Sprich mit dir!

Selbstgespräche sind eine Art Therapie: Sie helfen Probleme zu lösen, sie ermutigen und geben Sicherheit. Vorausgesetzt, wir kennen ihr Geheimnis und wissen, wie wir mit uns reden müssen

Ethan Kross gleitet mit seinem Auto durch die Straßen von Ann Arbor in Michigan. Als er eine rote Ampel überfährt, herrscht er sich an: „Ethan, du Idiot!“ Er schwört, den Rest des Heimweges vorsichtig zu fahren. Wäre Ethan Kross ein ganz normaler Autofahrer, wäre die Geschichte damit zu Ende. Doch dem Psychologen Kross gibt diese Episode zu denken. Er wundert sich über sein Selbstgespräch. Warum hat er sich mit seinem Vornamen angeredet? Schließlich hätte er auch sagen können: „Ich bin ein Idiot.“

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Schließlich hätte er auch sagen können: „Ich bin ein Idiot.“

Wenig später sieht Kross einen leicht bizarren Auftritt im Fernsehen, der ihn weiter ins Grübeln bringt. Der Basketballspieler LeBron James erklärt, warum er sein Team verlässt und zu einer anderen Mannschaft wechselt. „Ich wollte keine emotionale Entscheidung treffen“, sagt James und fährt fort: „Mein Ziel war, das Beste für LeBron James zu tun. Ich wollte LeBron James glücklich machen.“

Dann hört Kross die pakistanische Kinderrechtaktivistin Malala Yousafzai, die später die jüngste Friedensnobelpreisträgerin aller Zeiten werden wird. In einem Auftritt bei The Daily Show (dem Vorbild der heute-show in Deutschland) berichtet Yousafzai, wie sie sich ob der ständigen Bedrohung durch die Taliban auf den Ernstfall vorbereitet. „Wenn der Taliban kommt, was wirst du tun, Malala?“, habe sie sich gefragt. Ihre erste Antwort sei gewesen: „Malala, nimm dir einen Schuh und schlag den Taliban.“

Der Psychologe Ethan Kross empfand diese Episoden als Forschungsauftrag. Zwar war es keine Neuigkeit, dass Menschen ständig mit sich selbst sprechen. Doch wusste Kross nichts von den praktischen Konsequenzen dieses meist stillen Wortstroms. Wann nützt es, mit sich zu sprechen – und wann schadet es? Unbeantwortet war auch die Frage, welche Rolle die Wortwahl der inneren Monologe spielt. Kross entschied also, sich der Sache anzunehmen.

In der Folge fand der Wissenschaftler in einer Serie von wegweisenden Experimenten heraus: Es ist von entscheidender Bedeutung, wie wir uns selbst anreden. Das gilt für vielerlei alltägliche und nicht ganz so alltägliche Herausforderungen. Verwenden wir die Pronomen ich, mein, meins, so steigt das Risiko für eine unsicher gestotterte Rede oder ein schnelles Kleinbeigeben in einer Diskussion. Wir verlieren uns leicht in der Furcht vor dem Scheitern oder anderen Ängsten. Nutzen wir dagegen unsere Vornamen oder das Pronomen du, meistern wir solche Hürden sehr viel souveräner. Wir betrachten unsere Situation dann emotional gelassener, mit mehr Abstand zum Ich.

Solche Selbstgespräche geben uns Mut und Sicherheit. Doch für Kross sind sie mehr als eine kleine Lebenshilfe für den Alltag. Er meint, dass wir mithilfe unserer inneren Stimme neue Erkenntnisse über uns selbst erhalten können. Denn indem wir uns selbst ansprechen wie jemand anderen, legen wir im Gehirn metaphorisch einen Schalter um. Vor allem in zwei Regionen lässt sich eine veränderte Aktivität beobachten: im für höhere geistige Funktionen zuständigen Frontallappen sowie in der Amygdala, dem häufig so bezeichneten Sitz der Furcht.

Wann beginnen wir, uns mit uns selbst zu unterhalten?

