Frau Zumbach, was muss in einer Familie geschehen sein, damit das Familiengericht eingeschaltet wird und dann auch Sie als psychologische Gutachterin aktiv werden?
Sehr viel. Wenn ein Kind zum Beispiel beim Kinderarzt oder in der Kita auffällt, weil es in seiner Entwicklung verzögert ist oder verhaltensauffällig ist, dann können Arzt oder Erzieher erst einmal ein Gespräch mit den Eltern führen. Wenn das nicht hilft, können sie das Jugendamt informieren. Das unternimmt dann meist einen Hausbesuch und weist…
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das nicht hilft, können sie das Jugendamt informieren. Das unternimmt dann meist einen Hausbesuch und weist bei Bedarf eine Familienhilfe zu, die die Eltern unterstützen soll. Erst wenn es Gefährdungsmomente gibt, also Hinweise darauf, dass das Kind von den Eltern vernachlässigt, misshandelt oder sexuell missbraucht wird, kann es durch das Jugendamt zu einer Meldung bei Gericht kommen.
Und dann treten Sie auf den Plan.
Genau, das Gericht beauftragt oftmals ein psychologisches Gutachten, etwa bei mir. Meine Aufgabe ist, zu prüfen, ob die Lebensumstände das Kindeswohl gefährden oder auch wie eine drohende Schädigung des Kindes abgewendet werden kann. Ich komme aber auch bei Sorgerechtsstreits dazu und prüfe, welche Regelung dem Kindeswohl am ehesten dient.
Familiengefüge sind sehr komplex. Viele von uns verstehen ja die eigenen Eltern und Geschwister kaum. Wie soll da ein Gutachter von außen einen realistischen Überblick erhalten?
Eine familienrechtspsychologische Begutachtung dauert meist mehrere Monate, umfasst mehrere Gespräche, Beobachtungen und psychologische Untersuchungen. Falls nötig, können die Kinder in dieser Zeit durch das Jugendamt in Obhut genommen werden oder es wird ein Krisendienst eingerichtet, der die Familien jeden Tag besucht.
Der erste Schritt bei der Begutachtung ist aber, ins Gespräch zu kommen und allen die Möglichkeit zu geben, mitzuteilen, was ihnen auf der Seele liegt und wie sie die Problematik einschätzen. Das können neben Eltern und dem Kind auch andere wichtige Bezugspersonen des Kindes sein, wie Geschwister, Großeltern oder auch Lehrer. Allerdings legt das Gericht fest, wer in das Gespräch einbezogen werden soll.
Was machen Sie in Ihren Untersuchungen?
Bei dem Kind prüfen wir vor allem, wie es psychologisch entwickelt ist, also: Wie spricht, denkt oder verhält es sich? Wie ist die Interaktion mit den Eltern und anderen Personen? Gibt es Hinweise auf psychische Störungen beim Kind? Äußert das Kind eine eigene Haltung zur Problematik? Wie wir genau vorgehen, unterscheidet sich je nach Fall und ist auch abhängig vom Alter des Kindes.
Tatsächlich gibt es keine spezifischen Verhaltensmerkmale, die genau darauf hinweisen, dass ein Kind vernachlässigt, misshandelt oder missbraucht wird. Demnach haben wir auch keine psychologische Testbatterie, die herausfindet, was dem Kindeswohl am besten täte. Allerdings ist es ein wichtiger Hinweis für uns, wenn Kinder Meilensteine der Entwicklung, die ab einem bestimmten Alter zu erwarten sind, nicht erreichen und das mit der Erziehung der Eltern zusammenhängt, also nicht zum Beispiel durch eine genetische Veranlagung des Kindes zu erklären ist, der die Eltern gerecht werden.
Was können das für Verzögerungen sein?
Etwa wenn Kinder für ihr Alter noch zu wenig oder mit vielen Fehlern sprechen. Wenn sie Probleme mit Bewegungsabläufen haben, zum Beispiel beim Laufenlernen oder beim Greifen von Stiften, obwohl sie das in ihrem Alter schon können müssten. Oder auch wenn sie in ihrer sozial-emotionalen Entwicklung, also im Umgang mit Stress oder Frust abweichen.
