Herr Maio, was ist das überhaupt, Schicksal?
Schicksal ist die Anerkenntnis dessen, dass es etwas gibt, was sich dem Entscheidungs- und Verfügungsbereich des Menschen entzieht. Und das betrifft jeden. Wir Menschen sind ja alle mehr Schicksal als Wahl: Unsere Existenz ist das Resultat der Entscheidungen anderer. Wir sind in eine bestimmte Welt und in eine bestimmte Epoche hineingeworfen, die wir uns nicht ausgesucht haben. Raum und Zeit unserer Existenz sind uns vorgegeben.
Wir sind alle mehr Schicksal als Wahl, weil wir als Menschen immer schon etwas vorfinden, wenn wir geboren werden. Schicksal ist Konfrontation mit dem, was so ist, wie es ist, und das zugleich auch hätte anders sein können. Dieses Vorgegebene ist aber nur der Anfang. Das Interessante am Schicksal ist: Am Ende wird es nicht durch das Vorgegebene besiegelt. Vielmehr stellt das Schicksal uns eine Aufgabe und wir haben die Chance, uns zu bewähren.
Also hat der Begriff Schicksal per se keine negative Konnotation. Warum fühlt er sich dann so bedrohlich an?
Weil wir mit dem Begriff des Schicksals heute nur noch das Ausgeliefertsein verbinden. Das ist zwar nachvollziehbar, aber aus meiner Sicht zu schlicht. Denn kein Mensch kann sich die Bedingungen seiner Existenz aussuchen. Wir alle machen den Fehler, das nicht anzuerkennen. Wir sind dem Vorgegebenen nicht völlig ausgeliefert. Es liegt an unserer Freiheit, etwas Gutes daraus zu machen. Unsere Freiheit verwirklichen wir dort, wo wir einen kreativen Umgang mit dem Vorgegebenen erlernen.
Heute sind wir stattdessen gefangen in einer Art Kontroll- und Machbarkeitswahn. Wir glauben, wir müssten das Schicksal abschaffen. Damit machen wir uns unglücklich, weil wir verlernen, die Dinge, die wir nicht ändern können, einfach anzunehmen. Wir hadern mit unserem Schicksal. Wir finden...
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