Die innere Stimme hilft uns, Distanz zu heißen Emotionen zu schaffen, unsere Situation mit kühlem Kopf zu durchdenken und, davon ausgehend, klug zu handeln. Wir können uns von unseren Ängsten entfernen, uns wie ein unbeteiligter Beobachter sehen. Diese Veränderungen wirken nach: Der Schalter im Gehirn bleibt in der für uns günstigen Position, auch nachdem wir eine Herausforderung gemeistert haben. Unsere distanzierte Perspektive auf das Erlebte ändert sich nicht, wir grübeln weniger darüber nach, was wir hätten besser machen können, was uns wiederum vor Niedergeschlagenheit und der Furcht, nicht gut genug zu sein, schützt. Stattdessen fällt es uns leichter, das Gesamtbild zu sehen, darin das Wesentliche auszumachen und dieses vorausschauend anzugehen.

Wann beginnen wir, uns mit uns selbst zu unterhalten? Wissenschaftler gehen davon aus, dass die innere Stimme in der frühen Kindheit Gestalt annimmt. Kleinkinder führen noch keine inneren Monologe. Sie reden laut, wenn auch nicht unbedingt deutlich. Mit ihren gut hörbaren Selbstgesprächen geben sie sich Hilfestellungen. Ihre Stimme führt und leitet sie durch komplexe Herausforderungen, zum Beispiel wenn sie etwas aus Legosteinen bauen oder erste Wörter buchstabieren. Der amerikanische Psychologe Lawrence Kohlberg notierte vor fast 50 Jahren, wie es klingt, wenn ein Vierjähriger ein Modellauto zusammensetzt: „Die Räder müssen hierhin, die Räder müssen hierhin. Oh nein, wir müssen noch mal neu anfangen. Wir müssen es zusammenbringen, schau, es geht zusammen.“

Der Psychologe Lew Wygotski nannte dieses kindliche Sprechen egozentrische Äußerungen. Der sowjetische Wissenschaftler sah darin einen bedeutsamen Moment im Verlauf der intellektuellen Entwicklung. Selbstgespräche verändern, so Wygotski, wie Kinder an neue Herausforderungen herangehen. Der britische Psychologe Charles Fernyhough ergänzt: „Egozentrische Äußerungen sind dabei so hilfreich wie ein Schraubenzieher, wenn man ein Regal zusammenschraubt. Indem wir unsere Gedanken in Worte fassen, geben wir ihnen eine handfeste Form, was es leichter macht, damit zu arbeiten.“

Kinder vergewissern sich durch ihre Monologe der wissenden Stimme der Eltern oder älteren Geschwister. Durch diese fremden Beiträge können sie auf Vorgehensweisen und Strategien zurückgreifen, die ihnen nicht von selbst eingefallen wären. Mithilfe von Selbstgesprächen lotsen sich Kinder durch die Schwierigkeiten dessen, was Wygotski die „Zone der nächsten, der nächstmöglichen Entwicklung“ nannte. Damit meinte der Psychologe Aufgaben, die Kinder gerade noch nicht allein meistern können. Sobald sie dazu in der Lage sind, wird der äußere langsam zu einem inneren Monolog, der für die Umwelt dann nicht mehr hörbar ist.

Wie die Kinder mit sich selbst sprechen, hängt wesentlich davon ab, wie ihre Bezugspersonen, also Eltern, Geschwister oder Erzieher mit ihnen reden. Das haben Entwicklungspsychologen um Laura Berk von der Illinois State University gezeigt. Im besten Fall bringt ein geduldiger Lehrer ihnen eine unaufgeregte, nüchterne, hilfreiche Sprache bei, mit der sich Probleme Schritt für Schritt lösen lassen. Diese lässt sich leicht auf neue Herausforderungen übertragen. Wenn es nicht mehr weiterweiß, beruhigt sich ein Kind mit einem solchen Lehrer vielleicht, indem es sagt: „Du kannst das, du schaffst das.“

Die kindlichen Selbstgespräche geben den Tonfall unserer späteren inneren Monologe vor

Ein ungeduldiger, zu Wutausbrüchen neigender Lehrmeister bringt Kindern dagegen bei, sich selbst schlechtzumachen. Diese Kinder lernen die Sprache der Frustration. Sie herrschen sich bei Problemen ungeduldig an, sagen vielleicht zu sich selbst: „Du Idiot, du kannst doch gar nichts.“ (Siehe zum Einfluss kritischer Stimmen auch Seite 24.)

