Die Vorstellung, sich psychologisch mit James Bond zu befassen, hätte man in den 1960er Jahren noch für einen Witz gehalten. Umberto Eco, der sich als einer der Ersten an einer Analyse von 007 versuchte, erklärte die Bond-Geschichten zu reinem Formelwerk nach dem Baukastenprinzip – für die Psychologie gänzlich uninteressant.
Dabei verfügt der erste Bond-Roman, in dem Ian Fleming seinen Helden auf die Welt loslässt (Casino Royale, 1953), durchaus noch über einen character arc, also eine Art Figurendynamik. Der gerade frisch in die Doppelnullabteilung eingetretene James Bond besiegt den Agenten Le Chiffre beim Baccara, wird aber von seiner Kollegin Vesper Lynd, der er schon einen Heiratsantrag machen wollte, verraten. Diese emotionale Narbe muss dann in allen folgenden 007-Geschichten als Erklärungsmuster dafür herhalten, weshalb Bond so ein mürrischer, frauenverachtender Kerl fürs Grobe ohne jeglichen Tiefgang ist. Dabei befolgt er nur den Tipp, den ihm sein Kontaktmann Mathis in Casino Royale zum Abschied mitgibt: „Werden Sie mal bloß nicht zu menschlich! Wo Sie doch so eine tolle Maschine abgeben.“
Ein sinnloses Ansinnen
Wenn die James-Bond-Geschichten, wie Eco vermutet, keine psychologisch stimmigen Erzählungen, sondern gut ausgetüftelte Spiele mit vertrauten Abläufen sind, liegt es natürlich nahe, diesem Agenten nicht mit demselben Werkzeug zu Leibe zu rücken wie etwa den tragischen Helden von Shakespeare, die ja längst nach allen Regeln der Kunst durchleuchtet und psychoanalysiert worden sind. Nicht nur Umberto Eco hielt das für ein sinnloses Ansinnen.
Andere Deutungsansätze lassen den Schematismus links liegen, kommen aber zu einem ähnlichen Ergebnis: James Bond, so heißt es, sei eben nicht mit menschlichen Maßstäben beizukommen, weil er ein Übermensch ist. Einer, der aufgrund göttlicher Fügung (oder dank eines wohlmeinenden…
Den kompletten Artikel können Sie bei uns kaufen oder freischalten.