Perfektionsfrei leben mit diesen Übungen

Es muss nicht immer perfekt sein. Ab und zu darf es auch das komplette Gegenteil sein. Psychotherapeut Nils Spitzer schlägt folgende Techniken vor.

Die Illustration zeigt eine Frau, die in einer Hängematte chillt, die an Bleistiftspitzen aufgehängt ist.
Nicht alle Aufgaben sind perfekt erfüllt? Macht nichts. Manchmal reicht es, sich mit Dingen zufrieden zu geben. © Golden Cosmos für Psychologie Heute

Die Zeitverschwenderin, der Dilettant, die Gelassene, der Laue: Nils Spitzer skizziert in seinem Buch Perfektionismus überwinden Gegenentwürfe zu Perfektionistinnen und Perfektionisten. Und empfiehlt unter anderem diese vier Übungen, um von ihnen zu lernen.

  1. Übung im Zeitverschwenden: Bummeln und trödeln

    Missachten Sie absichtlich eine angegebene Dauer, zum Beispiel von Wegstrecken, und verschleppen und verlangsamen Sie Ihren Schritt. Tun Sie so, als würden Sie sich behäbig umsehen, bücken Sie sich und öffnen Sie Ihren Schuh, um erneut eine Schlaufe zu binden, leihen Sie sich vielleicht eine Gehilfe von der älteren Nachbarin aus oder etwas Ähnliches, um Ihre neue Langsamkeit für andere sichtbar zu legitimieren. Oder packen Sie an der Supermarktkasse die gekauften Dinge sehr gemächlich weg.

  2. Übung in vergnügter Stümperei: Den eigenen flüchtigen Interessen folgen

    Wozu haben Sie gerade wirklich Lust? Positiv am Dilettantismus ist besonders das Nichtspezialisierte und daher auch Spontane. Es folgt eher dem Wollen als dem Können und nimmt dabei disziplinäre Grenzen nicht so ernst. Versuchen Sie, für diese Übung einen Tag lang nur dem eigenen schwankenden Interesse zu folgen – aber sobald die Mühe bei einer Sache das Interesse zu überwiegen beginnt, hören Sie damit auf und wenden sich den nächsten Dingen zu, die Sie anziehen.

  3. Übung in Gelassenheit: Verzicht erwägen

    Statt schon morgens zu überlegen, welchen Zielen Sie heute auf welche Weise nachjagen wollen, überlegen Sie doch kurz, was Sie alles sein lassen können. Die Feier am Abend einfach auslassen, nicht mehr dieses Projekt vorbereiten, den geplanten Wochenendurlaub oder einen Kongress einfach absagen. Lassen Sie sich vage von Gedanken darüber berühren, dass das vielleicht alles gar nicht so wichtig ist.

  4. Übung im Lausein: Sich zufriedengeben

    Immer die Suche nach dem Besten – dem coolsten Hemd, der bestbezahlten Stelle, der repräsentativsten Altbauwohnung. Dabei ist dieses Suchen nach dem Optimum oft gar nicht die einzig mögliche Strategie. Der Laue weiß: Nur das Sichzufriedengeben unter Verzicht auf die optimale Lösung stellt eine den Grenzen des Lebens angemessene Verhaltensweise dar.

    Versuchen Sie bei dieser Übung, im Alltag kleinere Entscheidungen nach dem Modus des Sichzufriedengebens zu treffen – sichten Sie nur ein paar Angebote und entscheiden Sie nach nur ein paar Kriterien, selbst wenn Ihr Ehrgeiz danach verlangt, alle Angebote restlos zu kennen und alle Kriterien zu berechnen.

Wollen Sie mehr zum Thema erfahren? Dann lesen Sie auch folgende Artikel:

  • Wie es gelingt, den eigenen Perfektionismus in gesunde Bahnen zu lenken und sich von schlechten Seiten zu befreien in Lieber unperfekt.

  • Über Perfektionismus als Leitbild unserer Gesellschaft und was Trost dabei für eine Rolle spielt, spricht Soziologin Vera King im Interview in „Früher hatte Religion diese Funktion“.

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