Woran machen Sie Letzteres fest?
Bei älteren Kindern und Jugendlichen erfragen wir das direkt. Jugendliche etwa berichten dann von ihren Belastungen. Bei Jüngeren lässt sich einiges im Verhalten beobachten. Etwa wenn ein Kleinkind keine Regung zeigt, statt wie normal hinterherzurennen oder nach den Eltern zu rufen, wenn diese den Raum verlassen haben. Auffällig kann auch der Umgang mit anderen Kindern sein, etwa wenn die Kinder nur schwer Beziehungen zu Gleichaltrigen oder Erwachsenen eingehen oder aufrechterhalten können oder wenn sie Probleme im Umgang mit ihren eigenen Gefühlen zeigen und dies sich beispielsweise in aggressivem Verhalten oder Rückzug und Antriebslosigkeit niederschlägt. Nicht eine Auffälligkeit allein ist dann entscheidend, sondern eine Ansammlung davon.
Es gibt sicherlich auch Fälle, bei denen es schwer ist, zu erkennen, ob ein Kind in Gefahr ist. Etwa wenn die Misshandlung auf psychischer Ebene geschieht.
Stimmt, denn die Eltern verursachen dann keine körperlichen Spuren. Sie geben dem Kind das Gefühl, wertlos zu sein, nicht zur Familie zu gehören, bedrohen es, sperren es ein. Es erhält keine Zuwendung oder Liebe. Wir wissen mittlerweile aus der Forschung, dass die Folgen von psychischer Kindesmisshandlung oftmals weitreichender sind als die von körperlichem oder sexuellem Missbrauch. Sichtbar werden sie oft zunächst in Entwicklungsverzögerungen, häufig entstehen im weiteren Entwicklungsverlauf sehr gravierende psychische Erkrankungen.
Es ist nicht immer leicht, mit Kindern in ein Gespräch zu kommen. Wie machen Sie das?
Wir haben in unserer Praxis ein Spielzimmer, in dem wir die Kinder kennenlernen und versuchen, Vertrauen aufzubauen. Dazu gehört, ihnen altersgerecht zu erklären, wer wir sind und worum es in diesen Treffen geht. Ich sage ihnen dann, dass ich hier arbeite und keine Tante oder Freundin der Familie bin und wir uns sehen, um über Dinge in der Familie zu sprechen. Ich erkläre, dass ich wissen möchte, wie es ihm zu Hause geht und was es braucht, damit es ihm dort gutgeht.
Wichtig ist auch, ab einem gewissen Alter des Kindes anzusprechen, dass am Ende ein Richter eine Entscheidung trifft, welche Hilfe seine Familie bekommen oder wo es künftig wohnen wird. Die Situation sollte so sein, dass sich das Kind öffnen kann, wenn es das möchte. Das sage ich ihm auch: Du musst Fragen nicht beantworten, du kannst auch mitteilen, wenn du nicht mehr darüber sprechen möchtest.
Und wenn es wirklich nicht reden möchte?
Ist das auch in Ordnung. Das Ziel ist es ja, herauszufinden, wie es dem Kind geht, wie es die Situation selbst sieht und ob es in einem Konflikt steckt. Gerade wenn ein großer Streit zwischen den Eltern herrscht, ist es nachvollziehbar, wenn Kinder sagen: „Dazu möchte ich mich nicht äußern. Das sollen andere für mich entscheiden.“ Dann ist das auch ein Hinweis für uns.
Welchen Tests unterziehen sich Eltern?
Wir sprechen mit den Eltern zunächst über bestimmte Themen wie etwa Erziehung und den Alltag in der Familie. Ich lasse mir dann meist einen typischen Tagesablauf oder auch die Woche schildern und schaue: Gibt es gemeinsame Aktivitäten, Rituale am Abend beim Zubettgehen? Wie laufen Mahlzeiten ab? Haben die Kinder Aufgaben im Haushalt? Ich frage aber auch, welche Stärken und Schwächen Eltern bei ihren Kindern sehen und wie sie die bisherige Entwicklung des Kindes einschätzen.
