Das war jetzt nicht so gut

Ein Ausrutscher, mit dem wir Kolleginnen und Kollegen kränken könnten, ist eine unangenehme emotionale Erfahrung für uns selbst. Was tun?

Sie gratulieren spontan einer Kollegin, die sie länger nicht gesehen haben und die offenkundig schwanger ist. Anstatt sich zu freuen, schaut sie Sie entsetzt an: „Ich habe leider zugenommen,“ zischt sie und geht weg, sichtlich ärgerlich. Sie stehen bestürzt da und fragen sich, wie Ihnen das passieren konnte. Ein Ausrutscher, ein Fauxpas, den sie keinesfalls gewollt hatten. Im Berufsleben kann das vorkommen: Im Teammeeting greifen wir plötzlich aus Ungeduld einen Kollegen an. Uns rutscht eine abfällige Bemerkung über die laute Betriebsfeier heraus, die unser Gegenüber organisiert hat. In einem Forschungsüberblick schreiben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Das ist nicht nur für die Betroffenen unangenehm und ist nicht gut für die Beziehungen zu Kolleginnen und Kollegen. Es macht etwas mit uns selbst und kann uns schaden, sogar längerfristig – je nachdem, wie wir es erklären und wie wir damit umgehen. Am wichtigsten: Akzeptieren, dass so etwas vorkommen kann, aber auch, um Entschuldigung zu bitten und deutlich machen, dass man unachtsam war. 

In dem Überblick stellen die Autorinnen heraus, was genau ein Ausrutscher überhaupt ist, wann er eher harmlos ist und wann er schädlich werden kann:

  • Ein Fauxpas passiert, weil wir nicht nachgedacht haben und spontan agieren.

  • Ein Fauxpas passiert nicht absichtlich. Deshalb werden Erwartungen des Gegenübers verletzt, das damit nicht gerechnet hat, aber auch die eigenen – wir selbst sind über unser unangemessenes Verhalten überrascht. Das löst eher unangenehme Gefühle aus.

  • Ausrutscher verletzen die sozialen Normen des Unternehmens. Diese betreffen unser Auftreten, unsere Sprache, die Stimme, unsere Körperhaltung und die Gesten. Mit allem können wir von dem abweichen, was erwartet wird und unangenehm auffallen. 

  • Entgleisungen werden als solche wahrgenommen, weil sie dem widersprechen, wie wir selbst gesehen werden wollen, aber auch dem, wie das Gegenüber sich darstellen wollte, wie es ihm aber in dem Moment nicht gelungen ist.

  • Wie eine Entgleisung wirkt, hängt von der Situation ab. In einem Meeting mit einflussreichen Teilnehmenden kann schon ein kleines unangemessenes Verhalten mit hohen Kosten verbunden sein, wenn es wichtig ist, einen guten Eindruck zu machen. Beim Gespräch an der Kaffeetheke im Flur ist das anders.

  • Die Erwartungen und Einstellungen des Gegenübers spielen eine Rolle: Wäre es der Kollegin gleichgültig, ob sie zugenommen hat oder nicht, würde sie nicht so reagieren. Wenn uns ein Fauxpas passiert und wir andere Personen gekränkt haben, erkennen wir das an Blicken und am Verhalten des Gegenübers, auch wenn sie oder er nichts sagt.

  • Wer sozial ängstlich ist, wird sein eigenes Verhalten schneller als Ausrutscher einschätzen, auch wenn es von anderen gar nicht so wahrgenommen wird.

  • Wir erleben unser eigenes Verhalten häufiger als unangebrachte Entgleisung, wenn wir generell dazu neigen, uns selbst zu beobachten.

Ein Fauxpas sei aus psychologischer Sicht eine meist unangenehme emotionale Erfahrung, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Ausrutscher sind peinlich und lösen Schuld- oder Schamgefühle aus. In der Regel bemühen wir uns sofort, sie uns zu erklären, ihnen einen Sinn zu geben: Wir finden wir es zwar peinlich und fühlen uns schuldig, wissen aber, dass wir sonst nicht so sind. Das ist der Normalfall. Passiert uns das häufiger, führen wir es womöglich auf unsere Person zurück, wir denken, dass wir offenbar zu unkontrolliertem , unangemessenem Verhalten neigen. Dies sei die schädlichere Variante, weil wir dann wenig Möglichkeiten sehen, es zu ändern und uns zurückziehen, um weitere Vorfälle zu vermeiden, meinen die Forscherinnen und Forscher. 

Wir möchten den Fehler reparieren

Wie gehen wir damit um, wenn uns ein Ausrutscher passiert ist? Es hänge von unseren Zielen ab: Möchten wir unser Selbstbild reparieren, uns also wieder besser fühlen, versuchen wir, uns zu rechtfertigen, bitten um Entschuldigung oder versuchen anderweitig, durch Freundlichkeit und hilfreiches Verhalten die Lage zu entschärfen. Stehe für uns die andere Person im Vordergrund, versuchen wir uns mit Wiedergutmachung, indem wir einen Gefallen tun oder Hilfe anbieten. Darüber hinaus spiele eine Rolle, wie das Gegenüber das Verhalten bewerte und wie es über unsere Versuche denke, wieder ins Reine zu kommen. Abhängig davon, lassen sich soziale Ausrutscher auch humorvoll sehen. Im Endeffekt hänge es von den Erwartungen und Zielen beider Beteiligten ab, wie sich die kollegiale Beziehung nach dem Fauxpas entwickele.

Harshad Puranik u. a.: Oops, I did it (again)! The emotional experience, interpersonal responses, and relational consequences of social gaffes in the workplace. Journal of Organizational Behavior, 2021. DOI: 10.1002/job.2546

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