Zeit finden

Warum sind wir so gehetzt? Wir haben ein Gespür für den Geldwert, nicht aber für den Zeitwert unseres Tuns. Wie wir unseren Zeitwohlstand mehren.

Die Illustration zeigt einen Mann in einem Ruderboot auf dem Trockenen in einer Uhr und das Armband ist ein fließendes Gewässer.
Wir arbeiten zu jeder Stunde und wenn wir einen Moment Freizeit haben, verschwenden wir sie. © Orlando Hoetzel

Mit einer Wahrscheinlichkeit von acht zu zwei zählen Sie zu den ärmsten Menschen der Welt. Ich rede nicht von Ihrem Bankkonto (obwohl materielle Armut eine drängende Sorge in unserer Gesellschaft ist). Ich meine vielmehr, dass Sie zeitarm sind: Sie haben zu viele Dinge zu tun und zu wenig Zeit, um sie zu tun. In so unterschiedlichen Ländern wie den Vereinigten Staaten, Deutschland oder Japan ist die Zeitarmut auf einem Allzeithoch, wie Studien zeigen.

Niemand ist immun gegen das erdrückende Gefühl von Zeitno…

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sitze und tippe, spüre auch ich dieses Gehetztsein. Für mich ist es eine einschnürende Empfindung im Magen. Heute Morgen erhielt ich eine Mail von einer Studentin, die mich dringend um Hilfe bei einer Arbeit bat, was mich davon abhielt, gleich mit diesem Text hier zu beginnen, wie ich es mir vorgenommen hatte.

Sogar jetzt, während ich schreibe, habe ich ein Auge auf mein Handy. Jeden Moment wird mich ein Kollege anrufen, der mit einer drohenden Deadline zu kämpfen hat. Wegen eines Arzttermins werde ich heute ohnehin früh Schluss machen müssen, dann werde ich nach Hause huschen und ein spätes Abendessen aus Salat und was auch immer zusammenfummeln, bevor ich mich wieder dem Posteingang und meiner fortlaufenden To-do-Liste zuwende.

Nie genug Zeit

Diese Liste habe ich auf meinem Laptop ständig geöffnet, und sie erstreckt sich über Seiten. Ich kann dort gar nicht alles eintragen, was ich fertigstellen müsste. Ich werde versuchen, einen Moment Zeit für ein Gespräch mit meinem Partner zu finden. Für einen Chat mit Freundinnen wird es wohl nicht reichen. Und ich müsste dringend einmal mit meinen zusehends alternden Eltern reden.

Dies ist kein außergewöhnlicher Tag für mich, und wahrscheinlich kommt manches auch Ihnen vertraut vor. Die meisten von uns kennen das Gefühl. Zeitarmut trifft alle Kulturen und durchzieht alle Schichten. Im Jahr 2012 berichteten 50 Prozent der Berufstätigen in den USA, sie seien „ständig gehetzt“, und 70 Prozent sagten, sie hätten „nie“ genug Zeit. 2015 meinten mehr als 80 Prozent, sie hätten nicht die Zeit, die sie brauchten.

Wenn Sie nun einwenden, das sei doch bloß so ein Luxuslamentieren der Ersten Welt und Sie müssten das schon irgendwie durchstehen: Versuchen Sie das nicht. Zeitarmut ist ein ernstes Problem mit ernsten individuellen und gesellschaftlichen Kosten. Das zeigen die Daten, die ich und andere zusammengetragen haben. Menschen, die zeitarm sind, sind weniger glücklich, weniger produktiv und weniger entspannt. Sie bewegen sich weniger, essen fetter und entwickeln häufiger Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Wirkungen von Zeitarmut sind drastisch.

Weniger Arbeit als früher

Die nächstliegende Erklärung für den fortschreitenden Zeitmangel ist, dass wir einfach mehr arbeiten als früher. Aber die Fakten stützen diese Theorie nicht. Ob Sie es glauben oder nicht, die meisten Menschen haben heute mehr Freizeit als in den 1950ern. Die OECD-Daten für 1950 zeigen, dass die durchschnittliche Arbeitswoche in den Vereinigten Staaten 37,8 Stun­den hatte; 2017 waren es 34,2. Zeittagebücher dokumentieren, dass die wöchentliche Freizeit von Männern in den letzten fünfzig Jahren von sechs auf neun Stunden, die von Frauen von vier auf acht Stunden stieg.

Die Technik – Mikrowellen und Saugroboter, digitale Kommunikation und diese schicke App, die mir selbständig Zeiten für Meetings vorschlägt – hilft uns, effizienter zu leben. Theoretisch müssten wir froh sein über all die freien Stunden, die wir gewonnen haben. Doch warum fühlen wir uns dann zeitärmer denn je?

Das Zeitkonfetti-Phänomen

Es liegt daran, dass Zeitarmut nicht notwendigerweise aus einem Missverhältnis zwischen den Stunden, die wir haben, und den Stunden, die wir brauchen, erwächst. Sie resultiert daraus, wie wir über diese Stunden denken und wie wir sie wertschätzen. Es ist ebenso eine Frage der Psychologie wie der Struktur. Wir arbeiten vielleicht nicht mehr Stunden als früher, aber wir arbeiten zu jeder Stunde. Wir sind unablässig verbunden. Und wenn wir einen Moment kostbarer Freizeit haben, sind wir nicht darauf vorbereitet, sie zu nutzen, also verschwenden wir sie. Oder wir gönnen uns die Pause nicht und arbeiten durch.

