Über das Gefühl, nicht genug zu wissen

ANGST: Wer glaubt, viel über ein neuartiges Virus zu wissen, fühlt sich deshalb nicht unbedingt sicherer.

Das neuartige Coronavirus ist weltweit unterwegs – und die Wissenschaft weiß noch nicht alles über sein Verhalten. US-amerikanische Kommunikationswissenschaftler schreiben jetzt in einer Studie über ein anderes seit ein paar Jahren bekanntes Virus, Zika: Offenbar beruhigt es uns nicht, wenn wir viel über ein neuartiges Virus wissen – obwohl dieses Wissen nötig ist, damit man sich und andere schützen kann. Paradoxerweise hatten diejenigen Probanden, die berichteten, schon einiges über das sich Zikavirus in Erfahrung gebracht zu haben, viel stärker als andere das Gefühl, nicht genug darüber zu wissen – fühlten sich also mit ihren Kenntnissen offenbar nicht sicherer als andere, schreiben die Wissenschaftler.  

Sie befragten mehrere Hundert zwischen 20 und 40 Jahre alte Probanden aus Florida, das 2016 in den USA als Zika-Hochrisikogebiet galt. Darunter waren Schwangere und werdende Väter sowie Männer und Frauen, die gerade Nachwuchs planten. Für einen weiteren Teil der Befragten war potenzielle Elternschaft gerade kein Thema. Die Forscher fragten zunächst alle Teilnehmer, wie sie ihr eigenes Wissen über das Zikavirus einschätzten und ob sie glaubten, noch mehr Kenntnisse zu benötigen. Zudem ließen die Forscher die Probanden einschätzen, wie sehr sie sich durch das Zikavirus gefährdet fühlten. 

Kein Interesse, weiter zu suchen

Wie erwartet, hätten sich die werdenden Mütter und Väter sowie die Befragten, die gerade Nachwuchs planten, durch das Zikavirus stärker bedroht gefühlt, berichten die Autoren. Teilnehmer, die glaubten, relativ viel über das Zikavirus zu wissen, berichteten zugleich, es erscheine ihnen nicht genug. Trotzdem suchten sie nicht aktiv nach weiteren Informationen, weil sie aufhören wollten, an das Zikavirus zu denken. Womöglich sei ihnen auch bewusst gewesen, dass es nicht mehr Informationen gab, schreiben die Autoren. Außerdem gaben diese Probanden an, sich mehr Zeit zu nehmen, die Informationen über Zika zu verarbeiten als andere Teilnehmer.  

Austin Y. Hubner, Shelly R. Hovick: Understanding risk information seeking and Processing during an infectious disease outbreak: The case of Zika virus. Risk Analysis, 2020. DOI: 10.1111/risa.13456  

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