Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Ambivalenz, Anspruchsniveau, Ersatzhandlung: Der Begründer der Gruppendynamik, Kurt Lewin, prägte diese Begriffe. Sind seine Ansätze noch aktuell?

Berlin, Mitte der zwanziger Jahre. Der junge Privatdozent Kurt Lewin sitzt mit Studierenden des Psychologischen Instituts im Café, das tut er oft und gern. Es geht lebhaft zu, man schwatzt, diskutiert, isst und trinkt. Stunden später kassiert der Kellner ab, sicher und routiniert. Bevor sie gehen, wendet sich Kurt Lewin noch einmal an ihn: „Was haben wir heute bestellt?“ Der Kellner überlegt, wird ärgerlich: „Ich weiß nicht mehr, was Sie bestellt haben. Sie haben die Rechnung bezahlt!“

Kurt Lewin liebt es,…

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nicht mehr, was Sie bestellt haben. Sie haben die Rechnung bezahlt!“

Kurt Lewin liebt es, in banalen Alltagssituationen Stoff für die Wissenschaft zu finden. Er überlegt: Vielleicht sorgt das innere Spannungssystem dafür, dass das Gedächtnis besser arbeitet, wenn eine Aufgabe noch nicht abgeschlossen ist? Wenig später wird eine von Lewins Studentinnen, Bljuma Zeigarnik, diese Hypothese in ihrer Doktorarbeit überprüfen. Die Ergebnisse haben als „Zeigarnik-Effekt“ Schule gemacht.

Kurt Lewin legt keinen Wert darauf, seinen Namen genannt zu sehen. Ihm geht es um die Sache. Er ist ein ungewöhnlicher deutscher Hochschullehrer, offen, diskussionsfreudig, meistens gut gelaunt. In der Mehrzahl gehören junge Frauen zu seinem Schülerkreis. Nicht nur Lewins Teamgeist zieht sie an, sondern auch die Grundausrichtung des Berliner Psychologischen Instituts, das als Hochburg der Gestaltpsychologie gilt. Hier werden Handlungen und Wahrnehmungen nicht mehr in Einzelteile zerlegt, sondern in ihrer Tendenz untersucht, ein organisiertes und strukturiertes Ganzes zu bilden, das anders ist als die Summe seiner Teile: Eine Melodie ist mehr als die Summe ihrer Noten, eine Bleistiftzeichnung mehr als die Summe ihrer Striche, und auch Handlungen streben danach, einen Abschluss zu finden, einen Gestaltbogen anzunehmen.

Das ist der Aspekt, der Kurt Lewin vor allem beschäftigt. Aus ihm entwickelt er im Laufe der Jahre die Feldtheorie, die das Wechselspiel zwischen Person und Umwelt untersucht: Denn auch das Individuum und sein Lebensraum mit allen Kräften und Spannungen bilden gemeinsam eine eigene Wirklichkeit, ein Ganzes, eben das Feld. Lewin übernimmt seinen Feldbegriff aus der Physik seiner Zeit, in der die Vordenker der Relativitätstheorie die traditionelle Vorstellung des Raums durch elektromagnetische Felder ersetzen. Außerdem greift er noch auf die ältere mathematische Disziplin der Topologie zurück, in der es um geometrische Relationen geht. Kurt Lewins sozialräumliche Felder sind ebenfalls durch Relationen und Kräfte bestimmt: Der Raum wird zum Medium, in dem sich Verhalten konkretisiert. Lebewesen und Dinge wirken aufeinander ein, ziehen sich an, stoßen sich ab, auch innere Zustände wie verlockende Zielvorstellungen oder blockierende Ängste spielen eine Rolle: hier und jetzt, im jeweils gegenwärtigen Moment.

