„Der Mensch besteht aus Körper, Geist und Seele. Diese drei Aspekte des Menschseins stehen in gegenseitiger Wechselwirkung und bilden eine Einheit“, sagt der vor zwei Jahren verstorbene Arzt und Psychotherapeut Michael Tischinger in seinem Buch Auf die Seele hören. Wegweiser in ein selbstbestimmtes Leben. Ihm zufolge leidet die menschliche Seele an individuellem Stress, an Entmenschlichung, Überforderung, Verletzungen, zu wenig zwischenmenschlichem Halt, mangelnder Unterstützung und Liebe. In dieser immer schneller werdenden Zeit buhlten Werbetexte, Nachrichten, ständig neue Informationen ohne Unterlass um unsere Aufmerksamkeit. Wie kann man sich diesem Dauerbeschuss entziehen? Der Autor empfiehlt, wieder mit der Seele in Kontakt zu treten, die oft laut rufe – oder gar Krankheiten schicke. Wie man den inneren Kompass wiederentdecken kann, zeigt Tischinger anhand vieler Erfahrungsberichte und leicht durchzuführender Übungen. Achtsamkeit und Geduld seien notwendig, um wieder mit der eigenen Seele in Berührung zu kommen.
Im Leben eines jeden gibt es mehr oder weniger schwere Krisen. Tischinger bezeichnet solche Krisen als „göttliche Störung“, da sie einen oft aus dem Alltagstrott herausholten, einen aufrüttelten und vielleicht erstmals wieder richtig lebendig werden ließen. Häufig verstünden wir nicht, warum das „Schicksal“ derart zugeschlagen hat, erst in der Rückschau würde dann klar, wie wir an der Krise gewachsen seien. Tischingers Buch ist sehr persönlich geschrieben und angenehm zu lesen und könnte für viele ein Anfang sein, sich auf einen selbstbestimmten, glücklichen Weg zu begeben.
Silvia Friedrich
Michael Tischinger: Auf die Seele hören. Wegweiser in ein selbstbestimmtes Leben. Herder, Freiburg i.Br. 2019, 240 S., € 20,–