Thomas ist tot. Ein paar Jahre mehr als sechzig ist er geworden. Sein Sterben hat lange gedauert, zu viel Zeit brauchte es, bis sein massiver Körper in die Knie gezwungen war. Sein Herz war noch so jung, sagt man wohl und meint dabei doch auch, dass noch so viel ungelebtes Leben in ihm war, von dem er in seinem Sterben Abschied nehmen musste. Über eine entfernte Bekannte hatte er vor Jahren zu mir gefunden. Seine großmütige Art und sein Humor, der eine kleine männerbündelnde Seite miteinschloss, zeichneten ihn aus.
Er war verzweifelt, weil er beim Verkauf seines gutgehenden Unternehmens über den Tisch gezogen worden war. Die Geschäftspartner rissen alles sofort an sich und seine Zeit als Berater in der früher eigenen Firma fiel ins Wasser. Zum ersten Mal in seinem Berufsleben konnte er nicht mehr aus dem Vollen schöpfen und seinem luxuriösen jazzseligen Leben nachgehen. Wir arbeiteten daran, dass er sich in seinem neuen, sehr bescheidenen Leben zurechtfinden konnte.
Er musste vor allem sich selbst verzeihen. Er war ein schlauer Mann und dennoch war er so unvorsichtig gewesen, diesen Geschäftsleuten zu sehr zu vertrauen, anstatt sich durch druckfeste Verträge abzusichern. Er fand in dieser kurzen ersten Sequenz unseres therapeutischen Prozesses einen neuen Job und schaffte es als Berater, eine kleine Firma wieder überlebensfähig zu machen. Eine zugetane alte Schulfreundin überließ ihm eine kleine Hütte vor den Toren Hamburgs, so dass sein monatlicher Finanzbedarf auf ein Minimum reduziert wurde.
Wir sahen uns für ein paar Jahre nicht mehr. Beim ersten erneuten Zusammentreffen kam ein veränderter Mann durch die Tür. Die Blickdiagnose ließ mich innerlich zusammenkrampfen: Thomas litt sichtbar unter einem Morbus Parkinson. Kleinschrittigkeit, Schüttellähmung mit Betonung der rechten,...
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