Die Versprechen des Arbeitgebers

Warum wir einen psychologischen Vertrag im Kopf haben und es uns nicht guttut, wenn sich die darin festgehaltenen Erwartungen nicht erfüllen.

Ein „psychologischer Vertrag“ ist kein Arbeitsvertrag, sondern darunter verstehen Psychologinnen und Psychologen diejenigen Erwartungen, Vorstellungen und Wünsche, die Teil der Arbeitsbeziehung zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen sind. Aus Sicht von Angestellten geht es dabei häufig um Möglichkeiten und Ressourcen, sich beruflich weiterzuentwickeln – diese werden als Versprechen wahrgenommen, die das Unternehmen einhalten sollte. Macht die Firma das nicht, absichtlich oder unabsichtlich, dann verschlechtert sich laut einer Studie nicht nur das emotionale Wohlbefinden der Betroffenen, sondern auch die Erwartungen hinsichtlich der eigenen künftigen Berufslaufbahn trüben sich ein.

Es stellt sich die Befürchtung ein, dass sich solche Enttäuschungen wiederholen könnten, auch nach einem Wechsel in einen anderen Job. Wer das Gefühl hat, der Arbeitgeber halte sein Versprechen nicht, wird pessimistischer in Bezug auf die eigenen beruflichen Perspektiven. Wie die Forscher zeigen, könnte das dazu führen, dass sich die Enttäuschten nicht mehr engagieren und sich zurückziehen. Das wiederum verschlechtert dann die Situation des Betroffenen im Unternehmen.

Ich fühle mich betrogen

Rund 400 Australierinnen und Australier, alle Angestellte in Unternehmen und Organisationen verschiedene Branchen, wurden zu drei Zeitpunkten innerhalb eines Jahres befragt. Dabei wurde erhoben, ob sie einen Bruch des psychologischen Vertrags erlebt hatten, etwa anhand von Items wie „ich fühle mich von meiner Firma betrogen“. Außerdem wurde erhoben, wie die Befragten ihre eigene berufliche Perspektive langfristig beurteilten, ob sie etwa den Eindruck hatten, in ihrem Unternehmen böten sich noch Chancen zur Weiterentwicklung. Die Forscher ermittelten auch, welche Rolle das Alter der Befragten dabei spielte.  

Ein psychologischer Vertragsbruch werde individuell unterschiedlich erlebt, schreiben die Autoren – er liege in gewissem Maße im „Auge des Betrachters“. Dennoch empfehlen die Forscher Unternehmen und Führungskräften, einem möglichen psychologischen Vertragsbruch vorzubeugen, etwa indem Mitarbeitern realistische Versprechen gemacht werden, was die Entwicklung in einer Firma betrifft. Ließ sich ein Bruch nicht vermeiden, so sollten Unternehmen dies betroffenen Mitarbeitern erklären und wenn möglich, andere Optionen anbieten, etwa in einem anderen Projekt mitzuarbeiten.

Hannes Zacher, Cort W. Rudolph: Relationships between psychological contract breach and employee well-being and career-related behavior: The role of occupational future time perspective. Journal of Organizational Behavior, 2020. DOI: 10.1002/job.2495

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