Unsere kindlichen Selbstgespräche geben also den Tonfall unserer inneren Monologe als Erwachsene vor. Worte und Redewendungen, die in dieser Zeit mit Bedeutung aufgeladen werden, behalten ihre Wirkung auch später noch. Im Gehirn geht dieser Einfluss über die für das Sprechen zuständigen Zentren der Großhirnrinde – das sogenannte Broca-Areal – hinaus. Die innere Stimme aktiviert Teile des limbischen Systems, die eine Rolle für die Entstehung von emotionalen Erinnerungen spielen. Je nachdem welche neuronalen Zustände mit den Worten verknüpft werden, können sie uns ängstlich machen und an das Sichere und Bekannte ketten. Oder sie ermöglichen uns, uns von genau diesen Einschränkungen zu lösen.

Bei erfolgreichen Selbstgesprächen kommt es darauf an, wie wir uns anreden. Das hat Ethan Kross in seinen Studien am Emotion and Self Control Laboratory, das er an der University of Michigan leitet, immer wieder belegt. Doch warum ist das so? Die Antwort liefert Kross mit einer weiteren Untersuchung. Dabei erforschte er den Einfluss der inneren Stimme auf soziale Angst. Die meisten Menschen mögen es nicht, vor Publikum aufzutreten. Sie sorgen sich, von anderen negativ bewertet zu werden, selbst wenn das unbegründet ist.

Nennen wir uns beim Vornamen, verringert das nicht nur die soziale Angst, während wir etwas tun, sondern auch danach. Denn gerade nachdem wir zum Beispiel eine Rede gehalten haben, neigen wir dazu, uns zu fragen: Habe ich es wirklich gut gemacht? Dabei verstricken wir uns leicht in einen fruchtlosen Kreislauf des Grübelns: „Dies war nicht gut, jenes war schlecht, am besten vermeide ich solche Auftritte in Zukunft.“

In einem Experiment bat Kross 89 Männer und Frauen, zu begründen, warum sie die richtige Person für ihren Traumjob seien. Um ihren Vortrag vorzubereiten, hatten die Probanden nur fünf Minuten Zeit, relativ wenig also, um sich die richtigen Argumente zurechtzulegen. Kross instruierte die Hälfte der Probanden, während der Planungsphase mit sich selbst in der ersten Person zu sprechen und Pronomen wie ich, mich, meins zu verwenden. Die andere Hälfte sollte ihren Vornamen nutzen. Die Teilnehmer der Ich-Gruppe zeigten sich gefangen in ängstlichen Gedankengängen. Ein typischer Einwand war: „Wie soll ich das nur in fünf Minuten schaffen?“ Ganz anders bei denjenigen, die ihren Vornamen verwendeten. „Du schaffst das schon, Ethan“, war hier eine beispielhafte Bemerkung. Wie sich zeigte, strahlte die Vornamengruppe diese gefühlte Selbstsicherheit auch aus. Diese Versuchspersonen überzeugten unabhängige Juroren mit ihrem Vortrag. Zudem grübelten sie hernach seltener, auch empfanden sie weniger Niedergeschlagenheit und Scham. In weiteren Arbeiten belegte Kross, dass Selbstgespräche in der dritten Person auch die grundsätzliche Sicht auf Aufgaben verändern: Aus einer Bedrohung wird so eine positive Herausforderung.

