Er war Rocker. Und ein Poser vor dem Herrn. Jeden Freitagnachmittag parkte der Kerl seine Harley unfassbar lässig vor den Augen der Leute, die vom Rathauscafé aus das Geschehen auf dem Marktplatz verfolgten. Was der wohl in seinem Leben trieb? Damals als 16-Jähriger studierte ich Passanten so gerne und intensiv, als sei es ein Volkssport. Ich malte mir die wildesten Fantasien über meine Beobachtungssubjekte aus. Der Rocker verkörperte in meinen Gedanken alles, was ich im Leben werden wollte: ultimativ…
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was ich im Leben werden wollte: ultimativ extravagant und lässig, selbstbewusst und souverän, mit der Chuzpe, sein Ding zu machen.
Noch heute finde ich es so faszinierend wie stimulierend, andere Leute zu beäugen. Wie sie sich bewegen. Wie sie sich kleiden. Wie sie gelaunt sind. Und so weiter. Jede einzelne Person erscheint als Welt für sich, so komplex wie unergründlich. Trotzdem meine ich binnen Sekunden zu wissen, wie die unbekannten Menschen wohl ticken. Auch, wie zwei oder mehr Menschen zueinander stehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass ich allein durch die Beobachtung anderer einiges über unsere Spezies gelernt habe, vor allem, wie sich Menschen zueinander verhalten. Oder etwa nicht?
„Einerseits ganz bestimmt“, meint Susanne Quad-flieg. Die Psychologin von der Universität Bristol ist Expertin in Sachen people watching und weiß: Wenn wir Fremde und ihr Gebaren verfolgen, kupfern wir gelegentlich bestimmte Verhaltensweisen ab. Andererseits mehren sich in der wissenschaftlichen Psychologie die Anzeichen, „wonach unsere Erwartungen beim Beobachten eine gewichtige Rolle spielen“. Sprich: Offenbar fließen Vorurteile und Stereotypen ein, wenn wir andere Leute und ihre soziale Interaktion beäugen und bewerten. Vielleicht aber, und so schließt sich der Kreis, lassen sich genau diese Vorurteile durch gezielte Menschenbeobachtung mindern. Das letzte (wissenschaftliche) Wort darüber ist noch nicht gesprochen.
Unwiderstehlich sind Pärchen
Unbestritten bleibt eines, und manche, wie der US-Computerwissenschaftler David Fouhey, drücken das sehr nüchtern aus: „Der menschliche Körper ist ein mächtiger und flexibler Kommunikationsapparat“ – und damit immer anziehend für unsere Aufmerksamkeit. Schon einzelne Menschen wirken interessant. Unwiderstehlich allerdings sind Gruppen in ihrer Interaktion – am liebsten Zweierkonstellationen und am allerbesten Pärchen. Was haben wir da schon alles erlebt?! Heftigen Beziehungszwist im Vorübergehen. Unverhohlene sexuelle Avancen unterhalb der Tischkante. Zähe erste Dates. „Wir bekommen weitreichende soziale Eindrücke“, nennt das Susanne Quadflieg, die sich mehr Forschung über das Faszinosum wünscht.
Denn erst seit einigen Jahren beschäftigt sich die wissenschaftliche Psychologie vermehrt mit dem Phänomen, das wahrscheinlich schon immer für den Homo sapiens überlebenswichtig war. Zunächst, in der Steinzeit, innerhalb der eigenen Gruppe. Denn im Sozialverband „müssen wir schnell lesen können, wer mit wem kann“, sagt Susanne Quadflieg.
Viele Zehntausend Jahre später erwuchs aus der Beobachtung der anderen, auch und vor allem Fremder, ein Spaß. Aufs Feinste stilisiert haben es unsere französischen Nachbarn im 18. Jahrhundert, als in Pariser Cafés Tische und Stühle in glasklarer Formation aufgestellt wurden: mit Blick zur Straße in Richtung der Passanten. Die Bistrobesitzer wussten Bescheid um die Neigung, die uns offenbar so gegeben ist wie der Hang zu tratschen: den Artgenossen in Ruhe neugierig zu beäugen, wo immer man ihm begegnet.
