Herr Münch, Sie kritisieren die Digitalisierung des Gesundheitswesens scharf. Wie hat sich Ihr Alltag als Psychotherapeut in den letzten Jahren verändert?
Ich habe immer mehr mit der Aktualisierung von Praxishardware und -software zu tun. Das alles kostet Nerven und Zeit; Zeit, die am Ende für die Behandlung der Patientinnen und Patienten fehlt. Die Telematikinfrastruktur, also eine digitale Vernetzung innerhalb des Gesundheitssystems, wurde in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaut. Sie dient in einer Arztpraxis zum Beispiel dazu, Befunde schnell an eine Klinik zu übermitteln. Als Psychotherapeut habe ich das aber selten nötig, und wenn, gibt es andere Wege für einen Austausch.
Trotzdem sollten alle Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Teil dieser digitalen Infrastruktur werden, die die Krankenkassen zwei Milliarden Euro kostet und mit einem riesigen Berg an elektronischen Geräten daherkommt, die man sich installieren lassen soll. Wer nicht mitmachen will, bekommt Abzüge bei seinem Honorar. In den berufspolitischen Gremien, in denen ich aktiv bin, herrscht immer wieder Kopfschütteln über schlecht vorbereitete und wenig durchdachte Digitalisierungsmaßnahmen.
In Ihrem Buch stören Sie sich unter anderem daran, dass Ihre Patientinnen und Patienten statt Papier und Stift einen Smartphonekalender verwenden, um den nächsten Termin einzutragen. Könnte man Ihnen eine Technikaversion unterstellen?
Ich erlebe die Digitalisierung tatsächlich als Zeitfresser. Am Ende der Sitzung fahren die Patientinnen erst einmal ihr Handy hoch und klicken sich minutenlang durch verschiedene Menüpunkte, bis sie endlich fertig sind. In meinem analogen Kalender habe ich mir in einem Zehntel der Zeit eine…
Den kompletten Artikel können Sie bei uns kaufen oder freischalten.