Im Gähnen vereint

Wir gähnen mit, wenn andere es tun, und wir können gar nicht anders, zeigten Psychologen in einem Experiment.

Warum gähnen wir reflexartig, sobald wir eine andere Person gähnen sehen – auch dann, wenn wir gar nicht müde sind? Englische Neuropsychologen der Universität Nottingham sind diesem Phänomen in einem Experiment nachgegangen. 36 erwachsene Probanden betrachteten Videoclips, in denen ausgiebig gegähnt wurde. Die Zuschauer, die ihrerseits gefilmt wurden, durften entweder nach Gutdünken mitgähnen, oder aber sie sollten den Gähnreflex unterdrücken. Das Ergebnis: Alle hatten das wachsende Bedürfnis, nun ihrerseits zu gähnen. Und: Sobald sie gegen diesen Drang anzugehen versuchten, wurde er nur umso heftiger. Die Probanden waren nicht in der Lage, ihr Gähnen zu verhindern – sie gähnten bloß versteckter und verschämter.

Der motorische Kortex macht Druck

Georgina Jackson und ihre Mitforscher konnten auch nachweisen, dass dieser soziale Reflex vom motorischen Kortex gesteuert wird. Als sie diese Hirnregion per transkranieller Magnetstimulation anregten, stieg auch der Druck zum Mitgähnen. Die Forscher hoffen nun, dass sich der umgekehrte Mechanismus bei der Behandlung von anderen neurologischen „Echophänomenen“ nutzen lässt, etwa dem unwillkürlichen Nachplappern und Nachahmen beim Tourettesyndrom, oder bei Autismus.

DOI: 10.1016/j.cub.2017.07.062

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 12/2017: Beziehungsfähig!
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