Jedes Wort, das sie sprach, war voll Güte und Anstand, Duldung und Liebe“, so schrieb der Dichter und Politiker Gottfried Keller im 19. Jahrhundert über seine Großmutter. Auch andere große Literaten haben ihren Großeltern ein Denkmal gesetzt, etwa Johann Wolfgang von Goethe, Jean-Paul Sartre oder Thomas Bernhard. Oft transportieren ihre Zeilen ein klassisches Bild: von der gutmütigen, großherzigen Oma, die den Kindern Geschichten vorliest und heiße Suppe serviert. Von dem weisen, gelassenen Opa, der seinem Enkel eine Angelrute schenkt und die Welt erklärt. Dieser Blick hat sich im 21. Jahrhundert wenig verändert: Noch immer wird kaum eine Bevölkerungsgruppe auf so hartnäckige Stereotype reduziert. „Es dominiert ein rosarotes Zuckerbäckerbild, das immer noch vom Biedermeier geprägt und extrem traditionell ist“, sagt der emeritierte Soziologieprofessor François Höpinger. „Die Großelternschaft wird, wenn man etwas übertreibt, als die letzte Säule des klassisch-bürgerlichen Familienmodells hochgehalten.“ Dabei habe die Diversifizierung von Lebensformen auch zu diverseren Stilen von Großelternschaft geführt. Patchwork-Konstellationen, gleichgeschlechtliche Eltern oder Scheidungen im späten Lebensalter verändern die Familienlandschaft. Und damit auch die Rolle der Großeltern.
Platz vier für die Enkel
Die Rahmenbedingungen für einen bereichernden Austausch zwischen Jung und Alt könnten in Deutschland kaum besser sein. Zwar werden Frauen heutzutage immer später Mutter (erst mit durchschnittlich 29,8 Jahren), zwar verschiebt sich die Geburt des ersten…
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