Die uns das Ohr abschwätzen

Manche Menschen hören nicht auf zu reden, ohne Rücksicht auf ihr Gegenüber. Was ist mit diesen Talkaholics los? Und wie geht man mit ihnen um?

Die Illustration zeigt zwei Männer inmitten von pinkfarbenen Luftballons, während einer der Männer den anderen zutextet
Mit subtilen Signalen von Desinteresse sind Talkaholics nicht zu stoppen. © Florian Bayer

Wenn Peter Schneider von seinem Büronachbarn erzählt, klingt er manchmal fast überrascht; so, als könne er selbst kaum glauben, was er da gerade schildert. „Ich hatte im Job schon mehrfach mit redseligen Kollegen zu tun“, sagt er.

„Aber der Rudolf ist der krasseste Fall, den ich je erlebt habe. Er merkt es überhaupt nicht, wenn sein Gesprächspartner gerade gar keine Zeit oder Lust hat, sich zu unterhalten. Er lässt sich nicht unterbrechen, sondern redet dann einfach lauter. Er schweift unglaublich ab, bis…

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in die kleinsten Details, die mit dem eigentlichen Thema gar nichts mehr zu tun haben. Und er wiederholt sich – ich kenne nun schon jede seiner Geschichten.“

Manchmal schafft Schneider es dennoch, ihn abzuwimmeln. „Oft steht er dann aber nach zwei Minuten unter irgendeinem Vorwand wieder in meinem Büro. Es hilft auch nichts, wenn ich die Tür schließe, um ungestört zu sein – das ignoriert er einfach. Deshalb sitze ich im Moment auch in meinem Auto. Der Rudolf würde sonst einfach reinkommen, sich neben mich stellen und zuhören.“

Fehlendes Bewusstsein der Betroffenen

Peter Schneider heißt im wirklichen Leben anders; mit seinem echten Namen möchte er im Text nicht auftauchen. Auch sein Kollege trägt hier ein Pseudonym. Zumindest in abgemilderter Form dürfte das geschilderte Verhalten vielen Menschen geläufig sein. Nahezu jede und jeder kennt im Be­kanntenkreis Personen, die ihr Gegenüber permanent zutexten, egal ob es gerade passt oder nicht.

Der amerikanische Kommunikationswissenschaftler Robert Bostrom hat als einer der Ersten das Phänomen wissenschaftlich untersucht. 1990 hielt er auf einer Fachtagung einen Vortrag über eine Kategorie von Frauen und Männern, die er compulsive talkers (zwanghaft Redende) nannte. Charakteristisch für diese Menschen sei ein Maß an Gesprächigkeit, das weit über die Grenzen des sozial Akzeptierten hinausgehe, schrieb er später: „Sie reden buchstäblich ununterbrochen.“ Sie selbst seien sich dabei meist gar nicht bewusst, dass sie ein Problem hätten; ihre Gegenüber dafür aber umso mehr.

Handfeste Zahlen zur Häufigkeit des exzessiven Kommunikationsdrangs sind rar. Die am häufigsten genannte stammt von dem Forscherehepaar James McCroskey und Virginia Richmond. Sie hatten 1993 einen Selbsttest zum Kommunikationsverhalten veröffentlicht, den Talkaholic-Fragebogen (siehe Kasten: Bin ich ein Talkaholic?). Den Namen hatten sie mit Bedacht gewählt: Er sollte das Zwanghafte dieses Verhaltens ausdrücken (wie alcoholic und workaholic).

Keine Änderungsmotivation

Richmond und McCroskey baten später mehr als 800 Studierende, den Test auszufüllen. 42 von ihnen waren den Ergebnissen zufolge Talkaholics, also immerhin gut fünf Prozent. Wie übertragbar diese Zahl auf Stichproben außerhalb der Universität und außerhalb der Vereinigten Staaten ist, ist unklar. „In der US-Kultur wird Reden besonders wertgeschätzt“, meint Lynda McCroskey, Tochter des Testentwicklerpaars und selbst Kommunikationswissenschaftlerin. „Die Menschen werden gewissermaßen dafür belohnt zu reden.“

Richmond und McCroskey führten auch Interviews mit einem Teil der redseligen Studierenden durch. Darin gaben viele von ihnen an, sich mit ihrem Rededrang schon einmal Ärger eingehandelt zu haben. Trotzdem sei es ihnen nicht möglich, ihre Neigung im Zaum zu halten. In der Regel wollen sie das aber auch gar nicht: Sie mögen es einfach zu reden; sie empfinden ihr Verhalten – wie ein Student es ausdrückte – „nicht als unnormal, sondern eher als außergewöhnlich“.

