeugen und frei Haus gelieferten Dingen die Fremdsteuerung, von der wir uns in einem mühsamen historischen Prozess befreit haben, wieder aufleben lassen? Entsteht dadurch nicht so etwas wie eine feindliche Übernahme unserer eigenen Entscheidungsfähigkeit, die das Leben nur bequem, aber damit auch reibungslos und erfahrungslos macht? Worin besteht denn die Offerte all der smarten Verführer mit ihren Apps, Gadgets, Innovationen und Updates, die uns unsere Autonomie abhandeln wollen?

Vielleicht hilft hier ein etwas anachronistischer Blick auf Andersens Märchen Des Kaisers neue Kleider. Wie bei den meisten Märchen weiß man nur noch, wie es ausgeht – in diesem Fall, dass ein Kaiser nackt auftritt, alle seine imaginären Kleider bewundern und nur ein Kind sagt: „Aber der hat ja gar nichts an!“ Doch warum bewundern alle Erwachsenen seine imaginären Kleider? Weil die Geschichte so geht: Es gab diesen luxusverliebten Kaiser, der an nichts mehr interessiert war als an aufwendigen modischen Kleidern und dafür seine Staatsgeschäfte vernachlässigte. Das machten sich zwei, heute würde man sagen: smarte Betrüger zunutze, die behaupteten, die feinsten, erlesensten, tragbarsten Kleider überhaupt liefern zu können – passgenau, bequem und extrem elegant. Das fand der Kaiser vielversprechend und engagierte die beiden, richtete ihnen eine Manufaktur mit Webstühlen ein und freute sich auf die neuen, einzigartigen Kleider. Die beiden legten los, hatten aber zuvor auf eine besondere Eigenschaft ihrer Produkte hingewiesen: Jeder werde sofort die ganz einzigartige Qualität und Auserlesenheit von Schnitt und Stoff erkennen – die einzige Ausnahme werde machen, wer dumm oder unfähig sei, sein Amt auszuüben. Er werde die neuen Kleider nicht sehen können. Das Ergebnis: Jeder, der die angeblichen Meisterschneider bei der Arbeit besuchte, um den Fortgang zu begutachten, erschrak darüber, dass er nichts sah. Und um seine vermeintliche Dummheit und Unfähigkeit nicht zu verraten, ließ er sich nichts anmerken, sondern lobte stattdessen die außerordentliche Qualität der neuen Kleider. So ging es schließlich auch dem Kaiser selbst, der selbstverständlich verbergen wollte, dass er rein gar nichts sah, als ihm die neuen Kleider angemessen wurden. Und da inzwischen alle Mitglieder des Hofes allen anderen versichert hatten, wie prächtig die neuen Kleider seien, durchbrach niemand die kollektive Selbstsuggestion. Bis auf das Kind, das von der Suggestion nicht erfasst worden war.

Der Trick der beiden Betrüger bestand in der Herstellung einer Gemeinschaft der Wissenden und der Diskreditierung der Unwissenden – ein Herrschaftsmechanismus, der zu einem kollektiven Wahn wird. Seine Entlarvung kann nur um den Preis der Selbstentblößung stattfinden, deshalb tun alle mit. Ein kulturelles Wahnsystem basiert darauf, dass sich alle wechselseitig darin versichern, dass sie in ihrer Wahrnehmung übereinstimmen. Es bedarf der Naivität des Nichteingeweihten, um den Wahn zu brechen. Das Märchen endet damit, dass das ganze Volk plötzlich ruft, dass der Kaiser nackt sei, metaphorisch gesprochen: seine Herrschaft also nur von ihrer Zustimmung abhängig war.

„Aber der hat ja gar nichts an“ – dieser Einspruch, der mit der eigenen autonomen Erkenntnis den kollektiven Wahn durchbricht, ist auch am Platz, wenn es darum geht, die Verlockungen von Google und Facebook gegen die Werte aufzuwiegen, die auf dem Spiel stehen: gegen Autonomie und Freiheit. Was nützt der unbegrenzte Zugang zu Informationen, wenn zugleich jeder jede Information über mich haben kann? Was nützen alle kommunikativen Möglichkeiten, wenn keiner mehr Geheimnisse hat, die er mit niemandem oder mit nur ganz wenigen teilt? Was nützt Transparenz im Politischen, wenn niemand sich mehr mit einer Gruppe von Vertrauten organisieren kann, um gemeinsam Widerstand gegen politische Fehlentwicklungen zu leisten? Schließlich: Was nützt es, autonome Entscheidungsfähigkeit an so etwas Dummes wie einen Kühlschrank oder ein Auto abzugeben, wenn man niemanden mehr vor Gewalt und Verfolgung schützen kann? Es geht gegenwärtig um etwas, nämlich um den Erhalt eines mühsam erworbenen zivilisatorischen Standards. Man sollte ihn sich nicht für Tand abkaufen lassen, für Dinge, die das Leben unwesentlich bequemer, aber sicher nicht besser machen.

Michael Pauen, geboren 1956, ist Professor am Institut für Philosophie der Humboldt-Universität zu Berlin und Sprecher der Berlin School of Mind and Brain. Er schrieb unter anderem die Bücher Illusion Freiheit? Mögliche und unmögliche Konsequenzen der Hirnforschung (2004) sowie Ohne Ich kein Wir. Warum wir Egoisten brauchen (2012).