Woran liegt das? Kross meint: In Situationen, die starke Emotionen auslösen, die uns zum Beispiel ängstigen, „kann es helfen, einen Schritt zurückzutreten und sich selbst als unbeteiligter Beobachter zu sehen“. Schließlich fällt es den meisten Menschen leicht, ihren Freunden gute Ratschläge zu geben. „Doch wenn es um sie selbst geht, haben sie damit Probleme. Indem sie sich mit ihrem Vornamen anreden, distanzieren sie sich dabei von sich selbst. Das hilft ihnen, ihre eigentliche Aufgabe zu meistern.“

Die Wirkung von Selbstgesprächen aufs Gehirn hat der Neurowissenschaftler und Psychologe Jason Moser von der Michigan State University untersucht. In einem Versuch unterteilte Moser Frauen in zwei Gruppen. Beide erhielten Fotos eines maskierten Unholds, der einer Frau ein Messer an den Hals drückt. Ein Teil der Probandinnen war, wie Moser wusste, anfällig für chronische Grübeleien. Der andere Teil zeigte keinerlei solche Auffälligkeiten. Alle Teilnehmerinnen erhielten die Aufgabe, sich ein Happy End für diese Situation auszudenken. Währenddessen maß Moser die elektrische Aktivität im frontalen Kortex und im limbischen System.

Richtige Selbstgespräche machen aus Bedrohungen positive Herausforderungen

Grüblerischen Frauen, die bei dieser Herausforderung die Pronomen ich, mich und meins verwendeten, gelang es nur unter großer Anstrengung, sich eine positive Erklärung für die bedrohliche Situation auszumalen. Trotzdem ließ sie der Gedanke nicht los, die Frau auf dem Foto sei in Wirklichkeit bei der Attacke gestorben. Die Messung der elektrischen Aktivität des Hirns zeigte: Je stärker dabei der frontale Kortex – der Sitz höherer geistiger Funktionen – aktiviert war, umso aktiver wurde auch das limbische System. Die Aufgabe führte in einen Teufelskreis von Grübeleien, Angst und noch mehr Grübeleien.

Später wiederholten dieselben Probandinnen die Aufgabe. Allerdings mit einer kleinen Änderung: Sie sollten sich bewusst mit ihrem Vornamen ansprechen. Subjektiv berichteten die Frauen nun von einer dramatischen Verringerung ihrer Ängste. Mehr noch, auch die Elektroden an ihrem Kopf dokumentierten eine nachlassende Betriebsamkeit im frontalen Kortex. Auch die hektischen Rufe der Amygdala wurden stiller, ihre Aktivität war um die Hälfte vermindert. Die Ängstlichkeit der sorgenvollen Frauen – sichtbar gemacht durch ihre Hirnaktivität – war geschwächt.

Für Jason Moser ein klarer Beleg dafür, dass der simple Wechsel eines Worts unsere Selbstwahrnehmung drastisch verändert. „Unsere Sprache schafft einen Abstand, der real und messbar ist.“

Diese Selbstdistanz macht uns klüger, behauptet Kross. Warum? Der Psychologe verweist auf das Salomonparadox. Wie der biblische König Salomon beispielhaft vorführt, urteilen Menschen weise und weitsichtig, wenn sie über die zwischenmenschlichen Probleme anderer nachdenken. Für ihre eigene Situation gilt das nicht. Reden wir uns selbst mit unserem Vornamen an, verschieben wir unseren Fokus – weg vom Selbst. Das erlaubt uns, über den Tellerrand hinauszuschauen, und hilft uns, Urteile von salomonischer Weisheit zu fällen.

In einer Reihe von Versuchen, die im Fachblatt Psychological Science erschienen ist, bat Kross Studenten, darüber nachzudenken, wie die amerikanische Wirtschaftskrise ihre Jobsuche nach Abschluss ihres Studiums beeinflussen würde. Sie sollten entweder in die Situation eintauchen (also die Frage beantworten, ob sie die Krise selbst betreffen würde), oder sie sollten sich selbst von einem entfernten Beobachtungspunkt aus betrachten, als ob es jemand anderen betreffen würde – wie eine Fliege an der Wand. Kross bat die Probanden zudem, aus ihrer jeweiligen Perspektive darüber nachzudenken, wie sich die Zukunft entwickeln würde, wenn ihr favorisierter politischer Kandidat die nächste US-Präsidentschaftswahl verlieren würde.