Tatsächlich ist es auch nicht so, dass passionierte Plaudertaschen zwangsläufig schlecht ankommen. Manche von ihnen erzählen so amüsant, dass die, die ihnen zuhören, es gar nicht so unangenehm finden, zum Stichwortgeber degradiert zu werden. „Beispiele sind Menschen wie Jan Böhmermann oder Eckart von Hirschhausen; Schnelldenker, die laufend Assoziationen herstellen und dabei viel Wortwitz haben“, erklärt Eckhard Roediger, Psychotherapeut aus Frankfurt. Diese rasche Auffassungsgabe, gepaart mit einer gewissen Sprunghaftigkeit, sei eigentlich charakteristisch für die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung ADHS.

Dampfplauderer und Unsensible

„Wir wissen heute, dass ADHS auch bei Erwachsenen weit verbreitet ist und oft mit einer hohen Sprachproduktion einhergeht“, sagt er. „Man schätzt, dass knapp drei Prozent aller Menschen davon betroffen sind.“ Ursache sei ein verstärkter Abbau des Neurotransmitters Dopamin im Gehirn. Dadurch sinke die Fähigkeit, sich zu fokussieren. Gleichzeitig bekommen diese „Dampfplauderer“ durch ihre Ablenkbarkeit aber auch mehr mit: „ADHSler nehmen Dinge wahr, die Normalsterbliche oft übersehen.“

Roediger ist davon überzeugt, dass viele Talkaholics eigentlich unter ADHS leiden. Manche sind aber gefragte Gesprächspartner – zum einen weil sie zu unterhalten wissen, zum anderen weil sie trotz ihres hohen Gesprächsanteils noch die Gabe haben, sich auf ihr Gegenüber einzustellen.

Anderen Vielredenden geht diese Fähigkeit dagegen komplett ab: Was sie erzählen, ist ein endloser, von Thema zu Thema mäandernder Monolog; ein Wortschwall, der meist nur um sie selbst und ihre Erlebnisse kreist. Und den sie selbst dann nicht unterbrechen, wenn die, die in ihre Redefänge geraten sind, schon nervös mit den Hufen scharren und verzweifelt nach einer Möglichkeit suchen, unter irgendeinem Vorwand zu verschwinden.

Signale des Gegenübers werden übersehen

Talkaholics von diesem unsensiblen Typus sind eine Heimsuchung für ihre Mitwelt, wie eine Analyse von Jason Axsom dokumentiert. 2006 widmete der damalige Student der Kommunikationswissenschaften an der Universität von Nebraska seine Masterarbeit dem Thema „zwanghafte Redner am Arbeitsplatz“. Dazu interviewte er Frauen und Männer, in deren Arbeitsumfeld es Menschen mit einem ungewöhnlich großen Rededrang gab. Viele der Befragten gaben an, Gespräche mit diesen Talkaholics seien Folter, Zeitverschwendung, stressig oder „absolut fürchterlich“.

Die Befragten hatten meist nichts gegen die Person als solche, gingen Gesprächen mit ihr aber so weit wie möglich aus dem Weg oder versuchten, sie möglichst schnell zu Ende zu bringen. Dazu nutzten sie (ähnlich wie auch Peter Schneider) ziemlich rabiate Strategien: Sie vermieden Augenkontakt, wandten sich während der Unterhaltung demonstrativ wieder ihrer Arbeit zu oder erfanden dringende Termine, um dann zu flüchten.

Denn auf subtilere Signale reagierten die redseligen Kolleginnen und Kollegen gar nicht; sie schienen sie einfach zu übersehen. Dabei sind Menschen eigentlich sehr gut darin, an kleinsten Veränderungen der Mimik zu erkennen, wenn sie ihr Gegenüber zu langweilen beginnen. Ein Team vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen konnte unlängst zeigen, dass wir sogar unbewusst darauf achten, wie etwa unsere Gesprächspartnerin blinzelt. Ein langes Blinzeln interpretieren wir als augenscheinliche Aufforderung, so langsam zum Ende zu kommen.

