In einer Hand den Stift, auf den Oberschenkeln die Schreibunterlage, so sitzt er da in seinem bequemen Stuhl, der Psychotherapeut. Verständnisvoll und ernst blickt er herüber, dann lächelt er, nickt und sagt: „Wenn ich richtig verstehe, dann …“ Nun wiederholt er, was sie soeben gesagt hat. Und tatsächlich, in seinen eigenen Worten sagt er genau das, was sie gemeint hat. Was für ein Mann! Er kann zuhören, hat für alles Verständnis, wirkt nie verunsichert, und wenn er etwas wiedergibt, dann trifft er den Nagel auf den Kopf. Sie fühlt sich grenzenlos verstanden.
So oder ähnlich klingt es, wenn Klientinnen davon berichten, dass sie sich irgendwann in ihren Therapeuten verliebt hätten, weil dieser all ihren tiefen Sehnsüchten zu entsprechen schien. Er habe einfach wie der perfekte Partner für sie gewirkt. Sie schmeicheln ihm und versuchen, ihn immer mehr in private Gespräche zu verstricken. Bis sie ihn schließlich zum Geburtstagsfest einladen.
Doch was tut er? Sachlich fragt er danach, was es für sie bedeutet, ihn auf dem Geburtstagsfest dabei zu haben. Hat der Mann denn über all die Monate nichts mitbekommen? Dann erklärt er der Klientin, dass sich seine Teilnahme an ihrer privaten Feier therapeutisch verbiete. Hat er denn gar keine Gefühle für sie? Hat er die ganze Zeit seine Zuneigung nur gespielt?
Für verliebte Klienten in einer Psychotherapie ist es oft nicht leicht zu verstehen, warum die Zugewandtheit des Therapeuten eben nicht für eine Verliebtheit steht, sondern dass es sich um eine professionelle Zugewandtheit handelt. Mehr noch: Ein wie auch immer geartetes „Verhältnis“ zu…
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