In jedem der Experimente zeichneten sich die Teilnehmer mit der Fliege-an-der-Wand-Perspektive durch größere intellektuelle Demut aus. Sie gaben nicht vor, genau zu wissen, was die Zukunft bringen würde. Stattdessen stellten sie sich besser auf zukünftige Veränderungen ein, waren flexibler und offener für andere Sichtweisen als die eigene. Ganz allgemein fiel es ihnen leichter, die Lage besonnen zu durchdenken. „Die Selbstdistanz ermöglichte es den Studenten, ihre egozentrische Sicht zu erweitern und das Gesamtbild miteinzubeziehen“, berichtet Kross.

Kross geht davon aus, dass diese Erkenntnisse auf die gesamte Bandbreite sozialer Beziehungen anwendbar sind. Er glaubt: Selbstdistanz bringt uns eine klare Sicht auf unsere eigene Rolle, sei es im Liebesleben, in der Freundschaft oder bei der Arbeit.

Die Erforschung des Selbstgesprächs ist erst in den Kinderschuhen. Vielleicht gibt es weitere Schlüsselwörter, nicht nur unsere Vornamen, die uns neue mentale Möglichkeiten eröffnen? In der Zwischenzeit haben wir mit den bisher bekannten Erkenntnissen aber schon einige Möglichkeiten in der Hand. Wir können die Wirkung der Sprache nutzen, vor allem ihre Macht, die besonders einfachen, urwüchsigen, entwicklungsgeschichtlich „alten“ Hirnregionen zu beeinflussen – und so Emotionen abzubremsen, die uns einschränken. „Wir können tiefverwurzelte Emotionen durch einfache Interventionen verändern“, sagt Kross: „Das ist eine gute und wichtige Nachricht.“

Aus Psychology Today © Copyright 2015, www.psychologytoday.com.

Übersetzung: Johannes Künzel

Literatur

  • Ethan Kross u. .: Self-talk as a regulatory mechanism: How you do it matters. Journal of Personality and Social Psychology, 106/2, 2014, 304–324. DOI: 10.1037/a0035173
  • Jason S. Moser, Ethan Kross u. .: Neural markers of positive reappraisal and their associations with trait reappraisal and worry. Journal of Abnormal Psychology, 123/1, 2014, 91–105. DOI: 10.1037/a0035817

Julia, du schaffst das!

Wie Sie sich in Selbst­gesprächen ein guter Freund sein können, zeigt dieses Beispiel von Julia, die zu einem ersten Date verabredet ist:

„Julia(1), was macht dich so nervös? Es ist nicht das erste Date, das du je hattest. Ich weiß, du magst diesen Typen, aber geh es lieber langsam an(2), und bleib ruhig. Selbst wenn es nicht optimal läuft, ist das nicht das Ende der Welt. Du hast schon so viel erreicht im Leben(3), du bist intelligent und siehst toll aus. Gib einfach dein Bestes – und dann liegt es nicht mehr in deiner Hand. Entspann dich also, Julia!“

(1) Julia distanziert sich vom Stress, von der Bedrohungssituation, die ein erstes Date für sie darstellt, indem sie sich selbst mit ihrem Vornamen anspricht, als sei sie eine gute Freundin. Diese Distanz erlaubt ihr, vernünftig, zuversichtlich und ruhig auf die Situation zu blicken. Diese Ruhe hätte sie nicht gehabt, wenn sie die Wörter ich oder mich verwendet hätte.

(2) Zudem gibt sie sich selbst Ratschläge auf eine Weise, wie es auch Kinder tun, die etwas aus Bauklötzchen bauen. Doch statt sich anzuleiten, einen Turm aus Holzsteinen zu bauen, mahnt sie sich eben sehr eindeutig, ruhig zu bleiben.

(3) Nicht zuletzt nimmt Julia der Situation die Schwere, den Ernst, indem sie einige Selbstbestätigungen einstreut, die ihr erlauben, das Date im Kontext des großen Ganzen zu sehen. Wahrscheinlich wird sie nicht am Boden zerstört sein oder endlos über ihre Fehler nachgrübeln, wenn das Treffen nicht erfolgreich verläuft.

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 2/2016: Sprich mit Dir!