Dann erkundige ich mich, wie die Eltern die Probleme, die zu der Begutachtung geführt haben, selbst erleben und ob sie Lösungsansätze dafür haben, vielleicht auch schon welche ausprobiert wurden. Zusätzlich holen wir Informationen etwa von Ärzten oder Jugendämtern ein. Wir führen aber auch psychologische Untersuchungen und Tests mit ihnen durch. Wir beobachten unter anderem bestimmte Situationen mit den Kindern.
Welche Situationen können das sein?
Wir schauen uns zum Beispiel an, wie Eltern und Kind im Spielzimmer miteinander umgehen. Eine klassische Situation wäre: Das Kind spielt und ihm gelingt etwas nicht. Dann ist es gestresst, vielleicht auch frustriert. Die Frage ist: Wie reagieren die Eltern auf eine solche Situation? Gelingt es ihnen, dem Kind dabei zu helfen, aus dieser emotionalen Situation herauszukommen und sie konstruktiv zu lösen? Oder ignorieren sie den Frust des Kindes? Lassen sie es allein mit dem Problem? Oder verstärken sie durch ihr Verhalten den Frust sogar? Von einem Mal lässt sich natürlich nicht alles ableiten. Wir schauen daher, wie häufig das passiert und wie gut es Eltern und Kind gelingt, aus solchen Situationen herauszukommen.
Und die Familien machen all die Gespräche und Tests mit?
Begutachtungen sind immer freiwillig und transparent. Wenn Personen zu uns kommen, egal ob Eltern oder Kinder, erklären wir immer, wer wir sind, welche Schritte wir gehen und dass alles freiwillig ist. Das bedeutet, sie können auch nicht kommen, sie können einzelne Teile der Begutachtung ablehnen oder auf einzelne Fragen nicht antworten. Wenn sie nicht mit uns zusammenarbeiten möchten, dann müssen sie das auch nicht, und das sollten sie wissen. Andererseits legt das Gutachten meist eine bedeutsame Grundlage für das Urteil im Gerichtsverfahren.
Haben Sie schon erlebt, dass keiner mit Ihnen sprechen wollte?
Eltern, die sich partout nicht begutachten lassen wollen und nicht zu den Terminen erscheinen – das ist eher selten. Denn die Eltern wissen: Es geht um etwas, nicht selten um das Sorgerecht für die eigenen Kinder. Natürlich erscheinen manche Eltern mit einer großen Abwehr. Gerade beim Verdacht auf Kindeswohlgefährdung sind sie ja nicht freiwillig Teil des Gerichtsverfahrens. Aber auch bei Sorgerechtsfällen erlebe ich manchmal Abwehr. Es ist dann wichtig, die Eltern in ihrer Skepsis ernst zu nehmen. Ich frage in solchen Fällen nach, mit welchen Befürchtungen und Ängsten sie zu mir kommen. Und erkläre ihnen, welche Rechte sie haben und was im Gegenzug von ihnen erwartet wird.
Wenn sie zur Begutachtung kommen, ist aber im Grunde der erste Schritt schon getan. Manche erleben es dann sogar als Erleichterung, dass sie nun einer objektiven Person ihre Perspektive schildern können und was ihnen persönlich wichtig ist – und zwar in einem Umfang, der sonst oft nicht möglich ist. Ich sehe es so: Jede Begutachtung ist auch eine Chance und kann das Ende eines sehr langen, belastenden Konflikts sein.
Welches Gewicht haben Ihre Gutachten?
Nach meiner bisherigen Erfahrung ein großes. In den meisten Fällen folgen die Gerichte den Gutachten. Das liegt daran, dass Richter nur Sachverständige hinzuziehen, wenn sie eine psychologische Expertise explizit wünschen. Diese wird dann in hohem Maße berücksichtigt.
Gibt es einen Fall aus den vergangenen Jahren, der Ihnen besonders präsent ist, weil er Sie nicht loslässt? Wo Sie mit ungutem Gefühl zurückgeblieben sind?