Es ist nicht unser Fehler, dass es so weit gekommen ist. Der inhärente Wert der Zeit ist kulturell in Vergessenheit geraten. Die Gesellschaft lehrt uns, Menschen als Helden zu feiern, die nie ihr Büro verlassen. Obendrein weckt die wachsende Einkommenskluft das Gefühl, unsere ganze Existenz könnte morgen kollabieren, wenn wir nicht jeden Moment arbeiten oder zumindest so tun. All diese Faktoren erzeugen das, was ich Zeitfallen nenne. Sie vermitteln uns das Gefühl chronischer Zeitarmut.

Die Technikfalle

Der erste Schritt, zeitklüger zu werden, besteht darin, diese Zeitfallen zu verstehen und sie in Ihrem Leben zu identifizieren. Zum Beispiel: die Technikfalle.

Es ist wahr: Wir haben mehr Freizeit als vor fünfzig Jahren. Doch Freizeit war nie weniger entspannend als heute. Technik spart uns Zeit, aber sie nimmt sie uns auch weg. Dies bezeichnet man als Autonomieparadox. Wir nutzen Mobilgeräte, um Autonomie darüber zu gewinnen, wann und wie lange wir arbeiten, doch ironischerweise mit der Konsequenz, dass wir immerzu arbeiten. Lange Blöcke freier Zeit, die wir früher genießen konnten, werden nun unentwegt von unseren Smartwatches, Smartphones, Tablets und Laptops unterbrochen.

Diese Situation belastet uns kognitiv und fragmentiert unsere Freizeit in einer Weise, die es sehr erschwert, diese Zeit für etwas zu nutzen, das den Stress abbaut und uns Freude bereitet. Ich (wie andere Forschende auch) nenne dieses Phänomen Zeitkonfetti. Es besteht aus Schnipseln von Sekunden und Minuten, die wir an unproduktives Multitasking verlieren. Jeder Schnipsel allein wirkt nicht sonderlich schlimm, doch zusammen addieren sie sich zu etwas überraschend Schädlichem.

Damit Sie ein Gefühl dafür bekommen, wie Sie Ihre Zeit schreddern, hier eine einfache Rechnung: Es ist 19 Uhr und Sie haben eine Stunde Freizeit. Während dieser Stunde erhalten Sie zwei E-Mails, klicken beide an und beantworten eine; vier Social-Media-Mitteilungen mit nutzlosem Klatsch über schreckliche Leute, die schreckliche Dinge gesagt haben, und Sie wischen kurz durch die Antworten auf einen dieser Posts; drei Teammessenger-Benachrichtigungen von Kolleginnen und Kollegen, die etwas wissen wollen oder Sie um einen Gefallen bitten, von denen sie eine beantworten und zwei ignorieren; eine Terminnotiz, die Sie daran erinnert, dass Sie Ihre Mutter morgen an ihrem Geburtstag anrufen müssen; und vier Textnachrichten von einer Freundin, die vier Vorschläge für das nächste Wochenende macht, und auf alle antworten Sie.

Negative Effekte des Zeitkonfettis

Jedes Ereignis selbst ist banal und beansprucht nur Sekunden. Doch im Verbund haben sie zwei negative Effekte. Der erste ist das schiere Ausmaß an Zeit, die sie uns von der freien Stunde wegnehmen: Die Reihe harmloser Unterbrechungen usurpiert zehn Prozent dieser Zeitspanne. Die Forschung zeigt, dass das beschriebene Beispiel eher konservativ ist, verglichen mit Anzahl und Dauer realer Unterbrechungen. Typischerweise ist es also schlimmer als hier beschrieben.

Der zweite, invasivere Effekt des Zeitkonfettis ist die Art, wie es unsere freie Stunde fragmentiert. Wenn wir diese Unterbrechungen in zufälligen Abständen über die Stunde verteilen, ergibt sich ein vielfach unterbrochener Zeitstrang. Die freie Stunde zerfällt in zahlreiche kleine Stücke, manche davon nur fünf oder sechs Minuten lang. Selbst wenn wir sehr diszipliniert darin sind, auf all die Anfragen nicht oder nicht sofort zu antworten, unterminieren diese Unterbrechungen doch die Qualität unserer freien Stunde, indem sie uns an all die Verpflichtungen erinnern, denen wir jetzt nachgehen könnten oder sollten.

Statt also die Zeit im Fitnessstudio zu genießen, tippen wir einhändig eine kurze Antwort an die Vorgesetzte und versuchen, dabei nicht vom Laufband zu fallen. Statt ungestört mit der Familie zu Abend zu essen, führen wir gedämpfte Telefongespräche über erkalteten Mahlzeiten oder nehmen an einer Konferenzschaltung teil. Wir tragen das Büro in unserem Rucksack mit uns, und das macht es schwer, sich auszuklinken. Nicht wenige Leute checken die E-Mails aus dem Büro selbst nach 22 Uhr.

