Was macht denn nun zufrieden?

​Psychologie nach Zahlen: Kinder, Geld und mehr – 6 Dinge, die (meistens) zu einem glücklichen Leben beitragen. ​

Die Illustration zeigt einen Mann, der entspannt auf einer Wiese liegt und ein Buch liest
Erholung und Zeit für sich selbst sind eine Zutat für mehr Zufriedenheit. © Till Hafenbrak

1 Kinder

Machen Kinder glücklich? Es kommt darauf an, lautet die Antwort eines Forschungsteams vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock und der Universität von Western Ontario in Kanada. Sie unterzogen Daten aus dem deutschen Sozio-oekonomischen Panel und dem British Household Panel Survey, bei denen die Zufriedenheit von über 7000 befragten Personen von der Geburt der ersten Kinder an über einen längeren Zeitraum hinweg verfolgt worden war, einer aufwendigen Datenanalyse.

Es stellte sich heraus, dass bei sehr jungen Eltern die Zufriedenheit schon vor der Geburt des Kindes erst steigt und dann wieder sinkt. Zum Zeitpunkt der Geburt ist sie dann meist wieder beim Ausgangslevel angekommen. Auch bei 23- bis 34-jährigen Müttern und Vätern nimmt die Zufriedenheit während der Schwangerschaft zunächst zu, nach der Geburt fällt sie aber sehr schnell auf das ursprüngliche Niveau und sogar bis unter diesen Ausgangswert. Nur bei Eltern, die bei der Geburt älter als 34 Jahre alt sind, bleibt der Zufriedenheitspegel nachhaltig höher als vor der Geburt des Kindes. Der Effekt verflüchtigt sich mit der Zahl der Kinder. Schon ein drittes Kind wirkt sich nicht mehr positiv auf das Wohlbefinden aus.

2 Geld

Immer wieder gern untersuchen Psychologen den Einfluss des Einkommens auf das Glücksgefühl. Generell lässt sich sagen, dass ein höheres Einkommen die Zufriedenheit steigert. Ab einer bestimmten Grenze ist allerdings Schluss. Das zeigten jetzt wieder amerikanische Wissenschaftler in einer aktuellen Studie. Sie nutzten dabei die Daten des Gallup World Poll, einer weltweiten Erhebung, bei der 1,7 Millionen Menschen ab dem Alter von 15 Jahren befragt worden waren. Danach liegt der Sattelpunkt der Zufriedenheit, weltweit betrachtet, bei einem Jahreseinkommen von 95 000 US-Dollar, also ungefähr 76 000 Euro.

Jenseits davon bringt noch mehr Geld nicht mehr Zufriedenheit. Von Land zu Land unterscheidet sich dieser Sattelpunkt allerdings. In Skandinavien zum Beispiel liegt er überdurchschnittlich hoch. Mit viel weniger sind seltsamerweise die Deutschen zufrieden, ihnen reicht schon ein Jahreseinkommen von weniger als 50 000 Euro zur vollsten Zufriedenheit aus. Im weltweiten Vergleich brauchen Männer angeblich den Betrag von 90 000 US-Dollar, mehr Geld würde sie nicht zufriedener machen. Für Frauen liegt dagegen die Messlatte bei 100 000 US-Dollar.

3 Zeit für sich selbst

Wer glaubt, dass er mehr Erholung braucht, fühlt sich unwohl. Dagegen halten sich ausgeruhte Menschen für gesund und zufrieden. Das ergab der Rest Test, eine Onlinebefragung von gut 18 000 Menschen aus 134 Ländern, die von Psychologen der Universität von Durham und der BBC initiiert wurde. Mehr als zwei Drittel der Befragten wünschten sich in ihrem Leben mehr Ruhe und Erholung. Erhellend sind die Antworten auf die Frage, welche Beschäftigungen am erholsamsten sind.

An erster Stelle steht mit 58 Prozent ein Buch lesen, dann folgt spazieren gehen in der Natur und an dritter Stelle der Wunsch, für sich zu sein. Laut den Studienleitern lässt sich der Grund, warum Menschen gerne allein sind, auch aus den Antworten der Befragten erklären. Denn die Abgeschiedenheit mache es ihnen möglich, sich auf ihren körperlichen und emotionalen Zustand zu fokussieren. Etwa fünf bis sechs Stunden Ruhe – über den Tag verteilt – scheinen für das Wohlbefinden am förderlichsten zu sein. Dagegen fällt der Wohlfühlindex wieder ab, wenn man sich noch länger ausruhen kann.