Keinen konkreten. Aber ich habe immer mal Fälle erlebt, bei denen man sich in einem Grenzbereich bewegt. Bei denen man abwägen muss: Was ist die geringere Belastung? Ist es besser, trotz der dauerhaften Probleme das Kind bei den Eltern zu lassen? Oder lieber durch Herausnahme den Lebensort zu wechseln und die damit verbundene Belastung hinzunehmen? Das ist oft gar nicht so leicht. Da geht es nicht darum zu sagen: Wie geht es dem Kind am besten? Sondern: Was ist für das Kind weniger schlimm?
Erinnern Sie sich an Fälle, in denen Ihre Einschätzung sichtbar Gutes bewirkt hat?
Ja, das gibt es zum Glück. Es ist schon jedes Mal ein Erfolg, wenn die Perspektive des Kindes und dessen Bedürfnisse wieder im Mittelpunkt stehen. Durch die langanhaltenden Konflikte und Probleme der Familien gerät das oft in den Hintergrund. Ein Beispiel dafür ist mein letzter Fall. Es ging um einen fünfjährigen Jungen. Anfangs lebte er mit beiden Eltern, dann bei der Großmutter. Die Mutter war zur Geburt des Kindes noch minderjährig. Der Vater saß aktuell in Haft. Als er kurz vor der Entlassung stand, beantragte er das Sorgerecht für den Jungen. Ich wurde dann hinzugezogen.
Was haben Sie festgestellt?
Ich habe ein klassisches Gutachten erstellt und war zu Gericht geladen, wo auch Familienhelfer und Jugendamt dabei waren, denen ich berichtete, wie es diesem Jungen ging und vor allem was er brauchte. Der Junge hatte starke Verzögerungen in seiner Entwicklung. Er konnte nicht mal Stifte richtig halten oder sich artikulieren, hatte Probleme in Aussprache und Wortschatz. Er konnte sich kaum auf andere Menschen einlassen oder eine Aufgabe in Ruhe erledigen. Er brauchte dringend Förderung. Alle Beteiligten hörten das zum ersten Mal in dieser umfassenden Form und nahmen sich dieser Probleme an. Die Bedürfnisse des Jungen standen zum ersten Mal wieder im Mittelpunkt.
Wie ging es mit dem Jungen denn weiter?
Das war tragisch. Am Ende war der Vater nach der Haft nicht mehr erreichbar, hatte auch keine Meldeadresse mehr und ist zur Gerichtsverhandlung nicht erschienen. Er hat kein Interesse mehr an seinem Sohn gezeigt. Damit war der Antrag des Vaters auf das Sorgerecht obsolet.
Also kam der Junge wieder zur Mutter?
Nein. Die junge Mutter war zur Verhandlung von einem anderen Mann schwanger. Mutter und Ungeborenes zogen in eine Mutter-Kind-Einrichtung. Der Junge lebte zum Begutachtungszeitpunkt noch bei der Großmutter, bekam dort jedoch nicht das nötige Maß an Unterstützung, um seinen Entwicklungsverzögerungen zu begegnen. Meine Empfehlung lautete daher, das Kind in ein Zuhause zu geben, in dem es sicher ist und gefördert wird und in dem ihn jemand regelmäßig zu den Hilfsangeboten bringt. Bei beiden Elternteilen und der Großmutter war dies nicht im ausreichenden Maße gewährleistet. Ich habe eine Herausnahme aus der Familie empfohlen. Ohne das hätte der Junge mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gravierende Entwicklungsschäden davongetragen.
Wenn Sie von den Begutachtungen berichten, stellen sich viele vor allem sozial benachteiligte Eltern à la Super Nanny und Frauentausch vor. Ist das denn so?
Nein, Kindeswohlgefährdung tritt in allen gesellschaftlichen Schichten auf. Ebenso wie sich Eltern auch in allen gesellschaftlichen Schichten trennen. Die Menschen, mit denen ich gearbeitet habe, bilden einen Querschnitt der Gesellschaft. Gleichzeitig treten typische Risiken für Kindeswohlgefährdung in bestimmten gesellschaftlichen Schichten gehäuft auf.