Entstehende Konflikte

An die Arbeit zu denken, während man sich zu entspannen versucht, verursacht Panik, denn Gefühle von Zeitarmut machen sich vor allem dann breit, wenn in unserem Kopf zwei unvereinbare Tätigkeiten kollidieren. Wenn wir versuchen, unserer Elternrolle gerecht zu werden, und Zeit mit unserem Kind verbringen, und dann erreicht uns eine E-Mail von der Arbeit, können wir nicht anders, als an unsere ­nächste Deadline zu denken. Dieser Konflikt bewirkt, dass wir uns als schlechte Mutter oder schlechter Vater und als schlechte Arbeitskraft empfinden.

Es kostet uns Zeit, uns von einer solchen stressigen Unterbrechung zu erholen. Das Ergebnis ist, dass wir unsere freie Zeit weniger genießen können, und im Rückblick schätzen wir dann die Dauer unserer Freizeit kürzer ein, als sie tatsächlich war.

Zwanghaftes Streben nach Geldvermehrung

Die Kommunikationstechnik ist aber nicht der alleinige Verursacher unserer Zeitnot. Eine weitere Zeitfalle ist die gesellschaftliche Besessenheit von Arbeit und Geldvermehrung. Uns wird weisgemacht und wir glauben (fälschlicherweise), dass Geld, nicht Zeit uns mehr Zufriedenheit beschert. Dabei kennen wir doch alle das Sprichwort, dass man sich Glück nicht kaufen kann, und empirisch trifft das zu.

Die Forschung zeigt, dass Geld zwar vor Tristesse schützt, aber es vermehrt nicht die Freude. Sobald wir genug Geld verdienen, um unsere Rechnungen zu bezahlen, etwas für die Zukunft zurückzulegen und am Wochenende ein wenig Spaß zu haben, trägt noch mehr Einkommen kaum noch zu unserem Glück bei.

Stellen Zeit nicht in Rechnung

Dennoch kommt die Idee, Cash gegen Zeit einzutauschen, den meisten von uns nicht mal in den Sinn. Das liegt vor allem daran, dass der Wert von Zeit so schwer zu messen ist. Sogar wenn wir einen wirklich lausigen Zeit-Geld-Handel machen – wie etwa eine entfernte Tankstelle anzusteuern, um gegenüber der nächstgelegenen ein paar Cent pro Liter Benzin zu sparen –, fühlt es sich nicht wie eine schlechte Wahl an. Das liegt daran, dass wir danach mehr Geld in der Tasche haben, doch wir stellen dabei nicht den Wert der Zeit in Rech­nung, die wir verbraucht haben.

Sie stoßen auf diese Zeitfalle in Ihrem eigenen Alltag, wenn Sie die Momente Revue passieren lassen, in denen Sie sich für ein Schnäppchen entschieden haben. Zum Beispiel wenn Sie statt eines Direktflugs eine Verbindung mit Anschlussflügen gebucht haben, weil das etwas billiger war. Nehmen wir an, Sie sparen dadurch 250 Euro bei Ihrer Reise, aber es kostet sie zu Beginn und am Schluss Ihrer Ferien jeweils vier Stunden plus die Erschöpfung und den Stress, die daraus resultieren, dass Sie früh aufstehen und den Flieger wechseln müssen. Acht zusätzliche Stunden Urlaub – ein voller Arbeitstag – samt weniger Stress und Erschöpfung, ist Ihnen das nicht 250 Euro wert?

Der Mechanismus der Falle ist einfach: Wir nehmen reflexhaft den niedrigsten Preis. Noch einmal zu dem Benzinbeispiel: Nehmen wir an, Sie entscheiden sich für einen Umweg von zehn Minuten, um drei Cent pro Liter zu sparen. Sagen wir, Sie tanken viermal im Monat 50 Liter, dann sparen Sie 1,50 Euro pro Tankfüllung, sechs Euro im Monat und 72 Euro im Jahr. Dafür verlieren Sie 40 Minuten im Monat, also acht Stunden im Jahr. Sie investieren also acht Stunden für 72 Euro, macht einen Stundenlohn von neun Euro – und das stellt noch nicht einmal in Rechnung, was Sie stattdessen an Produktivem in dieser Zeit hätten tun können.

Die Zeitärmsten wissen nicht, wie Entspannung geht

Eine weitere Zeitfalle hat mit der Wertschätzung von Arbeit zu tun. Geschäftigkeit am Arbeitsplatz ist ein Lieferant von Status. Wir tragen das wie ein Ehrenabzeichen. Wir möchten als die oder der Beschäftigte mit den meisten Bürostunden wahrgenommen werden (auch wenn diese Stunden nicht produktiv sind). Ein Kollege, Peter, erzählte mir, dass er immer bis 19 Uhr im Büro blieb – auch wenn er nicht arbeitete –, nur damit die Personalsoftware seine physische Anwesenheit registrierte. Peter bezog ein Festgehalt, es gab also keinen direkten Anreiz, bis nach 17 Uhr zu arbeiten.

Solcher Präsentismus wird auch durch soziale Unsicherheit befördert, und die ist auf dem Vormarsch. Seit den frühen 1970ern ist die Einkommensungleichheit rund um die Welt dramatisch gestiegen. In dem Maß, wie die Gesellschaft ungleicher wird, steigt die Unsicherheit der Menschen im Blick auf ihre finanzielle Zukunft, unabhängig von ihrer momentanen Situation. Die, denen es gutgeht, sorgen sich, wie tief sie abrutschen könnten. Die, die kaum über die Runden kommen, fürchten, noch weiter zurückzufallen.