Nonverbaler Kommunikationskanal

Zumindest scheint das in den Niederlanden so zu sein. Denn auf welche Signale wir achten und wie wir sie interpretieren, hängt auch von unserem kulturellen Hintergrund ab. „In jeder Kultur gibt es spezifische Hinweise, die wir bei Gesprächen von unserem Gegenüber mit einer bestimmten Häufigkeit erwarten“, erklärt die amerikanische Psychologin Erin Heerey. Dazu kann ein regelmäßiges Nicken gehören, ein aufforderndes „Hm, hm“ oder eben gegebenenfalls ein – kürzeres oder längeres – Blinzeln. Heerey spricht auch von der „natürlichen Statistik unserer Umwelt“, die wir von Kindesbeinen an erlernen.

Die Psychologin erforscht seit vielen Jahren, wie sich Interaktionen zwischen zwei Menschen natürlicherweise entfalten und welche Rolle nonverbale Signale dabei spielen. „Damit Kommunikation reibungslos verläuft, müssen sich beide Partner aufeinander einstellen“, sagt sie. „Die nonverbalen Hinweise helfen dabei: Die Gesprächsteilnehmer leiten aus ihnen Vorhersagen darüber ab, was als Nächstes passieren wird.“ Diese körpersprachlichen Signale sind ein zusätzlicher Kommunikationskanal, und zwar einer, der in beide Richtungen funktioniert: Wenn die sprechende Person die Brauen hebt, heißt das so viel wie: „Aufgepasst! Jetzt wird es wichtig!“

Wenn die Person, die ihr zuhört, dann die Augen abwendet, signalisiert sie, dass die Pointe wohl nicht so richtig bei ihr angekommen ist. Dennoch scheint dieser Mechanismus nicht immer perfekt zu funktionieren. Eine aktuelle Studie zeige beispielsweise, „dass wir uns oft viel länger unterhalten, als wir und unsere Gesprächspartner es eigentlich möchten“, sagt Heerey.

Zusammenhang mit autistischen Persönlichkeitszügen

Bei Menschen mit zwanghaftem Rededrang liegt die Sache allerdings wohl anders: Sie schenken sozialen Signalen einfach nicht genügend Aufmerksamkeit, aus welchen Gründen auch immer. Besonders ausgeprägt ist diese Eigenart bei Personen mit autistischen Zügen. „Sie tun sich sehr schwer damit, anderen am Gesicht abzulesen, wie es ihnen geht“, sagt Leonhard Schilbach, der Chefarzt der Abteilung für Allgemeine Psychiatrie 2 am LVR-Klinikum Düsseldorf ist.

„Ich frage zum Beispiel bei der Diagnosestellung: Wie merken Sie eigentlich, dass jemand kein Interesse mehr hat, Ihnen zuzuhören? Darauf antworten Menschen mit Autismus dann so etwas wie: Na ja, wenn der andere den Raum verlässt. Tatsächlich sagt man vielen Betroffenen nach, dass sie zum Monologisieren neigen.“

Autistische Persönlichkeitszüge sind in der Bevölkerung gar nicht so selten, ohne dass die Betreffenden klinisch das Vollbild einer Störung aus dem Autismusspektrum zeigen. Sie sind sozial unbeholfen; sie können sich schlecht in andere Personen hineinversetzen. Zugleich haben sie typischerweise gute analytische Fähigkeiten. Ihr Interesse gilt dabei häufig mathematisch-logischen oder technischen Zusammenhängen. In gewisser Weise ähneln sie dem Vulkanier Mr. Spock aus der Serie Raumschiff Enterprise (der allerdings nicht durch besondere Redseligkeit auffiel).

Auch Peter Schneider und sein gesprächiger Kollege arbeiten für ein technisches Unternehmen. Schneiders Erfahrung nach trifft man in diesem Umfeld „nicht gerade die empathischsten Menschen. Das sind Leute, die sich mit Maschinen beschäftigen, die aber keine Antenne für andere haben.“ Vielleicht sei das der Grund, warum er schon so oft Erfahrungen mit „Talkaholics“ gesammelt habe.