Menschliches Handeln ist also das Resultat sich überschneidender Feldkräfte. Taucht etwas Neues im Feld auf, verändert das alles. Ein Arbeitsloser findet aus seiner Lethargie, weil ihm eine Fortbildungsmaßnahme gefällt. Eine Partei rückt nach rechts, weil dort Wählerstimmen zu erhoffen sind. Lewins Raumkonzept hat Wellen geschlagen, auch in der Literatur. Jean-Paul Sartre, Robert Musil, Bertolt Brecht sind von ihm beeinflusst. Wenn Mutter Courage mit ihrem Planwagen durch die Landschaft zieht, steuern die Feldkräfte des Krieges ihr Handeln, Denken und Fühlen: Wer sie in Friedenszeiten wäre oder sein könnte, weiß man nicht.

In seinem grundlegenden Essay Der Übergang von der aristotelischen zur galileischen Denkweise in Biologie und Psychologie plädiert Lewin dafür, das Denken dynamischer Zusammenhänge, wie es die moderne Naturwissenschaft prägt, auch in der Psychologie zur Geltung zu bringen: Statt Wahrnehmungsprozesse in Einzelteile zu zerlegen, sollten Verhaltensstrukturen im Zusammenhang und in ihrer Tiefe analysiert werden, auch experimentell. Darin spiegelt sein Denken eine Grundtendenz seiner Zeit wider: die große Faszination, die das neue Raumdenken in der Physik auch auf die Kulturwissenschaften ausübt, die Abkehr von traditionellen Vorstellungen von Mensch, Subjekt und Individualität.

Und in gewisser Weise spiegelt sein Denken auch sein Leben, das von wechselnden Feldern, von den großen Verwerfungen und Katastrophen des 20. Jahrhunderts geprägt war. Am 9. September 1890 kommt Kurt Lewin in Mogilno zur Welt, einem Dorf in der ehemaligen preußischen Provinz Posen, die heute zu Polen gehört. Die Eltern betreiben einen Dorfladen und nebenher etwas Landwirtschaft: einfache, aber solide und warmherzige Verhältnisse, unbeschwertes Landleben für Kurt und seine Geschwister, die ihren lebhaften und impulsiven Bruder „wütender Hering“ nennen. Dass die Familie dennoch zu den sozialen Außenseitern zählt, bekommen auch die Kinder früh zu spüren: Sie sind Juden, „und ich weiß daher“, erinnert sich Lewin, „wie nicht nur bei den Rittergutbesitzern, sondern auch bei den Bauern der Umgebung ein hundertprozentiger gröbster Antisemitismus die selbstverständliche und absolut feste Grundhaltung war“. Wie viele Juden aus dem Osten zieht es auch die Familie Lewin in die weltoffene Großstadt Berlin, wo Kurt 1908 Abitur macht. Nach Umwegen über Medizin und Biologie verlegt er sich auf das Studium der Psychologie, die damals noch keine eigenständige Disziplin ist, sondern eine Richtung innerhalb der Philosophie. Kurt Lewin wird nie die Beziehung zur Philosophie verlieren. Seine psychologische Zuwendung zum Menschen entspringt seinem Interesse an Raumtheorie; Therapie hat ihn nie interessiert. Allerdings leiten den jungen Lewin auch sozialistische Neigungen; wie man die politischen Verhältnisse verbessern könnte, diese Frage beschäftigt ihn durchaus.

Als der Erste Weltkrieg ausbricht, meldet er sich trotzdem freiwillig. Für viele junge Juden bedeutet der Militärdienst soziales Ansehen und Zugehörigkeit, Entlastung vom Druck der Außenseiterexistenz. Lewin kommt in Gruppenzusammenhängen immer gut zurecht und hat die Fähigkeit, in jeder Situation Impulse für sein Denken zu finden. 1917 veröffentlicht er in der Zeitschrift für angewandte Psychologie einen Text, der als grundlegend für seine spätere Feldtheorie gilt: Kriegslandschaft. Landschaft im Krieg stellt sich anders dar als im Frieden – nicht, weil man das subjektiv so empfindet. Es gibt für Lewin ein Raumverständnis, das der Ebene der persönlichen Empfindung vorgelagert ist, und darauf kommt es ihm an. Die Bewegungen anonymer uniformierter Truppen zerteilen die Kriegslandschaft in gegnerische Fronten und Gefechtsgebiete, aber die Ebene des subjektiven Gefühls kommt überhaupt nicht zur Sprache. Die Toten in den Schützengräben seines Textes bleiben Teil des Landschaftsbildes, unheimlich stumm. Es gibt kein Ich und keine Moral. In den Anfängen von Lewins Theorie tragen die Feldkräfte Uniform. Im seelenlosen Kräftespiel des Feldes scheint der Abgrund auf. 1918 fällt Lewins jüngster Bruder Fritz, wenig später wird er selbst verwundet und scheidet aus dem Militärdienst aus.