Die Bewältigungsstrategie besteht oft darin, mehr zu arbeiten und mehr Geld zu verdienen. Automatisch geht das zulasten der positiven Zeit für uns selbst, unseren Freundeskreis und die Familie. Diese Zeit scheint am leichtesten zu opfern, weil wir ihren Wert nicht beziffern können.

Trägheitsaversion

Doch selbst ohne Leistungsdruck würden wir uns wohl dennoch Zeitstress machen: Menschen scheinen nicht für Müßiggang geschaffen. „Alle Probleme der Menschheit“, sagte der Philosoph Blaise Parcal, „wurzeln in [unserer] Unfähigkeit, still allein in einem Zimmer zu sitzen.“

Diese Trägheitsaversion, wie die Forschung das nennt, lässt uns seltsame Dinge tun. Dan Gilbert, Psychologieprofessor an der Harvard-Universität, platzierte einige Studierende in einem leeren Raum und gab ihnen nichts zu tun. Den meisten von ihnen, gewöhnt an konstante Stimulation und leichten Zugang zu Ablenkungen aller Art, gefiel das überhaupt nicht. Viele zogen es vor, sich selbst leichte elektrische Schocks zu verabreichen, als mit ihren Gedanken allein zu sein. „Die meisten“, so Gilbert, „brachte der Gedanke, nichts zu tun, in Rage.“

Falls Sie das auf das jugendliche Alter schieben: Eine andere Studie zeigte, dass auch berufstätige Eltern sich während Freizeitaktivitäten „gelangweilt“ und „gestresst“ fühlten – ein Hinweis darauf, dass selbst die Zeitärmsten unter uns nicht wissen, wie Entspannung geht. Tatsächlich hat sich gerade Müßiggang als eine kostbare Form von Freizeitbeschäftigung erwiesen, die unserem Zeitwohlstand zugutekommt. Achtsamkeit – ob als Meditation, Gebet oder in einem anderen Rahmen – ist wirksam praktizierter Müßiggang.

Freizeit habe ich morgen

Eine weitere Zeitfalle wird als Planungstäuschung bezeichnet: Die meisten von uns sind überoptimistisch, was Zeitspannen in der Zukunft angeht. Wir glauben im Stillen, dass wir morgen mehr Zeit haben werden als heute. Die Zukunft erscheint wie ein Ort voll von offener Zeit – zumindest bis die Zukunft zur Gegenwart wird, und dann wünschen wir uns oft, dass wir die Verpflichtungen zurücknehmen könnten, die wir eingegangen sind.

Statistisch ist die beste Vorhersage, wie beschäftigt wir in der nächsten Woche sein werden, unsere jetzige Beschäftigung. Eine Zusage für eine spätere Verpflichtung, obwohl ich jetzt gerade ausgebucht bin, ist also eine schlechte Wette auf die Zukunft. Aber das vergessen wir meist.

Wir möchten aufrichtig ja sagen bei allem, worum wir gebeten werden. Dieses Jasagen ist für uns ein Weg, dem Gefühl von Tatenlosigkeit zu entkommen und uns produktiv, verbunden, wertgeschätzt, respektiert und geliebt zu fühlen. Und woher kommt die Zeit, um diese Zusagen zu erfüllen? Natürlich von unserer Freizeit. Wir rennen von Aktivität zu Aktivität, fühlen uns unter Druck und haben keine Zeit für uns selbst.

Die eigenen Zeitgewohnheiten verstehen

Wir alle haben die Macht, die Zeitfallen zu bezwingen, denen wir zum Opfer fallen. Um seinen Zeitwohlstand zu mehren, erfordert es wie bei einem Fitnessprogramm kleine vorsätzliche Schritte jeden Tag: Übungen, seine freie Zeit zu genießen und mehr davon zu haben (siehe unten). Zeitarmut fühlt sich für jede und jeden gleich an, aber Zeitwohlstand sieht individuell ganz unterschiedlich aus. Er kann bedeuten, 15 Minuten Gitarre zu spielen statt am Smartphone zu hantieren, oder zehn Minuten zu meditieren. Die Tätigkeiten unterscheiden sich, aber gemeinsam ist den Glücklichsten und Zeitwohlhabendsten unter uns, dass sie wohlüberlegt mit ihrer Freizeit umgehen.

Um Ihren Zeitreichtum zu vermehren, brauchen Sie für den Anfang ein Basisverständnis Ihrer Zeitgewohnheiten. Eine der besten Methoden ist, an einem der kommenden Dienstage detailliert Tagebuch darüber zu führen, womit Sie Ihre Zeit verbringen. Warum Dienstag? Dienstage sind oft die Arbeitstage, an denen Beschäftigte mehr negative Gefühle und größeren Stress erleben als im Rest der Woche. Doch wenn es dienstags nicht klappt, nehmen Sie einen anderen Wochenarbeitstag.

