Die verschiedenen Faktoren der Intelligenz

Gibt es nur die eine Intelligenz, gemessen am IQ? Louis Thurstone sah das etwas anders: 1938 zergliederte er die Intelligenz in fünf Grundfähigkeiten

Die Illustration zeigt den Forscher Louis Thurstone
Louis Thurstone versucht 1938 Intelligenz auf mehrere Primärfähigkeiten zurückzuführen. © Tim Möller-Kaya für Psychologie Heute

Menschlicher Grips hat einen gemeinsamen Unterbau. Wer mit Zahlen gut kann, ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auch im Schlussfolgern nicht schlecht oder wenn es darum geht, einen Text zu verstehen. Das ist der berühmte „g-Faktor“ des Denkens, die Berechtigung dafür, die Intelligenz eines Menschen mit einer einzigen Ziffer auszuweisen, dem IQ.

Intelligenz als Bündel von Basisfähigkeiten

Doch man kann Intelligenz auch ganz anders beschreiben, nämlich als ein ganzes Bündel von Basisfähigkeiten. Wer eine dahingezeichnete geometrische Figur mental mühelos um 90 Grad drehen kann, muss nicht zwangsläufig auch eine Wortakrobatin sein. Innerhalb des Denkens hat jede und jeder eben auch individuelle Stärken und Schwächen.

Der erste Forscher, der die Intelligenz mit mathematischen Methoden in solche separaten Talente zerlegte, war im Jahr 1938 Louis Leon Thurstone von der University of Chicago. Minuziös sammelte er die Rohwerte, die Studierende in 56 ganz unterschiedlichen Denkaufgaben erzielt hatten, und destillierte aus ihnen neun Faktoren, die er primary mental abilities nannte, Grundfähigkeiten des Verstands. Dies waren: Gedächtnis, Rechnen, Wahrnehmungsschnelle, Schlussfolgern, räumliches Vorstellen, Sprachverständnis und Sprachflüssigkeit.

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Den Nutzen seines Faktorenansatzes hatte Thurstone schon vier Jahre zuvor in seinem Aufsatz The Vectors of Mind skizziert. Die Methode könne „uns Werkzeuge an die Hand geben, um die Komplexität sozialer und psychologischer Phänomene zu reduzieren“ – auch im Hinblick auf ganz praktische Fragen, etwa bei der spezifischen Förderung in der Schule. Tatsächlich sind bis heute Intelligenztests auch jüngerer Bauart in Gebrauch, die nicht auf einen allgemeinen IQ, sondern auf das von Louis Thurstone freigelegte Ensemble von Geistesgaben zielen.

Noch mehr Meilensteine der Psychologie: Intelligenz

1998 Robert Sternberg differenziert analytische, kreative und praktische Intelligenz

1990 Mayer & Salovey führen die Emotionale Intelligenz ein

1971 Raymond Cattell unterscheidet fluide und kristalline Intelligenz

1904 Charles Spearman entdeckt den g-Faktor der Intelligenz

1886 Alfred Binet studiert schlussfolgerndes Denken

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