Harald Welzer, geboren 1958, ist Direktor von „Futurzwei.Stiftung Zukunftsfähigkeit“ und Professor für Transformationsdesign an der Universität Flensburg. Daneben lehrt er an der Universität Sankt Gallen. In den S. Fischer Verlagen sind von ihm u. . erschienen: „Opa war kein Nazi.“ Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis (zus. mit S. Moller und K. Tschuggnall, 2002), Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden (2005) und zuletzt Selbst denken (2013).

Der vorliegende Text ist ein Vorabdruck aus dem aktuellen Buch von Michael Pauen und Harald Welzer, das unter dem Titel Autonomie. Eine Verteidigung am 23. April 2015 im S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main erscheint.

Wie man Autonomie verteidigt

Was meinen wir, wenn wir jemanden als „autonom“ bezeichnen? Gemeint ist damit zunächst einmal, dass eine Person nach ihren eigenen Prinzipien handelt, und zwar auch dann, wenn sie dabei Widerstände überwinden oder Gefahren in Kauf nehmen muss. Autonom ist also, wer für seine Überzeugungen einsteht, obwohl diese gerade verpönt oder gar verboten sind, wer zu seinen Freunden steht, auch wenn die gerade nicht wohlgelitten sind, wer sich in Gefahr bringt, um jemandem zu helfen, oder wer ganz einfach seinen eigenen Kopf hat. Autonomie ist nicht gerade bequem. Das gilt für die autonome Person selbst; es gilt aber auch für deren Umwelt. Meist sprechen wir dann von Autonomie, wenn jemand gegen Widerstände für wichtige Werte eintritt, doch Autonomie kann auch darin bestehen, abwegige Überzeugungen gegen eine halbwegs vernünftige Mehrheit zu verteidigen.

Gefährdet werden kann Autonomie durch äußere Widerstände, durch innere Schwäche, aber sie kann auch durch Umstände unterlaufen werden, die uns völlig unbewusst sind. Deshalb sollten wir gerade in Zeiten von Facebook, Google und NSA ein Sensorium dafür entwickeln, dass es Unternehmen und Behörden gibt, die ein rein egoistisches Interesse an unseren Daten haben − sie verwenden sie nicht, um unser Leben angenehmer zu gestalten oder Verwaltungsabläufe einfacher zu machen. Dass beides nicht geschieht, erleben wir daran, dass wir permanent mit neuen Angeboten und ungefragten Updates auf der einen Seite und immer absonderlicheren Verwaltungsabläufen konfrontiert sind, die uns Be- und nicht Entlastung auferlegen. Was die Bürokratie angeht, wissen wir seit Max Weber, dass sie eine prinzipiell unbegrenzte Expansionstendenz hat; sie kann sich nicht selbst abschaffen oder begrenzen, das kann nur der politische Souverän. Und die Unternehmen, die alles, was sie über uns wissen können, abschöpfen, um uns desto besser Bedürfnisse aufzuschwatzen, die zu ihren Produkten passen, sind nur zu bremsen, wenn wir ihnen diese Daten so weit wie möglich verweigern.

Daher lauten die Regeln:

- Üben Sie digitale Askese, wo immer es geht. Ihr Leben hängt nicht davon ab, Dinge online zu bestellen oder zu buchen; im Gegenteil erhalten Sie Arbeitsplätze und reduzieren Mobilität und Verpackungsmüll, wenn sie offline kaufen und ordern.

- Für Ihre Kommunikation überdas Internet gilt die Regel: Soziale Netzwerke (wie immer sie heißen) sind keine sozialen Netzwerke, sondern Produktionsstätten von informationeller Macht über Sie. Wenn Sie an solchen Netzwerken teilnehmen, dann überlegen Sie sich gut, was Sie dort veröffentlichen – es sind nicht nur Ihre Freunde, die mitlesen. Und lassen Sie sich nie von den periodisch um sich greifenden Hysterien anstecken.

- Glauben Sie niemals, dass der annoncierte Vorteil einer technischen Innovation ein Vorteil für Sie ist. Sicher, es mag angenehm sein, in sein vorgeheiztes Haus zu kommen, wo der DHL-Bote schon steht, um Ihnen die von Ihrem smarten Kühlschrank bestellte Milch zu liefern, aber waren Sie derjenige, der die Temperatur und die Sorte gewählt hat? Jede Entscheidungsmöglichkeit, die Sie für eine vermeintliche Komforterhöhung abgeben, schränkt ihre persönliche Autonomie ein – Ihr Handlungsspielraum wird systematisch und dynamisch zugunsten anderer begrenzt, die für Sie denken und handeln. In diesem Zusammenhang ist es übrigens sinnvoll, sich daran zu erinnern, wie viele Fehler und Defekte an Geräten, Programmen, Dienstleistungen Sie schon erlebt haben. Das erste Tesla-Auto ist schon von chinesischen Studenten gehackt worden, und man kann das mit Ihrem smarten Home ganz genauso machen. Aber meist ist das gar nicht nötig, weil das alles sowieso nicht zuverlässig funktioniert. Deshalb lautet die Verteidigungsregel: Don’t believe the hype.

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 5/2015: Nichtstun