Notieren Sie bei jeder Aktivität genau, wie Sie sich dabei gefühlt haben. War die Tätigkeit zum Beispiel unproduktiv oder produktiv? Vergnüglich oder zweckorientiert? Denken Sie aber auch über die Bedeutung nach, die diese Aktivität in Ihrem Leben hat. Mit Kindern zu leben ist zum Beispiel mit einer Menge Anspannung verbunden und – nach der siebzehnten schlaflosen Nacht in Folge – mitunter mit nicht sonderlich viel Behaglichkeit.

Dennoch gibt es für die meisten Menschen nichts, was bereichernder wäre, als seinen Hosenmatz bei seinen ersten Schritten zu beobachten. Und umgekehrt: Als Couchpotato vor Ihrer Lieblingsshow im Fernsehen abzuhängen ist äußerst angenehm, aber nicht unbedingt eine Quelle existenziellen Sinnempfindens.

Aktivitäten anders gestalten

Wir sollten Zeiten, in denen wir unproduktiven Aktivitäten nachgehen, die uns zudem stressen, besondere Aufmerksamkeit entgegenbringen. Und wir sollten uns fragen, wie wir stattdessen mehr produktive, angenehme oder bedeutungsvolle Erlebnisse ansammeln können. Überlegen Sie also für jede notierte Aktivität, die Sie stresst und unglücklich macht, ob es möglich ist, weniger Zeit hierauf zu verwenden. Und fragen Sie sich für jede Aufgabe, der Sie nicht entkommen können (oder sollten) – wie etwa Arbeit oder Sport –, ob es möglich ist, sie angenehmer und weniger anspannend zu gestalten. Hier einige Vorschläge:

Schlechte Zeit umwandeln. Zeit zu finden beginnt damit, kleine Momente „schlechter“ Zeit – zur Arbeit fahren, in einer Schlange stehen – mit freudvollen Aktivitäten zu infiltrieren, etwa ein Hörbuch oder Musik zu hören. Meetings sind für viele Menschen eine Quelle der Zeitarmut, also gehen Sie Ihren Kalender durch und laden Sie sich von so vielen Meetings wie möglich aus, und nutzen Sie diese Zeit für einen Spaziergang.

Schließen Sie Ihr E-Mail-Programm bis zum Ende des Arbeitstags, damit Sie bis dahin nicht ständig unterbrochen werden. Schalten Sie Ihr Smartphone am Samstag aus und bereiten Sie mit Ihrer Nichte überbackene Käsesandwiches zu. In der Praxis sieht das Zeitumwandeln für jeden und jede etwas anders aus, denn wir alle mögen und verabscheuen unterschiedliche Dinge. Manche können einem Museumsbesuch nichts abgewinnen, ­andere kriegen nicht genug davon. Es kommt darauf an, die Zeiten zu identifizieren, die Sie nicht mögen, und nach Möglichkeiten zu suchen, sie zu transformieren.

Gute Zeit vermehren. Sie können Ihrem Zeitkonto auch positive Erlebnisse hinzufügen. Gibt es eine schöne Aktivität (sei sie produktiv oder unproduktiv), von der Sie gern mehr hätten? Für mich sind Lesen und Musikhören zwei meiner befriedigendsten Erfahrungen, also bin ich entschlossen, meine Auszeiten damit zu füllen. Selbst ein paar wenige Minuten machen einen Unterschied.

Heimarbeit vereinbaren. Fast alles an einem Arbeitsverhältnis hat das Zeug, uns zeitarm zu machen: die Zeit, um sich für die Arbeit zurechtzumachen; die Anfahrt; ungesunde, in die Arbeitszeit gezwängte Mahlzeiten (oder gar keine, weil man zu beschäftigt ist); der Druckabfall am Feierabend. Diese Erlebnisse von Zeitarmut verstärken sich selbst: Wenn wir uns zeitgestresst fühlen, fehlt uns die Entschlossenheit, etwas mit unserer freien Zeit anzustellen.

Mit Ihrer Chefin abzusprechen, jede zweite Woche einen Tag zu Hause zu arbeiten, würde sofort zehn Prozent dieser zeitverarmenden Aktivitäten beseitigen. Heimarbeit einmal pro Woche streicht ein Fünftel der Misere. Auch wenn Sie an diesen Tagen Ihr gewohntes Stundenpensum arbeiten, werden Sie am Abend weniger gestresst sein. Forschungsindizien sprechen dafür, dass Heimarbeit produktiver und gesünder ist.

Die richtige Art von Freizeit. Es ist ratsam, unsere freie Zeit nicht damit zu verbringen, durch das Internet zu surfen oder permanent herumzuhängen. Freie Zeit, die wir aktiver Erholung widmen – ehrenamtlichen Tätigkeiten, Geselligkeit, Bewegung –, hebt das Wohlbefinden viel mehr als Zeiten passiver Erholung wie Fernsehen, ein Schläfchen halten oder Onlineshoppen. Es hilft sogar schon, wenn Sie mal kurz rausgehen: Laut einer Studie fühlten sich Menschen wohler, wenn sie in den vorangegangenen 25 Minuten Ihren Körper bewegt hatten.