Die Selbstverliebten

Möglicherweise gibt es aber noch einen weiteren Typus von Talkaholics: den selbstverliebten. Donald Trump war als Präsident für seine ausschweifenden Verbalergüsse berüchtigt – selbst auf Pressekonferenzen, die ja eigentlich dazu dienen sollen, Fragen der Medien zu beantworten. Die New York Times zückte bei einem dieser Briefings die Stoppuhr und kam auf 63 Minuten Redezeit für Trump – ein „mäandernder Monolog“, der nur sehr sporadisch von den anwesenden Journalistinnen und Journalisten unterbrochen werden konnte.

Zugleich gilt Trump als Sinnbild eines Narzissten, dessen Welt nur um eine Person kreist: ihn selbst. Wieso sollte er jemand anderes zu Wort kommen lassen, wenn er selbst doch die Hauptrolle spielt? „Narzissten und Narzisstinnen sind Menschen mit einer übertriebenen Selbstbezogenheit“, erläutert der Frankfurter Psychotherapeut Eckhard Roediger. „Sie stellen sich ins Schaufenster, um Bewunderung zu ernten.“

Bei Gesprächen degradieren sie ihre Gegenüber zu ihrem Publikum. Auf andere einzugehen fällt ihnen schwer. Stattdessen sind sie sehr geschickt darin, das Gespräch zu sich zurückzulenken. Der US-Soziologe Charles Derber beschrieb Ende der 1970er Jahre eine häufige Strategie, mit der sie das machen – eine Art konversationelle Kehrtwende. In seinem Buch The Pursuit of Attention illustriert er sie anhand einiger Beispiele:

John: Ich habe so einen großen Hunger. Darauf Bill: Ich könnte jetzt nichts essen. Oder John: Mein Vater hat mich alle zwei Wochen mit zu einem Spiel genommen, und dazwischen verbrachte ich jede Minute damit, mich darauf zu freuen. Entgegnung Bill: Ich erinnere mich an das erste Spiel, zu dem mein Vater mich mitnahm. Ich machte so viel Lärm, dass er mich nie wieder mitnehmen wollte.

Ein Bewältigungsmechanismus

Derber spricht auch von einer „Verlagerungsantwort“: Bill geht zwar oberflächlich auf das von John angeschnittene Thema ein, verlagert den Fokus dann aber geschickt hin zu seinen eigenen Erfahrungen und Empfindungen. Vermutlich machen das die meisten Menschen zumindest hin und wieder. Narzisstische Personen stellen ihr Ego aber ständig in den Mittelpunkt.

„Oft sind das Aschenputteltypen, die in ihrer Kindheit eher im Hintergrund standen und das nun kompensieren“, meint Roediger. Viele von ihnen versuchen, sich durch ihre Geschichten zu profilieren. „Meiner Erfahrung nach sind Talkaholics oft Männer über 50, die sich durch Reden darstellen und zeigen wollen: Ich bin wer“, sagt Peter Schneider. „Die wärmen dann gerne alte Geschichten auf, in denen sie etwas geleistet haben.“

Hinzu kommen noch andere Faktoren, die bei einem übersteigerten Redebedürfnis eine Rolle spielen können, etwa Einsamkeit oder auch Stress. „Für manche Menschen kann das ein Bewältigungsmechanismus sein, um mit Druck fertigzuwerden“, erklärt Angelika Erhardt, Leiterin der Ambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. „Wirklich gut untersucht sind diese Zusammenhänge leider noch nicht.“

Wiederholte, offene Ansprache

Das gilt auch für die Strategien, mit denen sich Talkaholics in ihrem Wortschwall zügeln lassen. Erhardt empfiehlt, dem redseligen Kollegen oder der Bekannten in aller Behutsamkeit ganz offen zu sagen, wie deren Redefluss gerade ankommt. „Dabei geht es eher darum, die Person zum Nachdenken anzuregen, als es zu einer Konfrontation kommen zu lassen“, betont sie. Ihr Kollege Leonhard Schilbach vom LVR-Klinikum Düsseldorf sieht das ähnlich: „Sprechen Sie die betroffene Person vorsichtig an und schildern Sie, warum ihr Rededrang für Sie schwierig ist.“