Damals entwickelte sich sogar der Gegenpol der kunstvollen Voyeure: das Genre der Flaneure. Leute, die ziellos spazierten und nichts lieber taten, als Aufmerksamkeit zu erhaschen. Berühmte Flaneure wie die Schriftsteller Honoré de Balzac und Charles Baudelaire prominierten entlang der neugebauten Pariser Boulevards, die den Beobachtern genug Platz für die hohe Kunst des Voyeurismus boten. Gerüchten zufolge trieben es einige Flaneure auf die Spitze und führten Schildkröten an der Leine aus, nur um ein gemächliches Tempo sicherzustellen.
Beliebte Orte für Alltagsvoyeure: die Fußgängerzone und das Cafè
Noch heute ist es für drei Viertel der Deutschen hochspannend, Leute zu beobachten, wie jüngst eine Umfrage mit 1000 Teilnehmern ergab. Eine gute Nachricht: Anscheinend haben uns unsere Smartphones nicht so sehr im Griff, als dass wir dafür andere, „echte“ Menschen links liegen lassen würden. Besonders unterhaltsam finden es 41 Prozent der passionierten Beobachter, das soziale Mit- oder Gegeneinander in den Blick zu nehmen – von Streitigkeiten bis hin zu Eigenheiten.
Danach gefragt, wo sie dem visuellen Volkssport idealerweise nachgehen, sind sich 27 Prozent der Befragten einig: in der Fußgängerzone. Auf Platz zwei folgt das Café mit 18 Prozent, gefolgt vom Restaurant mit 14 Prozent. Viele lassen sich am liebsten, sofern vorhanden, auf der Außenterrasse eines Restaurants nieder, weil die dortigen Plätze beste Chancen bieten, vorbeieilende oder -schlendernde Mitmenschen zu studieren. Große Fensterfronten kommen gleichermaßen bestens an. Im Grunde genommen aber kann man es überall machen.
Während 41 Prozent der Befragten es einfach unterhaltsam finden, sehen 28 Prozent darin auch etwas sehr Schönes. Denn oft sieht man Liebevolles, das Freude bereitet. 14 Prozent basteln sich Geschichten um die beobachtete(n) Person(en). Über 56 Prozent der Befragten erinnerten sich auf Anhieb an eine witzige, skurrile, rührende oder peinliche Situation, die sie beobachtet hatten.
Warum es vielen Leuten Spaß macht? Susanne Quadflieg zuckt mit den Schultern. Sie kennt keine entsprechenden wissenschaftlichen Belege. Das will was heißen: Vor kurzem hat sie den Stand der Dinge in Sachen people watching für ein renommiertes Forschungsjournal zusammengefasst. Sie berichtet vor allem darüber, was passiert, wenn wir mehr oder weniger große Gruppen ins Visier nehmen. Dass derlei Beobachtungen irgendetwas auslösen, weiß die Werbeindustrie längst und präsentiert in aufwendigen Videoclips den Kunden immer wieder intime Momente zwischen Liebenden oder Freunden – der potenzielle Käufer als Voyeur. Prinzipiell ähnlich verfahren jetzt Wissenschaftler, zeigen ihren Probanden Szenen mit fremden Menschen und messen unter diversen Fragestellungen, was passiert.
In solchen Studien erkennen die Versuchsteilnehmer zum einen die individuellen Emotionen der einzelnen Beteiligten. Aus größerer Entfernung taxieren sie dafür vor allem den Körperausdruck und die Bewegungen der Menschen. Auf kurze Distanz wird das Gesicht wichtiger. „Das alles sind automatische, eher universale Reaktionen“, sagt Quadflieg. Ebenso intuitiv registrieren wir dann kulturell bedingte Merkmale, die etwas über die Art der Personen verraten können – wie sie ihre Haare tragen, bekleidet sind und Ähnliches.
Kooperieren oder konkurrieren die Beobachteten untereinander?