Mehr Zeit für Mahlzeiten. Zusammen mit meinem (natürlich) Pariser Kollegen Romain Cadario habe ich in einer vergleichenden Umfrage mit mehr als tausend Personen ermittelt, dass die Menschen in Frankreich mehr Zeit beim Essen selbst verbringen. In den USA hingegen wendet man mehr Zeit auf für die Auswahl, was man essen wird – statt die Mahlzeiten zu genießen. Dank ihrer Konzentration auf den Genuss zogen die Französinnen und Franzosen mehr Befriedigung aus dem Mahl, und sie fühlten sich weniger gestresst.

Ein Restaurant aussuchen, dort hinkommen, die Speisekarte studieren, bestellen, das alles braucht Zeit. Zum Essen ausgehen wirkt wie eine klassische Wohlfühlaktivität, doch in der Arbeitswoche ist es oft entspannter, sich einfach etwas liefern zu lassen (oder noch besser: etwas automatisch liefern zu lassen, was man schon vorher ausgesucht hat) und sich dann zurückzulehnen und die Mahlzeit in netter Gesellschaft zu genießen.

Zeit mit Menschen. Der Wohlfühleffekt befriedigender sozialer Beziehungen ist ähnlich hoch wie der von regelmäßiger Bewegung oder von Nichtrauchen. Sogar flüchtige soziale Interaktionen mit Fremden – wie ein Plausch mit der Sitznachbarin im Flugzeug – heben die Stimmung.

In einer Studie wurden Personen aufgefordert, zehn bis dreißig Minuten lang etwas Ungeplantes entweder für sich selbst oder für andere zu tun. Ergebnis: Wenn sie die Zeit verwendeten, um anderen zu helfen, kam ihnen die Zukunft weniger begrenzt vor. Das wirkt zunächst unsinnig, denn Hilfeleistungen und Ehrenämter kosten ja Zeit. Doch es stärkt unser Gefühl von Kontrolle über Zeit, wenn wir etwas davon herschenken können.

Zeit für Ehrfurcht. Einen Panoramawanderweg zu nehmen oder für ein paar Momente zum Himmel aufzuschauen, kann Sie verjüngen (siehe Heft 6/2017: Gänsehautgefühl). Erlebnisse, die in uns Ehrfurcht wecken, reduzieren Zeitstress. Versuchen Sie also, sich Zeit für einen Spaziergang freizuhalten, umgeben von Natur. Es ist sogar hilfreich, sich am Schreibtisch ein Landschaftsvideo auf YouTube anzuschauen.

In Zeit investieren. In einem Experiment habe ich berufstätigen Erwachsenen zweimal 40 Dollar gezahlt. Am ersten Wochenende bat ich sie, das Geld in materielle Dinge zu investieren, und sie kauften sich T-Shirts, Spiele oder Make-up. Am folgenden Wochenende forderte ich sie auf, die 40 Dollar in „irgendetwas anzulegen, das Zeit mehren könnte“, und sie orderten etwa ein Taxi oder kauften ein gebrauchtes Fahrrad, statt den Bus zu nehmen, oder ließen sich ihre Lebensmittel liefern.

Die Zeitinvestition machte sie zufriedener und weniger gestresst. Unterschätzen Sie nicht, wie viel es wert ist, Zeit zurückzuerhalten. Es ist zunächst schwer zu quantifizieren, aber Sie werden schnell ein Gefühl dafür bekommen, den Wert solcher Faktoren zu kalkulieren. Bis dahin werden Sie überrascht sein, um wie viel besser Sie sich fühlen werden.

Bitten Sie um Zeitgeschenke. Vielleicht fühlen Sie sich unwohl, wenn Sie Aufgaben outsourcen und anderen übertragen. Wenn Sie solche Bedenken haben, dann bitten Sie doch um Zeitgeschenke. Fragen Sie Menschen, die Ihnen ohnehin etwas schenken wollten, ob sie Ihnen Zeit schenken könnten.

„Das rettete meine Ehe“, erzählte mir eine Frau. „Mein Mann und ich arbeiteten beide Vollzeit, und es war fast unmöglich, Zeit für das Saubermachen abzuzweigen. Das Haus litt. Wann immer ich nach einer Geschenkidee gefragt wurde, wünschte ich mir, dass jemand den Hausputz übernähme. Stellen Sie sich meine Begeisterung vor, als ich an meinem Geburtstag genau das geschenkt bekam!“

Weniger Preisvergleiche. Das Zeitvolumen, das man darauf verwendet, den günstigsten Preis zu ermitteln, ist oft wertvoller als das Geldvolumen, das man dabei spart. Ich war begeistert von der Strategie meines Lektors beim Kauf eines neuen Fernsehgeräts. Normalerweise ist er jemand, der vor einer solchen Anschaffung umfangreich recherchiert und Tabellen über Bildschirmauflösung, Bildfrequenz, Zubehör und Garantieumfang studiert.