Wenn nicht nur aus prekären Verhältnissen heraus, warum handeln Eltern so, dass sie das Wohl ihres Kindes gefährden?
Einer der wichtigsten Risikofaktoren sind psychische Erkrankungen der Eltern oder eigene Erfahrungen mit Misshandlung in der Kindheit. In der Begutachtung schauen wir daher dort genau hin. Denn letztlich möchten wir auch Ansatzpunkte für eine Veränderung finden, schauen, wo Ressourcen sind.
Also geht es auch darum, den Eltern zu helfen.
Ja, es geht immer darum, auch Hilfemaßnahmen für sie zu entwickeln und zu empfehlen. Was brauchen die Eltern, um in ihrem Erziehungsauftrag unterstützt zu werden? Das können therapeutische Maßnahmen sein oder auch Erziehungsberatung, Familienhelfer oder der Umzug in eine Eltern-Kind-Einrichtung. Letztlich ist es auch eine Hilfemaßnahme, das Kind aus der Familie zu nehmen und in einer Pflegefamilie oder einer Pflegeeinrichtung unterzubringen. Eine Maßnahme, die man allerdings am Ende der Skala findet. Die Kinder von ihren Eltern zu trennen ist nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise begegnet werden kann. Denn hier zerbrechen Beziehungen, und das ist eine schwierige Situation für die Kinder.
Haben Eltern bei der Suche nach Lösungen ein Wort mitzureden?
Ja, es ist das Optimum, wenn Eltern eigene Lösungsansätze einbringen, und sie haben immer Gelegenheit dazu. Allerdings müssen wir prüfen, ob das zur Abwendung der Gefahr ausreicht. Manchmal erhalten wir auch konkret vom Gericht den Auftrag, gemeinsam mit den Eltern nach der Begutachtung eine Lösung zu erarbeiten, die als Vorbereitung für die Gerichtsverhandlung dient. Ich bevorzuge dieses Vorgehen in vielen Fällen. Denn dabei können Gutachter den Eltern ihre Befunde ausführlich darlegen und ihnen in Ruhe erklären, was es aus psychologischer Sicht für Probleme gibt und wie es dem Kind geht. Das ist für die Eltern oft einfacher zu verstehen als ein mehrseitiges schriftliches Gutachten. So können gemeinsame Lösungsansätze entstehen.
Erleben Sie nach harten Gerichtsurteilen auch Anfeindungen?
Nein, das habe ich noch nie erlebt. Sehr traurige und enttäuschte Eltern hingegen schon. Aber dass diese Verfahren sehr emotional besetzt sind, liegt in der Natur der Sache. Wenn im engsten Familienkreis Beziehungen zu zerbrechen drohen, dann ist das für jeden eine Belastung.
Weshalb entstand erst 2018 eine Professur zu diesem Gutachterbereich?
Die Familienrechtspsychologie wurde seitens der Wissenschaft lange stiefmütterlich behandelt. Als vor ein paar Jahren massive Kritik an einzelnen Gutachten und deren methodischer Qualität aufkam, stellte man fest, dass es in vielen Bereichen zu wenig Forschung gibt, zu wenig wissenschaftliche Erkenntnisse, auf denen die Empfehlungen der Sachverständigen fußen können. Daraufhin wurden zunächst Standards für die psychologische Expertise bei Gericht entwickelt und gesetzlich neu geregelt, welche berufliche Qualifikation ein Sachverständiger mitzubringen hat. Schließlich wurde eine neue Professur eingerichtet, um das Gebiet mit mehr Forschung und Fachpersonal zu versehen. Aber noch immer gibt es in Deutschland zu wenige gut ausgebildete Gutachterinnen und Gutachter, zu wenig Empirie.
Dr. Jelena Zumbach ist Juniorprofessorin für Familienrechtspsychologie an der Psychologischen Hochschule Berlin und zertifizierte Fachpsychologin für Rechtspsychologie