Was bedeutet es, sich selbst zu verzeihen? Und kommt es vor, dass Menschen dies nicht schaffen? Forschende rekrutierten online 80 Personen und fragten sie, ob sie in der Vergangenheit etwas getan hätten, was sie sich selbst verzeihen müssten, und ob ihnen das gelungen sei. Etwa die Hälfte der Frauen und Männer gab an, sich selbst vergeben zu haben. Die anderen berichteten, dass sie sich nicht verzeihen konnten, auch lange Zeit nach dem Vorfall nicht.
Gedanklich in der Gegenwart und Zukunft
Diejenigen, die es konnten, berichteten davon, dass Selbstvergebung für sie kein „Endzustand“ sei, sondern dass dafür wiederholtes Durcharbeiten und Anstrengung nötig seien, ein Prozess, der auch nie ganz aufhöre. Diese Personen waren fähig, ihre Fehler und ihre eigene Begrenztheit letztlich zu akzeptieren. Sie erklärten auch, dass es für sie eine bewusste Entscheidung gewesen sei, sich selbst zu verzeihen. Gedanklich lebten sie stark in der Gegenwart und in der Zukunft. Die Vergangenheit spielte keine große Rolle mehr.
Hingegen schienen sich jene, die sich nicht vergeben konnten, dem auslösenden Ereignis immer noch sehr nah zu fühlen – als sei es „erst gestern“ gewesen, auch wenn der Vorfall schon Jahre zurücklag: „Es ist zwanzig Jahre her, aber ich fühle mich immer noch schrecklich“, sagte ein Teilnehmer. Eine Frau erklärte: „Da sind immer noch Reue, Schuld und Traurigkeit.“ Diese Menschen konnten sich mit ihrem Versagen nicht abfinden, lebten stark in der Vergangenheit. Innerlich schwankten sie zwischen Schuld, Scham und Verantwortung.
Quelle
Woodyatt, L. u.a. (2025). What makes self-forgiveness so difficult (for some)? Understanding the lived experience of those stuck in self-condemnation. Self and Identity. DOI: 10.1080/15298868.2025.2513878