Nach dem Krieg habilitiert sich Kurt Lewin und wird 1920 Privatdozent an der Berliner Universität. Eine Verbeamtung ist nicht in Sicht und für Juden generell schwer zu erreichen. Aber nun hat er Mitarbeiter und Mittel für Experimente. Im Experiment walten die Feldkräfte so viel sichtbarer und klarer als in der Alltagswirklichkeit, so entspricht es jedenfalls seiner Theorie, und sein Ehrgeiz ist, den bisher ausgesparten Bereich des Handelns, Wollens und Fühlens der experimentellen psychologischen Forschung zugänglich zu machen. Er will also nicht nur Reiz-Reaktion-Beziehungen untersuchen wie die in den USA aufkommende Schule des Behaviorismus, sondern vielseitige und alltagsnahe Versuchsanordnungen entwickeln: um herauszufinden, wie sich Ärger auf die Lösung einer Aufgabe auswirkt, was geschieht, wenn Langeweile aufkommt, wie sich die Ansprüche auswirken, die von der Aufgabe ausgehen und die die Versuchsperson in ihrem eigenen Ehrgeiz an sie heranträgt, wie der Versuchsleiter das Geschehen beeinflusst und wie die Versuchsperson die Situation erlebt. Auf diese Weise prägt er Begriffe wie Anspruchsniveau, Sättigung, Ersatzhandlung oder Ambivalenz, die in die Leistungsmotivationsforschung eingehen.

Bei Lewin ist unser Handeln eine Funktion von Kräften

Fasziniert von allem Visuellen, greift er, auch hierin ein Vorreiter, immer wieder zur Filmkamera. Einige Filme sind erhalten geblieben. Sie zeigen Kinder beim Versuch, eine Treppe zu überwinden, um einen Ball zu erreichen, sich auf einen Stein zu setzen, einen Plastikschwan aus bedrohlichen Wellen zu retten. Lewin führt sie auf Kongressen vor und illustriert seine Begriffswelt damit. Welche Feldkräfte walten zwischen Kind, Schwan und Wellen? Der Schwan hat positiven Aufforderungscharakter, die Wellen negativen, sie wirken wie eine Barriere zwischen Kind und Schwan. Es entsteht ein Konflikt, das Kind kann seine Ängste nicht überwinden und flüchtet aus dem Feld.

Lewin ist kein Individualpsychologe, sondern im Grunde ein Sozialraumtheoretiker, der menschliches Verhalten in Raumbezüge versetzt, um der Fixierung aufs Ich zu entgehen. In der Formelsprache der Mathematik beschreibt Lewin die Grundregel der Feldtheorie so: Verhalten (V) ist eine Funktion der Person (P) und der Umwelt (U): V = F(P, U). Problematisch ist dieser mathematisierte Ansatz deswegen, weil das Individuum aus dem Blick gerät. Die Person (P) ist ein Mitspieler im Raum, wird nur im Zusammenhang erkennbar, ist kein Subjekt im klassischen Sinn.

Unter Lewins Arbeitswut leidet der Familienfrieden. Seine erste Ehe mit der Lehrerin Maria Landsberg, aus der zwei Kinder, Agnes und Fritz, hervorgegangen sind, scheitert. 1929 heiratet er die Kindergärtnerin Gertrud Weiss, Miriam und Daniel kommen zur Welt. Als der Sohn geboren wird, sitzt die Familie bereits auf gepackten Koffern: Im nationalsozialistischen Deutschland können sie nicht bleiben. Sie fliehen in die USA. Lewins Mutter zu retten gelingt nicht, sie wird 1944 im Vernichtungslager Sobibor ermordet.