Er liest Onlinebeurteilungen, trifft eine Auswahl und vergleicht diese Geräte. Dann geht er von Geschäft zu Geschäft und sucht nach dem besten Preis. Die Prozedur dauert Stunden über Stunden. Doch diesmal machte er es anders. Er setzte sich einen Kostenrahmen, schaute sich die Beurteilungen an und wählte dann ein Gerät aus dieser Preisklasse. Das war’s. Der ganze Vorgang dauerte weniger als 30 Minuten. „Auch wenn ich jetzt 100 Dollar mehr gezahlt haben sollte, was soll’s?“, sagte er. „Ich habe dafür mein ganzes Wochenende zurückerhalten!“

Die Zeit neu rahmen. Wir können die Minuten zählen und die Kosten unserer Zeit berechnen, und das sollten wir auch tun. Wir können aber auch verändern, wie sich unsere Zeit anfühlt, und auch das kann uns zeitwohlhabender machen. Zum Beispiel wissen wir aus der Forschung, dass sich unsere Wahrnehmung einer Erfahrung ändert, wenn wir sie bewusst genießen. In einer Studie bewirkte die simple Aufforderung, das nahende Wochenende „wie einen Urlaub“ zu behandeln, dass die Angesprochenen ihre Freizeit mehr auskosteten und sich wohler fühlten.

Selbst unsere Arbeitszeit kann neu gerahmt werden. Wenn Sie in einem physisch anstrengenden Beruf wie auf dem Bau oder im Einzelhandel arbeiten, wo sie den ganzen Tag auf den Füßen sind, können Sie diese Aktivität umdeuten, wie die Forschung zeigt. In einer Studie wurden Raumpflegerinnen darüber unterrichtet, dass sie mit ihrer täglichen körperlichen Arbeit das empfohlene Maß an Bewegung für einen gesunden Lebensstil erfüllten. Diese simple gedankliche Verschiebung wirkte wie eine selbsterfüllende Prophezeiung: Die Frauen verloren an Gewicht und Körperfett, der Blutdruck sank.

Die Zeit wertschätzen. Einer der wichtigsten Wege, Zeitwohlstand zu erreichen, besteht darin, seinen Wert zu erkennen. Sich Momente zu nehmen, in denen wir uns die Kostbarkeit von Zeit bewusstmachen, verändert, wie wir sie empfinden, und ermutigt uns, mehr Wohlbefinden selbst aus den profansten Tätigkeiten zu ziehen.

Die Forschung hat dieses Phänomen immer wieder dokumentiert. Man forderte Menschen etwa auf, sich vorzustellen, dies sei ihr letzter Monat in der Stadt, in der sie lebten. Plötzlich zogen sie viel mehr Befriedigung aus Zeiten, die sonst unbemerkt und unterbewertet an ihnen vorüberrauschten, etwa durch den Park spazieren, von einem Kunstwerk Notiz nehmen, Tiere und Menschen beobachten.

Alles hat sich verändert

Meine Forschung zu Nahtoderlebnissen liefert uns einige der besten Belege für den Wert, den es hat, die Zeit wertzuschätzen. Ich habe beobachtet, dass Menschen, die beinahe gestorben waren, nach diesem Lebenseinschnitt das Gefühl hatten, dass die Zeit langsamer verging. Sie waren dankbarer für tägliche Erfahrungen, und sie brachten sozialen Zielen mehr Wertschätzung entgegen als produktiven Zielen. Jemand, dem auf dem Operationstisch der Herzschlag ausgesetzt hatte (viermal!), sagte mir: „Jede einzelne meiner Beziehungen hat sich verändert. Ich habe einen neuen Respekt für die Menschen, die ich liebe, und nehme nichts für selbstverständlich. Es hat mir die Augen geöffnet, wie kurz das Leben wirklich ist!“

Unsere Zeit ist viel wertvoller, als wir oft annehmen, und wir sollten in sie viel mehr investieren.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch Time Smart. How to Reclaim Your Time & Live a Happier Life von Ashley Whillans. Reprinted by permission of Harvard Management Update. Copyright © 2020 by Harvard Business Publishing; all rights reserved

Übersetzung: Thomas Saum-Aldehoff für Psychologie Heute

Ashley Whillans ist Assistenzprofessorin an der Harvard Business School. Sie forscht und berät Firmen zu Zeitgestaltung und Zufriedenheit

Die 6 größten Zeitfallen

1. Ständige Verbindung. Smartphones, Laptops und andere Produkte der Kommunikationstechnik unterbrechen uns fortwährend, fragmentieren unsere Arbeit und unsere Freizeit zu Zeitkonfetti. Sie erzeugen Stress.

2. Besessenheit von Arbeit und Geld. Menschen nehmen fälschlicherweise an, dass Geld, nicht Zeit sie glücklicher macht.

3. Unterbewertung von Zeit. Menschen schätzen den Wert ihrer Zeit nicht korrekt ein. Sie verzichten oft auf große Summen Zeit, um eine sehr geringe Summe Geld zu sparen.

4. Geschäftigkeit als Statussymbol. Menschen suchen in der Arbeit Sinn, und mit Geschäftigkeit bei der Arbeit versuchen sie, ihre Identität und ihren Selbstwert aufzupolieren.

5. Trägheitsaversion. Menschen erkennen nicht den Wert des Abschaltens, obwohl es erwiesenermaßen förderlich ist, achtsam zu sein, die Gegenwart zu genießen und nichts zu tun.

6. Verzerrte Zeitperspektive. Menschen sind überoptimis­tisch, was ihren zukünftigen Zeitvorrat angeht. Sie glauben, dass sie morgen mehr Zeit haben werden als heute. Dieser Überoptimismus verleitet sie dazu, zu viele zukünftige Verpflichtungen einzugehen.

