„Angst ist die emotionale Begleiterin des Kriegs“

Psychologinnen und Psychologen in Rumänien entwickelten einen wissenschaftlichen Fragebogen speziell über die Angst vor Krieg.

Angst sieht man Menschen nicht auf den ersten Blick an. © stock-eye/Getty Images

Angst ist nach der Definition der American Psychological Association (APA) eine „intensive Basisemotion“. Sie entstehe, weil eine Bedrohung identifiziert wurde, die innerhalb von kurzer Zeit Wirklichkeit werden könnte. Angst gehe einher mit einer unmittelbaren körperlichen Alarm-Reaktion, die den ganzen Organismus mobilisiere und dabei eine Reihe von physiologischen Veränderungen nach sich ziehe. Evolutionspsychologisch gesehen erhöhe Angst in den meisten Fällen die Chance zu überleben. Auf dieser Definition basiert ein neuer wissenschaftlicher Fragebogen zur Angst vor dem Krieg, über den die Psychologinnen und Psychologen aus Rumänien berichten, einem der Nachbarländer der Ukraine.

Das Forschungsteam testete und validierte den Fragebogen an insgesamt 722 rumänisch und ungarisch sprechenden Personen aus Rumänien und Ungarn. Bei der Entwicklung griffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Items aus vorhandenen Angst-Fragebögen zurück, die etwas angepasst wurden. Der Fragebogen enthält Items, in denen verschiedene Aspekte der Angst vor Krieg behandelt werden, etwa: „Ich habe das Gefühl, mich auf nichts mehr freuen zu können“, „Ich glaube, der Krieg wird sehr lange dauern“. Dazu gehört auch die Angst davor, Angehörige zu verlieren, die Angst vor Unsicherheit, Kontrollverlust, Angst vor der Zukunft, Angst davor, dass die Welt kein sicherer Ort mehr ist, Angst vor einem Atomkrieg, Angst, dass der Krieg auf das eigene Land übergreift. Gefragt wird außerdem nach körperlichen Anzeichen, etwa schnellerer Herzschlag, Unruhe oder Übelkeit.

Angst kann chronisch werden

Die Forscherinnen und Forscher schreiben, dass Angst als Persönlichkeitseigenschaft oder aber als ein vorübergehender Zustand gedeutet werden könnte. Wenn Angst ihren Zweck der Anpassung nicht erfülle, könne sie Vermeidungsverhalten auslösen und so zu dauerhaften Stressreaktionen des Körpers führen, die dessen Ressourcen nach und nach erschöpften. Letztlich könne Angst sich in toxischen Stress verwandeln. In Zusammenhang mit einem Krieg könne Angst ganze Gesellschaften befallen, unabhängig von Status oder Alter Einzelner. Die Psychologinnen und Psychologen schreiben: „Angst ist die emotionale Begleiterin des Kriegs“. Zudem beziehe sie sich nicht nur auf Leben und Tod, sondern auch auf wirtschaftliche und finanzielle Konsequenzen von Kriegen. Wenn man die Items verschiedener wissenschaftlicher Fragebögen kombiniere, ermögliche es die neue Skala es auch zu vergleichen, ob sich das Ausmaß der Angst von Menschen verändere oder ob Angststörungen zugenommen hätten.

Kinga Kalcza u. a.: The fear of war scale (FOWARS): development and initial validation. PsyArXiv, 2022. DOI: 10.31234/osf.io/sfz2v

Artikel zum Thema
Eine Studie bestätigt, dass schon Jugendliche und junge Erwachsene eine Verschwörungsmentalität zeigten, am häufigsten 18-Jährige.
Stau im Tunnel, fremde Leute auf Partys, die allgemeine Weltlage: Vieles wirkt gerade bedrohlich. Diese Strategien helfen, mit Angst fertig zu werden.
Negative Emotionen und eine pessimistische Einstellung machen Prüfungsangst schlimmer. Und zwar egal, wie frühere Noten ausgefallen sind.
Anzeige
Psychologie Heute Compact 79: Das Leben aufräumen