Nehmen wir Paare oder Gruppen ins Visier, steigen wir zum anderen in die Analyse des sozialen Zusammenhangs ein. In Studien schätzen Probanden sofort ab, ob zwei Personen in einer Szene gerade etwas allein oder zusammen anstellen oder ob sie kooperieren oder konkurrieren. Ganz wichtig für die Beobachter erscheint auch, ob die Subjekte der Beäugung sich grün sind oder nicht (zum Beispiel sich küssen oder sich schubsen) und ob ihr Beisammensein eher emotionale oder instrumentelle Funktion hat (zum Beispiel sich umarmen oder zusammen eine Kiste schleppen). Sie eruieren sogar, ob ein Kuss eher romantischer oder instrumenteller Natur ist oder ob Personen gängigen Normen sozialen Verhaltens folgen. Relativ rasch analysieren Beobachter auch die demografische Zusammensetzung einer Gruppe. Will heißen: ob Menschen unterschiedlicher Kulturen oder Hautfarbe beisammen sind.
Wir analysieren, ob sich zwei (oder mehr) Leute ähnlich sehen, ob sie die Mimik und Gesten ihres Gegenübers spiegeln, ob sie Blickkontakt teilen, sich berühren oder über Gesten und Sprache kommunizieren. Wir versuchen herauszukriegen, ob und wie ein Lächeln erwidert wird und wie lange es dauert und wie koordiniert sich die Leute anlächeln oder wie sich das Blickverhalten und die Berührungen der Personen aufeinander einstimmen, ob sie sich zustimmend zunicken und so weiter. Häufig nehmen Beobachter an, dass synchronisierte Bewegungen auf gegenseitige Zuneigung hinweisen.
Es gibt nur ein Problem, wenn man die Chose rein wissenschaftlich betrachtet: Wir sind alles in allem nicht besonders großartig darin, die „inneren Zustände“ und die Beziehungen anderer Menschen zueinander durch kurzes Beobachten korrekt einzuschätzen. Zwar „sind Emotionen gut erkennbar“, sagt die Expertin, „und auch die grundlegende Art der Beziehung zwischen zwei Menschen“. Also wie gut sie sich kennen und wer mehr Einfluss auf den anderen hat. Aber das auch nur, wenn die Beobachteten sich unbeobachtet fühlen, nicht bewusst täuschen wollen und wenn sie nicht gezwungen sind, bestimmte soziale Normen einzuhalten. Will heißen: Wenn sich zwei Menschen zum ersten Mal begegnen, werden sie sich normalerweise anlächeln und ein freundliches Gespräch beginnen (weil man das eben so macht). „Das muss aber noch nicht heißen, dass sie sich wirklich mögen“, sagt Quadflieg.
Es gibt einfach zu viele Möglichkeiten, eine flüchtige Menschenbeobachtung zu deuten. Das people watching bleibt weitgehend ein Geschäft der Spekulation, dessen Ergebnissen man grundsätzlich misstrauen sollte, ohne seinen Unterhaltungswert kleinzureden. Amüsant war „mein Rocker“ zweifellos und doch wahrscheinlich nichts weiter als eine Projektionsfläche. „Daher sagen unsere Eindrücke meist mehr über uns und unsere Gesellschaft aus als über die, die wir meinen so schnell erfassen zu können“, wie Quadflieg betont. Der Satz sitzt! Forscherinnen wie sie kommen langsam dahinter, warum das so ist.