4 Andere Menschen

Evolutionspsychologen aus Großbritannien und Singapur haben 15 000 Interviews der amerikanischen National Longitudinal Study of Adolescent Health ausgewertet. Unter anderem hatten die Probanden im Alter zwischen 18 und 29 Jahren auf einer Skala von eins bis fünf angegeben, wie zufrieden sie mit ihrem Leben waren. Dabei erwies sich zum einen, dass sie sich umso besser fühlten, je mehr Zeit sie mit guten Freunden verbrachten. Doch erzwungene Nähe zu anderen stimmte keineswegs happy: Je dichter ein Gebiet besiedelt war, desto weniger zufrieden waren die Menschen. Interessanterweise fielen sehr intelligente Teilnehmer aus dem Raster: Die Siedlungsdichte hatte kaum Einfluss auf ihre Zufriedenheit, und wenn sie allzu viel Zeit mit ihren Freunden verbrachten, ging das eher zulasten ihres Wohlgefühls. Die Gründe sind unklar.

5 Helfen

Wer sich ehrenamtlich engagiert, fühlt sich gesünder und wohler als das Gros der anderen Menschen. Das ergaben die Analysen von mehr als 66 000 Interviews aus dem British Household Panel Survey. Etwa 21 Prozent der Befragten gaben an, ehrenamtlich tätig zu sein. Je häufiger sie anderen halfen, desto zufriedener waren sie, sogar noch im hohen Alter von 80 Jahren. Die schlechtesten Zufriedenheitswerte fanden die britischen Forscher bei denjenigen, die noch nie ein Ehrenamt ausgeübt hatten. Allerdings scheint dieser Effekt erst im Alter über 40 zu greifen. In jüngeren Jahren bringt das Engagement kein nennenswertes Plus an Zufriedenheit.

6 Nicht nach Glück streben

Glück lässt sich bekanntlich nicht erzwingen. Wer es willentlich sucht, baut sogar zusätzlichen Stress auf. Denn dann bekommen Menschen das Gefühl, nicht genug Zeit für die Aktivitäten zu haben, die sie angeblich zum Glücklichsein brauchen. Kanadische und amerikanische Psychologen testeten in vier Studien Glücksempfinden und Zeitwahrnehmung. Zum Beispiel sollte in einer Studie mit 117 Teilnehmern eine Gruppe einen Film – über den Bau einer Brücke – anschauen und dabei Glücksgefühle empfinden. Die Kontrollgruppe wurde dagegen angewiesen, sich ihren jeweiligen Gefühlen einfach hinzugeben, wozu auch Langeweile gehörte. Das Ergebnis: Die Glückserzwingergruppe fühlte sich nach dem Ende des Films viel stärker unter Zeitdruck als die Vergleichsgruppe.

Literatur

M. Myrskylä, R. Margolis: Happiness: before and after the kids. Demography, 51/5, 2014, 1843–1866. DOI: 10.1007/s13524-014-0321-x

A. T. Jebb, L. Tay, E. Diener, S. Oishi: Happiness, income satiation and turning points around the world. Nature Human Behaviour, 2, 2018, 33–38. DOI: 10.1038/s41562-017-0277-0

P. L. Norman. S. Kanazawa: Country roads, take me home… to my friends: How intelligence, population density, and friendship affect modern happiness. British Journal of Psychology, 107/4, 2016, 675–679. DOI: 10.1111/bjop.12181

M. Tamir u.a.: The Secret to Happiness: Feeling Good or Feeling Right? Journal of Experimental Psychology: General, 146/10, 2017, 1448–1459. DOI: 10.1037/xge0000303

A. Kim, S. J. Maglio: Vanishing time in the pursuit of happiness. Psychonomic Bulletin & Review, 2018, DOI: 10.3758/s13423-018-1436-7

Claudia Hammond: How being alone may be the key to rest. BBC News, 27.9.2016,

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 9/2018: Die Kraft des Verzeihens
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