Maske tragen ist cool

Forschende verglichen zwei Fragestrategien, um die „soziale Erwünschtheit“ der Schutzmaßnahmen gegen Ansteckung mit dem Coronavirus zu testen.

Der „sozialen Erwünschtheit“ erliegen viele, wir reden zum Beispiel nicht gern über Fehler, weil wir uns nicht in schlechtes Licht rücken möchten und betonen lieber, was wir richtig machen. Das gilt auch in der psychologischen Forschung: Versuchspersonen geben nicht an, was sie tatsächlich tun, sondern was sie glauben, was richtig ist – auch wenn sie anonym bleiben und auch, wenn sie die Forschenden bei Onlinebefragungen nicht persönlich treffen. Wie verhält sich das, wenn man Menschen danach fragt, ob sie Coronaschutzmaßnahmen umsetzen? Sie sind nur ehrlich, wenn man eine bestimmte Fragetechnik nutzt, die ihnen hilft, das Gesicht zu wahren und sich nicht schuldig zu fühlen, das zeigt jetzt eine Studie mit Befragten aus zwölf Ländern. Die Stichproben umfassten je nach Land 1000 oder 2000 Befragte. Dort, wo diese Technik eingesetzt wurde, lag die Quote derer, die zugaben, sich nicht zu schützen, deutlich höher. 

Die Schlussfolgerung: Offenbar habe sich inzwischen der Gedanke oder eine neue Norm durchgesetzt, dass es sinnvoll sei, Masken zu tragen und Abstand zu halten. Es gelte überwiegend als erwünscht und richtig und die, die es nicht tun, möchten dies nicht kommunizieren, auch nicht Forschenden gegenüber. 

Fehler nicht zugeben müssen

Will man also feststellen, wie häufig ein sozial als unerwünscht bewertetes Verhalten tatsächlich ist, so schreiben die Forschenden, sollte man eine Fragetechnik nutzen, die als guilt-free oder auch face-saving-strategy bezeichnet wird. Dabei wurde eine kurze Präambel verfasst, die die Teilnehmenden vor dem Ankreuzen lesen sollten. In dieser hieß es, einige Menschen hätten seit dem Beginn der Pandemie „ihr Verhalten geändert“, andere nicht. Einige „wollten“ ihr Verhalten ändern, könnten es aber nicht. Dem schloss sich die Frage an: „Wie oft sind Sie einer der folgenden Aktivitäten in der vergangenen Woche nachgegangen?“ Den Probandinnen und Probanden sollten dies dann für verschiedene Aktivitäten angeben, etwa wie häufig sie im Bus oder in der Bahn unterwegs waren, ohne Maske zu tragen oder privat Bekannte und Freunde getroffen hatten, ohne sich zu schützen. Die Kontrollgruppen wurden hingegen direkt gefragt: „Sind Sie in der vergangenen Woche einer der folgenden Aktivitäten nachgegangen?“ Als Auswahlmöglichkeiten waren „ja“ oder „nein“ angegeben.

Dort, wo die face-saving-strategy eingesetzt worden war, lag in allen Stichproben die Zahl derer, die von Verstößen gegen die Maßnahmen berichtete, signifikant höher. Das Phänomen der sozialen Erwünschtheit in Befragungen zu vermeiden, sei gerade bei Themen wie diesen wichtig, argumentieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Direkte Beobachtungen seien nicht möglich, etwa wenn es darum gehe zu erfassen, ob sich Menschen privat treffen und sich dabei nicht vor Ansteckung schützen. Fragenformulierungen, die helfen, bei Befragungen auch Unangenehmes anzugeben, etwa ein schlechtes Selbstwertgefühl oder soziale Angst, sind in der psychologischen Forschung schon lange Standard.

Jean-Francois Daoust u. a.: A guilt-free strategy increases self-reported non-compliance with COVID-19 preventive measures: Experimental evidence from 12 countries. PLOS ONE, 2021. DOI: 10.1371/journal.pone.0249914

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