Für andere im Einsatz

Subjektiv empfanden Rettungskräfte in einer Studie weniger Stress als Büroangestellte. Doch die physiologischen Werte sagten etwas anderes.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Rettungsdienstes berichteten in einer Studie von deutlich weniger beruflichem Stress als Büroangestellte. Zugleich waren jedoch die physiologischen Stresswerte der Rettungskräfte, etwa ihr Cortisolspiegel und verschiedene Immunwerte, signifikant höher. Forscherinnen und Forscher fanden auch, dass sie stärker unter Sorgen, sozialer Isolation, negativen Affekten und emotionaler Erschöpfung litten und von der Arbeit weniger gut abschalten konnten und ein höheres Burnoutrisiko hatten als die Büroangestellten.

Auch stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, dass die Rettungskräfte in höherem Ausmaß auf diverse Copingstrategien zurückgriffen, um Belastungen zu kompensieren. Diese Diskrepanz zwischen subjektiv erlebtem und physiologisch gemessenem Stress könnte darauf hinweisen, dass die Rettungskräfte ihren Stress offenbar ignorierten, schreibt das Forscherteam.

Die Stichprobe umfasste 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus vier Leitstellen eines Rettungsdienstes sowie 16 Frauen und Männer, die in Büros arbeiteten, alle zwischen 18 und 55 Jahre alt. Bei allen wurden an einem Arbeitstag die Cortisol- und Immunwerte am Morgen vor der Arbeit erhoben. Bei den Rettungskräften wurden zudem die EKG-Werte (Herzmuskelaktivitäten) während einer 24-Stunden-Schicht erfasst. Darüber hinaus füllten die Teilnehmenden eine Reihe von wissenschaftlichen Fragebögen aus, wie sie Stress subjektiv erlebten. Zudem wurde auch erhoben, wie sie mit Belastungen umgingen und welche Strategien sie dabei einsetzten, etwa Ablenkung, eine neue Bewertung (reframing) oder sich bemühten, eine Situation zu akzeptieren wie sie war. Weiter fragten die Forschenden, ob die Befragten Alkohol tranken, dazu neigten, sich bei Problemen selbst zu beschuldigen und ob sie soziale oder professionelle Unterstützung hatten. Als eine besondere psychische Belastung erwiesen sich, wenig überraschend, ungeplante Notfalleinsätze, wie es sich anhand der Auswertungen der EKG-Messungen belegen ließ. 

Die Autorinnen und Autoren weisen darauf hin, dass es auf Dauer der Gesundheit schade, Stress zu ignorieren. Gesünder sei es, ihn zu erkennen und mit speziellen Maßnahmen des Stressmanagements und der Selbstfürsorge entgegen zu wirken. Empfohlen wird, dass die Arbeitgeber, die Trägern der Rettungsdienste, ihren MItarbeiterinnen und Mitarbeitern noch mehr vermitteln und sie entsprechend schulen könnten. 

Corinna Peifer u. a.: Low self-reported stress despite immune-physiological changes in paramedics during rescue operations. EXCLI Journal 2021. DOI: 10.17179/excli2021-3617

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