Ein zweites Leben in Amerika

Lewin kehrt nie mehr nach Deutschland zurück. Zunächst arbeitet er an der Cornell University in Ithaca und ab 1935 als Professor für Kinderpsychologie an der University of Iowa. Er passt sich schnell an, vertieft sich in neue Aufgaben und publiziert fortan in Englisch. Nichts erinnert an einen deutschen Exilanten, bis auf den deutschen Akzent, der seiner Aussprache hartnäckig anhaftet.

Lewin begeistert sich für die amerikanische Demokratie, und er will die Effizienz des demokratischen Erziehungsstils experimentell belegen. Dafür lässt er drei Kindergruppen über Wochen unter einem autokratischen, einem demokratischen, einem nachlässigen (Laissez-faire) Führer basteln und wechselt die Führungsstile auch mal. Die Tatsache, dass die Kinder in der autokratischen Gruppe über längere Zeiträume unter erheblichen sozialen Druck geraten, der ganz reale Auswirkungen zeigt, nimmt er seinen Erkenntnisinteressen und den wohlklingenden Ergebnissen zuliebe in Kauf: „Auf mich haben wenige Erlebnisse einen so starken Eindruck gemacht wie die, den Ausdruck der Kindergesichter im Laufe des ersten Tages der Autokratie sich verändern zu sehen. Die freundliche, aufgeschlossene und zur Zusammenarbeit willige Gruppe, die voller Leben war, wurde innerhalb einer kurzen halben Stunde zu einer ziemlich apathisch aussehenden Versammlung ohne Initiative. Der Übergang von der Autokratie zur Demokratie schien etwas mehr Zeit zu beanspruchen als der von der Demokratie zur Autokratie. Autokratie wird dem Individuum auferlegt. Demokratie hat es zu lernen.“

1944 wechselt Kurt Lewin ans Massachusetts In­stitute of Technology (MIT), um sich dort intensiv mit gruppendynamischen Fragen in Zusammenhang mit Minderheiten zu beschäftigen. Bei Stiftungen und Verbänden, die sich der Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse verschrieben haben, findet er mehr Unterstützung für sein wachsendes Interesse an sozialen Fragen als im klassischen Universitätsbetrieb. Soziale Probleme gibt es in den USA mehr als genug: Massenarbeitslosigkeit, Rassenkonflikte, Antisemitismus. Auch der Kongress amerikanischer Juden macht Gelder für ihn locker. Lewin bedankt sich: „Wir wissen, dass der Kampf der Juden ein Teil des Kampfes aller Minoritäten für die demokratische Gleichheit der Rechte und Chancen ist und dass die Befreiung der Minoritäten tatsächlich die größte Befreiung der Majorität sein wird.“

Lewin geht hinaus in die soziale Welt, berät Ministerien, Unternehmen und Kommunen bei der Lösung von Konflikten und beim Erproben neuer Modelle des Zusammenlebens. Er entwickelt Konzepte mit den Betroffenen zusammen aus der Praxis für die Praxis, betreut zum Beispiel Wohnprojekte, in denen Weiße und Schwarze zusammenwohnen: action research, teilhabende, konzeptbildende Aktionsforschung. Er macht sich Gedanken über eine demokratische Umerziehung der Deutschen und die Zukunft der Juden in einem eigenen Staat.