Sind Sie ein Uhrzeittyp oder ein Ereigniszeittyp?

Wenn es um unsere Zeitplanung geht, gibt es Uhrzeittypen und Ereigniszeittypen. Eines ist nicht besser als das andere, aber zu wissen, welcher Kategorie Sie angehören, kann Ihnen bei Ihrer Zeitplanung helfen. Markieren Sie den Grad Ihrer Zustimmung zu jeder der folgenden Aussagen auf einer Skala von 1 (überhaupt nicht) bis 7 (äußerst zutreffend)

1. Wenn ich in einem bestimmten Zeitrahmen mehr als eine Aufgabe fertigstellen muss, gehe ich erst dann zur nächsten Aufgabe über, wenn ich die jetzige zufriedenstellend abgeschlossen habe.

2. Ich gehe meine Aufgaben des Tages (oder der Woche) in der Reihenfolge an, in der sie fertiggestellt werden sollen.

3. Es ist mir egal, wie lange es dauert, bis eine Arbeit fertiggestellt ist; wichtig ist, dass sie gut gemacht wird.

4. Ich gehe erst dann zu meiner nächsten Tagesaktivität über, wenn ich die vorangegangene beendet habe.

5. Ich gehe zu meiner nächsten Tagesaktivität zu einer festgelegten Uhrzeit über, auch wenn ich dann meine jetzige Aktivität abbrechen muss.

6. Wenn ich eine Aufgabe ohne Zeitlimit erledige, schaue ich auf die Uhr, um meine Kräfte einzuteilen.

7. Wenn eine Aufgabe mehrere Arbeitsschritte erfordert, lege ich zunächst fest, wie viel Zeit ich jedem Schritt widmen sollte.

8. Wenn ich einen Zeitplan für eine Aufgabe mache, halte ich mich üblicherweise daran.

9. Wenn ich mehr als eine Aufgabe erledigen muss, entscheide ich meist nach der Uhrzeit, wann ich zur nächsten übergehe.

10. Wenn ich eine Aufgabe erledigen muss, gehe ich sie dann an, wenn sie fällig ist.

11. Wenn ich eine Aufgabe erledigen muss, gehe ich sie dann an, wenn ich gerade Zeit habe.

Addieren Sie hier Ihre Punkte bei den Uhrzeittyp-Aussagen 5, 6, 7, 8, 9 und 0: ___

Addieren Sie hier Ihre Punkte bei den Ereigniszeittyp-Aussagen , 2, 3, 4, : ___

Welcher Wert ist höher? Neigen Sie eher dem Uhrzeit- oder dem Ereigniszeittyp zu?

Menschen vom Uhrzeittyp machen ihre Pläne nach der Tageszeit. Sie gehen nicht von einer Tätigkeit zu einer anderen über, weil es sich „richtig“ anfühlt, sondern weil es 3.30 Uhr ist, der Zeitpunkt, den sie sich vorgenommen haben. Sie halten sich bei der Arbeit und in der Freizeit gern an feste Routinen: „Ich treibe jeden Morgen um 6 Uhr Sport.“ Sie machen detaillierte Pläne für Verabredungen: „Unsere Reservierung ist für 20.15 Uhr. Wir treffen uns zuvor um 19.40 Uhr für einen Drink an der Bar.“

Menschen vom Ereigniszeittyp lassen zu, dass die Ereignisse ihren Zeitplan bestimmen. Wenn sie ein Meeting einberufen, dann dauert es so lang, wie es eben dauert, vielleicht 15 oder aber 90 Minuten, unabhängig vom Zeitplan. Ereigniszeitler rufen nicht um 13.30 Uhr an, sondern „nach dem Mittagessen“. Statt genaue Pläne zu machen, sagen sie: „Lass uns am Samstagabend essen gehen“, oder: „Lass uns zusammen nach Hause laufen, wenn wir hier fertig sind.“

Zeit finden

Wenn Sie Ihren Zeitwohlstand mehren möchten, dann sollten Sie erwägen, folgende Aktivitäten in Ihren Tagesablauf einzubauen:

Wenn Sie 5 Minuten haben

Listen Sie die kleinen Erledigungen auf, die anstehen, und beginnen Sie, sie abzuhaken

Schicken Sie eine Nachricht an eine Person, die Ihnen wichtig ist und die sie eine ganze Weile nicht gesprochen haben

Halten Sie nach Urlaubstagen Ausschau

Wenn Sie 10 Minuten haben

Schauen Sie sich ein entspannendes Naturvideo an

Schicken Sie eine E-Mail, in der Sie einer Kollegin, einem Familienmitglied, einem Freund Ihre Dankbarkeit ausdrücken

Notieren Sie ein Erlebnis in Ihrem Tagebuch

Wenn Sie 30 Minuten haben

Machen Sie einen Spaziergang durch die Natur oder gehen Sie kurz joggen

Machen Sie etwas Kreatives (malen, schreiben, Schmuck basteln, stricken)

Meditieren Sie

Wenn Sie einen Nachmittag haben

Lernen Sie etwas Neues

Helfen Sie Menschen in Ihrer Gemeinde

Planen Sie Ihren nächsten Urlaub

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 10/2021: Zeit finden