Einfach den Blick abzuwenden, nur sehr kurze Antworten zu geben oder sich demonstrativ anderen Dingen zuzuwenden reicht dagegen meist nicht aus. Doch auch ein direktes Wort hilft oft nur kurzzeitig. Psychotherapeut Eckhard Roediger empfiehlt, in solchen Fällen konsequent zu bleiben und die offene Ansprache gegebenenfalls zu wiederholen. Betroffenen eine Therapie nahezulegen ist nach Ansicht der Experten dagegen kontraproduktiv. „Ich weiß nicht, ob man von einem Kollegen hören möchte: Geh doch mal zum Psychiater“, meint Angelika Erhardt.

Zuhören trainieren 

Zumal sich viele Talkaholics mit ihrer überbordenden Gesprächigkeit einfach wohlfühlen. Es fehlt ihnen an der Einsicht, dass ihr Verhalten für andere überhaupt ein Problem darstellen könnte. Die US-Kommunikationswissenschaftlerin Lynda McCroskey hält das individuelle Redebedürfnis für so fest in unserem Wesen verankert, dass es sich nur schwer korrigieren lasse. „Es ist so gut wie unmöglich, einen Persönlichkeitszug zu ändern“, sagt sie.

Erfolgversprechender sei, auf bestimmte Facetten des Rededrangs einzuwirken. „Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass spezielle Trainingsprogramme – etwa in der Fähigkeit zuzuhören – hilfreich sein könnten.“ Soziale Interaktionen seien ein Geben und Nehmen; jede Partnerin, jeder Partner müsse Raum bekommen. „Manche Talkaholics brauchen Hilfe, das zu erkennen und umzusetzen.“

McCroskey gibt zu, selbst alles andere als wortkarg zu sein. „Mein Vater scherzte des Öfteren, er habe den Talkaholic-Fragebogen meinetwegen entwickelt“, sagt sie. Im letzten Jahr habe sie einen kleinen Selbstversuch begonnen: „Ich war mir bewusst, dass es für persönliche Beziehungen sehr schädlich sein kann, ein Talkaholic zu sein. Ich wollte daher versuchen, nicht so viel zu reden. Und ich muss sagen: mit Erfolg!“ Die Reaktionen ihres Umfeldes seien jedoch keineswegs nur positiv gewesen. „Viele Menschen scheinen sich über zwanghafte Redner aufzuregen. Wenn es darum geht, ein Gespräch am Laufen zu halten, verlassen sie sich aber auch oft auf sie.“

Bin ich ein Talkaholic?

Das Forscherehepaar James McCroskey und Virginia ­Richmond hat 1993 den folgenden Selbsttest zum ­Redeverhalten veröffentlicht. Bitte geben Sie für jede der Aussagen spontan an, wie sehr diese Ihrer Meinung nach auf Sie zutrifft (5 = voll und ganz; 1 = gar nicht). Denken Sie dabei nicht lange nach; was zählt, ist der erste Eindruck.

  1. Ich rede manchmal mehr, als ich sollte.

  2. Oft rede ich, wenn ich weiß, dass ich still sein sollte.

  3. Ich bin ein Talkaholic.

  4. Im Allgemeinen rede ich mehr, als ich sollte.  

  5. Ich bin ein zwanghafter Redner.  

  6. Ziemlich viele Menschen haben schon gesagt, dass ich zu viel rede.

  7. Ich kann einfach nicht aufhören, zu viel zu reden.

  8. Ich bin kein Talkaholic.

  9. Manchmal rede ich, obwohl ich weiß, dass es für mich vorteilhafter wäre, still zu sein.

  10. Ich bin kein zwanghafter Redner.

Auswertung:

  1. a) Zählen Sie die Punkte für die Aussagen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 9 zusammen:

  2. b) Zählen Sie die Punkte für die Aussagen 8 und 10 zusammen:

  3. Testpunktzahl = 12 + (Ergebnis von a) – (Ergebnis von b)

Wenn Ihr Ergebnis über 40 liegt, sind Sie ein Talkaholic.

Literatur

Charles Derber: The Pursuit of Attention. Power and Ego in Everyday Life. Oxford University Press 2000 (2. Auflage).

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 4/2022: Das Leben leicht machen