Eine Gruppe ist der soziale Boden, auf dem der Einzelne steht, und sie funktioniert nur dann, wenn ihre Mitglieder die wechselseitige Abhängigkeit bejahen: Das ist eine grundlegende Einsicht seiner Forschungen, die ihn zum Pionier der Gruppendynamik machen. Menschen, die einer Minderheit angehören, haben es oft schwer, eine stabile Identität zu entwickeln, weil der Blick der diskriminierenden Mehrheit ihr Selbstwertgefühl schwächt. Lewins Ratschläge zur „Erziehung des jüdischen Kindes“ und sein Text über Selbsthass unter Juden enthalten eine brillante Analyse der Außenseitererfahrung und erfahrungsgesättigte Ratschläge zu ihrer Bewältigung: nichts verleugnen, nichts beschönigen, auch nicht die Härte möglicher Konflikte. Loyalität zur eigenen Gruppe, Übernahme von Verantwortung für sich selbst und andere, Offenheit für die Beziehung zu anderen Menschen und Gruppen, die guten Willens sind. „Die Zugehörigkeit zu mehr als einer sich mit anderen überschneidenden Gruppe ist für jeden natürlich und notwendig. Die wirkliche Gefahr liegt darin, ‚nirgends‘ zu stehen.“

Allerdings gehen seine gruppendynamischen Einsichten auf Experimente zurück, die den Versuchspersonen einiges zumuten. Lewin und seine Mitarbeiter glauben, dass die soziale Wirklichkeit ebenso wie die Natur ihre Tiefenstruktur nur im wissenschaftlichen Experiment preisgibt. Einmal werden Versuchspersonen zum Arbeiten in einem verschlossenen Raum angehalten, der sich langsam mit Rauch füllt; so erhoffen sich die Versuchsleiter Erkenntnisse über die Auswirkungen einer (kontrollierten) Gefahrensituation auf den Gruppenzusammenhalt. Die ganz reale Panik der Versuchspersonen, die nicht alle darauf vertrauen, dass der Rauch Bestandteil des Experiments und unter Kontrolle ist, erzeugt in den Versuchsleitern keine moralischen Bedenken; sie vertrauen der Möglichkeit, die Situation wissenschaftlich zu kontrollieren. Das wirft ein Schlaglicht auf die Leerstellen der Feldtheorie. Das naturwissenschaftlich geprägte Wissenschaftsverständnis nimmt dem Individuum seine eigenständige Position, das große Ganze dominiert das Denken, der Wunsch nach abstrakter Erkenntnis des Zusammenhangs überlagert die Fähigkeit zur Einfühlung in den Einzelnen.

Trotz aller theoretischen Ambivalenzen kann man das dynamische Potenzial der Feldtheorie demokratisch nutzen, davon ist Lewin überzeugt und unablässig darum bemüht. Demokratiefähigkeit entsteht für ihn wie alles Verhalten im Gesamtzusammenhang, und er will Rahmenbedingungen fördern, die den Einzelnen demokratiefähig machen. Darin liege seine inspirative Kraft für eine politisch engagierte Psychologie, betonen die Gruppendynamiker Klaus Antons und Monika Stützle-Hebel in dem von ihnen herausgegebenen Buch Feldkräfte im Hier und Jetzt. Antworten von Lewins Feldtheorie auf aktuelle Fragestellungen in Führung, Beratung und Therapie (Carl-Auer 2015). Sie beschreiben den umwälzenden Einfluss der Feldtheorie zusammenfassend so: Sie erschüttert die Fixierung aufs eigene Ego, lehrt Abhängigkeit produktiv zu denken, lenkt den Blick auf die Kräfte, die im Hier und Jetzt wirken, auf die unendlichen Möglichkeiten der gegenwärtigen Situation. Das beflügelt die Arbeit mit Gruppen in Supervision, Teamentwicklung, Familientherapie und vielen anderen Bereichen.

Keiner weiß, was Kurt Lewin in seiner Tiefe fühlt. Er hat zwei Weltkriege erlebt, er ist der Massenvernichtung entkommen, der seine Mutter zum Opfer fiel. Immer rastloser mischt er sich ein, um mit seinen Projekten ein menschliches Miteinander zu fördern. Es laugt ihn aus, er überfordert sich, er wirkt immer hektischer, ruheloser und unglücklicher. Der Tod ereilt den 56-Jährigen sehr plötzlich: Am 12. Februar 1947 stirbt er an Herzversagen.

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 10/2015: Ich steh dazu!