Über Depressionen wird seit langem berichtet und aufgeklärt. Doch noch immer sind sie mit einem Stigma behaftet. Schwer Erkrankte haben darunter jedoch nicht mehr zu leiden als leichter Betroffene. Das fanden der Medizinsoziologe Olaf von dem Knesebeck und die Humanbiologin Anna C. Makowski von der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf nun in einer Studie heraus. Sie befragten per Telefon eine nationale Stichprobe aus rund 1000 Deutschen.
Die Forscherin und der Forscher präsentierten den Teilnehmenden jeweils eine kurze Fallgeschichte, in der eine depressive Person beschrieben war, mit leichten, mittleren oder schweren Symptomen. Die Fallbeispiele waren von Psychiatern und klinischen Psychologinnen anhand des psychiatrischen Diagnosemanuals ICD-10 erarbeitet worden.
Anschließend erhoben die beiden, für wie „berechenbar“, „schwach“ oder „inkompetent“ die Personen in den Vignetten gehalten wurden. Außerdem fragten sie, inwieweit die Probandinnen und Probanden „ärgerlich“ oder „gereizt“ auf die beschriebenen Personen reagieren würden und ob sie diese als Nachbarin, Schwiegervater, Kollegin oder in weiteren Rollen akzeptieren würden.
Beim Ausmaß der Stigmatisierung spielte die Schwere der Symptome im Durchschnitt keine Rolle, mit zwei Ausnahmen: Bei einer leicht erkrankten Person stimmte die Hälfte der Befragten der Aussage zu, diese sei „schwach“. Über die schwer Depressiven stimmten besonders viele dem Satz zu, sie würden ihnen ihr eigenes Kind nicht anvertrauen.
Literatur
Anna C. Makowski, Olaf von dem Knesebeck: Public depression stigma does not vary by symptom severity. Journal of Mental Health, 2022. DOI: 10.1080/09638237.2021.2022626