Unsere Erwartungen bestimmen, was wir sehen
Bislang gingen Fachleute davon aus, dass das „Wahrnehmungsnetzwerk“ des Gehirns (siehe Kasten) eine Szene wie eine Videokamera aufnimmt und die Daten an das „Mentalisierungsnetzwerk“ des Gehirns weiterleitet. Inzwischen aber mehren sich die Hinweise, wonach unsere Erwartungen stark beeinflussen, was wir überhaupt wahrnehmen. Verfolgen wir Menschen, die für uns ungewöhnliche Dinge tun, muss das Wahrnehmungsnetzwerk im Gehirn nach einer Studie der Psychologin mehr ackern als in Situationen, die wir erwarten. Unser Verstand bestimmt womöglich, was wir beim „Leutebeobachten“ primär registrieren. Susanne Quadflieg: „Wahrscheinlich verzerren unsere Vorstellungen über typische soziale Beziehungen unsere Wahrnehmung von Menschen.“
Beispiele: Sehen Probanden ein Paar, in dem die Partner etwa gleich attraktiv erscheinen, dichten sie den beiden eine bessere Beziehung an als Paaren mit Partnern, die als unterschiedlich attraktiv wahrgenommen werden. Auch Paare mit Partnern aus der gleichen Ethnie werden positiver bewertet als gemischte. Wenn sich zwei Männer schubsen, werten weiße amerikanische Probanden die Szenerie als spielerisch, sofern beide Männer weiß sind. Sobald ein Dunkelhäutiger beteiligt ist, deuten sie die gleiche Beobachtung als aggressiv. Ironischerweise könnte die Beobachtung von Menschen trotzdem dabei helfen, genau jene Vorurteile zu bekämpfen.
Die Wahrnehmungs- und Deutungsmaschinerie beim „Leute beobachten“ läuft schon früh im Leben an. Bereits sechs Monate alte Babys sind erstaunt und irritiert, wenn zwei Leute Dinge tun, die keinen Sinn ergeben (zum Beispiel Nahrung ans Ohr des anderen führen anstatt zum Mund). „Dabei lernen sie soziales Verhalten“, erklärt Quadflieg und erwähnt eine Studie, in der Anderthalbjährige Handlungen imitierten, die sie zuerst bei der Begegnung zweier Menschen verfolgt hatten.
Leute beobachten kann toleranter machen
Gleichermaßen scheinen, zumindest in Laborstudien, Jugendliche und Erwachsene vom Beobachtungslernen zu profitieren. Ein Forscherteam um Oliver Christ von der Universität Marburg etwa ließ Probanden Begegnungen von Paaren verfolgen, die freundlich und positiv miteinander umgingen. Die Paare waren entweder beide weißer Hautfarbe, oder aber einer der Beteiligten war dunkelhäutig. Vor und nach der Beobachtung ermittelten die Forscher, wie liberal die Probanden Minderheiten betrachteten. Allein durch die Beobachtung der gemischten Paare, so das Ergebnis, verbesserte sich die Haltung gegenüber Menschen anderer Hautfarbe.
Inwieweit derlei Effekte wirklich vorkommen, wenn wir im Café sitzen und den anderen zuschauen, ist noch nicht erforscht, geschweige denn, wie und welche unserer Beobachtungen sich im Kleinhirn einbrennen, um eine dauerhafte Änderung von Einstellungen zu erzeugen. Dafür erzählt Susanne Quadflieg von anderen Erkenntnissen. Demnach können schon vage Ahnungen beim people watching, ob sie nun wahr sind oder nicht, Absichten und Verhalten der Beobachter beeinflussen. Wenn man beispielsweise durch eine gut frequentierte Fußgängerzone flaniert und Leute dabei beobachtet, scheuen sich die meisten Menschen, den Raum zwischen zwei anderen zu betreten – sofern sie sie, wie die Psychologin es ausdrückt, als „sozial bedeutsame Einheit“ deuten. Falls nicht, wird der Raum zwischen den beiden munter durchbrochen.
Offenkundig als Teil einer sozialen Einheit tauchte eines Tages plötzlich „mein“ Rocker in jenen frühen Cafézeiten auf. Wie üblich fuhr er mit der Harley vor, doch mit einer Frau auf dem Sozius, mindestens so cool wie er selbst. Irre verliebt spazierte das Paar davon, nachdem er die Maschine abgestellt hatte. Nach einer halben Stunde kamen sie zurück. Als regelmäßiger people watcher am Freitag wusste ich: Gleich würde er die Harley mit hohem Tempo und laut, sehr laut in die engen Gassen der Kleinstadt durchstarten. Kaum hatten die zwei das Gefährt bestiegen, zündete der Easy Rider den Motor, drehte dreimal kräftig am Gaspedal, legte den Gang ein, ließ die Kupplung los und gab reichlich Gas. Leider hatte er vergessen, das Schloss am Reifen zu entfernen. Wie ein durchgehendes Pferd bäumte sich die Maschine auf und warf das Rockerpärchen durch die Luft. Fünf Minuten später traf der Notarzt ein. Ende einer Beobachtung.
Gut beobachtet!
- Seien Sie diskret! Die Privatsphäre anderer Leute zu wahren und nicht aufdringlich zu starren ist oberstes Gebot beim people watching.
- Beobachten Sie Menschen aus schönen Motiven heraus! Es geht nicht darum, überheblich andere zu bewerten, sondern aus einem Gefühl der Freude und einem Interesse an anderen Menschen heraus Schönes zu erleben und die Fantasie anregen zu lassen.
- Nutzen Sie Reisen in große Städte wie New York, Rom und so weiter zum people watching! Städter sind es gewohnt, unter den Augen der Anderen zu leben. Das Internet steckt voller Tipps für Reisende, in welchen Städten man wo diskret und nonchalant das Gebaren der Einheimischen verfolgen kann. In ländlichen oder kleinstädtischen Gegenden fällt man als people watcher schnell auf.
- Bleiben Sie unauffällig! Tun Sie es beiläufig, beim Trinken eines Kaffees, beim Zeitunglesen, beim Scrollen im Smartphone.
- Bleiben Sie so lange, wie es geht, an Leuten dran, die Ihre Aufmerksamkeit spontan anziehen! Es fällt dann leicht, sich kleine Geschichten um diese Menschen zu basteln und sich vorzustellen, was diese Leute im Leben anstellen. Auf Kleinigkeiten zu achten lohnt sich.
- Beobachten Sie gemeinsam andere Menschen! Sich über seine Beobachtungen mit dem Partner, einem Freund oder Kollegen auszutauschen ist doppelter Spaß.
KLAUS WILHELM
Netzwerke im Gehirn
Wenn wir andere Menschen beobachten, „springen im Gehirn drei Netzwerke aus Nervenzellen an“, sagt die Psychologin Susanne Quadflieg von der Universität Bristol und beschreibt, wie diese Netzwerke funktionieren.
Wie sieht er aus? Diese Frage beantwortet das „Personenwahrnehmungsnetzwerk“: Hat der oder die Beobachtete eine große Nase? Kleine Ohren? Ist er groß? Hell- oder dunkelhaarig? Und so weiter.
Was macht sie oder er? Das „Handlungsinterpretationsnetzwerk“ verarbeitet ganz spezifisch das, was Menschen gerade tun – ob sie sich zum Beispiel die Schuhe binden, ob sie etwas aufheben, ob sie gerade rennen und so weiter. „Bei solchen Handlungen“, sagt die Psychologin, „stellt sich unser Gehirn automatisch die Frage: Was macht der da eigentlich?“
Wie ist er oder sie? Das „Mentalisierungsnetzwerk“ interpretiert die eingegangenen Informationen und gleicht sie mit Mustern ab, die wir aufgrund lebenslanger Erfahrungen abgespeichert haben. Zum Beispiel dass ein blonder Mensch in unseren Breiten erst einmal vertrauenswürdiger erscheint als ein dunkelhaariger. Dieses Netzwerk macht sich Gedanken über den Zustand der beobachteten Menschen. „Es nimmt Daten aus etwas Sichtbarem und zieht dabei Schlüsse über Unsichtbares“, sagt Quadflieg, „dabei kann es schnell zu Fehlern kommen.“
Die Forschung weiß inzwischen genau, welche Hirnareale in den einzelnen Netzwerken aktiviert sind. Wie aber diese Netzwerke miteinander kommunizieren und wie Informationen hin- und hergeschickt werden, ist weniger gut verstanden.
Klaus Wilhelm