Was ich mag – und was ich kann

Auf der Suche nach dem Berufsweg erhalten Jugendliche oft den Rat: Mach das, was dich am meisten interessiert. Aber ist das eine weise Empfehlung?

Die Illustration zeigt junge Leute bei der Gartenarbeit, wobei einer der Jungen mit der Heckenschere die Haare des anderen Jungen schneidet und dabei fröhlich lächelt
Wer den richtigen Beruf für sich gefunden hat, hat gut lachen © Michael Szyszka

In den 1970er Jahren gab es diese Zeichentrickserie. Darin träumte ein kleiner Drache namens Grisu davon, später einmal Feuerwehrmann zu werden. Dies missfiel seinem Vater. Verständlich: Drachen speien Feuer. Sie löschen es nicht. Die Serie passte hervorragend zum Zeitgeist. „Folge deinem Herzen – mögen deine Wünsche noch so absurd erscheinen“, lautete die Botschaft. Daran hat sich im Kern bis heute nichts geändert: Wir halten Leidenschaft und Interesse immer noch für den besten Kompass unseres beruflichen…

Sie wollen den ganzen Artikel downloaden? Mit der PH+-Flatrate haben Sie unbegrenzten Zugriff auf über 2.000 Artikel. Jetzt bestellen

Lebens. Man soll tun, was einem Spaß macht.

Einige Generationen davor war das noch anders. Der Sohn des Schuhmachers wurde Schuhmacher. Der Sohn des Müllers übernahm die Mühle. Tradition entschied über die Berufswahl. Ganz am Anfang, so schreibt der griechische Philosoph Platon in seinem Hauptwerk Der Staat, hätten sich die Berufe jedoch durch einen anderen Faktor herausgebildet. Die Menschen seien „von Natur verschieden (und) jeder zu einem andern Geschäft geeignet“. Die Spezialisierung auf einzelne Berufe habe sich weder durch Brauchtum noch durch Interesse herausgebildet – sondern durch angeborenes Talent, durch besondere Begabungen. Der Mann mit dem besten Händchen für Holz wurde Zimmermann. Sein Nachbar mit dem grünen Daumen machte in Landwirtschaft. Diese Arbeitsteilung, schreibt Platon, sei am Ende allen Bewohnern des fiktiven ersten Stadtstaats zugutegekommen.

Doch wie verhält es sich heute? Ist es sinnvoll, seine Kinder einfach machen zu lassen? Sollten allein ihre Interessen entscheiden? Oder spielt ihre Begabung eine wichtigere Rolle?

Der österreichische Psychologe Aljoscha Neubauer von der Universität Graz hat kürzlich ein Buch mit dem sprechenden Titel Mach, was du kannst geschrieben. Es geht darum, wie Begabung und beruflicher Erfolg zusammenhängen. Wenn es um Talent geht, so liest man dort, bestätigt die moderne Psychologie die mehr als 2000 Jahre alten Vermutungen Platons: Talent wird zum erheblichen Teil durch unsere Gene bestimmt. Dazu gesellen sich noch Erfahrungen im Mutterleib und in der frühen Kindheit. Danach kommt es in Sachen Begabung nur noch zu kleinen Änderungen. „Und spätestens mit 20 verändert sich da so gut wie gar nichts mehr“, sagt Aljoscha Neubauer im Gespräch mit Psychologie Heute.

Was bedeutet Erfolg?

Das heißt: Unsere Begabungen gehören zu uns wie unsere Schuh- oder Körpergröße. Früher beschränkten sich Psychologen darauf, Begabung per IQ-Test als „generelle Intelligenz“ zu messen. Heute geht man etwas differenzierter vor. So hat Aljoscha Neubauer aus jüngerer Forschung sogar zehn verschiedene Begabungen herausgelesen.

Werden Menschen erfolgreicher, wenn sie einen Beruf wählen, für den sie begabt sind? Dazu muss man zunächst klären, was man eigentlich unter Erfolg versteht. Psychologen unterscheiden hierbei zweierlei. Zum einen objektive Kriterien – wie viel Geld man verdient, wie schnell man durch Beförderungen und Jobwechsel in der Hierarchie aufgestiegen ist oder für wie viele Mitarbeiter man die Verantwortung trägt. Zum anderen gibt es aber noch ein eher subjektives Erfolgskriterium, nämlich wie zufrieden man mit seiner Arbeit ist.

Faktor Begabung

Was die objektiven Kriterien angeht, ist das Ergebnis eindeutig: Wer begabter ist, hat später auch mehr Erfolg. „Wir finden da einen ausgesprochen starken Zusammenhang. Der Faktor Begabung wird meiner Meinung nach derzeit unterschätzt“, sagt Neubauer.

Doch wie steht es mit unserer Zufriedenheit? Sind wir auch glücklich in den Jobs, in denen wir Erfolg haben? Studien haben gezeigt, dass es in der Tat einen statistischen Zusammenhang zwischen beruflichem Erfolg und beruflicher Zufriedenheit gibt. Eigentlich logisch: Wer permanent gepriesen und befördert wird, macht seinen Job tendenziell lieber als jemand, der immer nur Niederlagen einsteckt. Andererseits ist der statistische Zusammenhang zwischen Glück und Erfolg nicht allzu groß: Offenbar kann man seinen Job also auch dann lieben, wenn man nicht der Beste in seiner Abteilung ist.

Gleichwohl ist Aljoscha Neubauer der Ansicht, dass man in seiner Studien- und Berufswahl zuerst seinen Begabungen folgen sollte. Und zwar aus ganz pragmatischen Gründen: „Eine gewisse Begabung führt dazu, dass man dasselbe müheloser und schneller lernt als andere.“ Man muss sich also weniger abrackern, um beruflich etwas zu erreichen. Und das dürfte – Stichwort „Work-Life-Balance“ – für viele ausgesprochen attraktiv klingen.

Hauptsache spannend?

Die Mehrzahl der jungen Leute – und ihrer Eltern – ist jedoch anderer Meinung. Wie Grisu, der kleine Drache, halten sie das eigene Interesse für den wichtigsten Faktor bei der Berufswahl. Wer der Stimme seines Herzens folge, werde sich mehr Mühe geben, motivierter bei der Sache sein – und am Ende nicht nur bessere Ergebnisse erzielen, sondern auch glücklicher in seinem Beruf sein. So lautet die gängige Meinung. Aber stimmt das überhaupt?

Berufliches Interesse misst man in der Psychologie seit den 1970er Jahren nach dem sogenannten RIASEC-Modell. Damals behauptete der US-Psychologe John Holland, die Summe aller menschlichen Interessen lasse sich in sechs große Kategorien einteilen, und sie seien sozusagen Teil der eigenen Persönlichkeit. Hollands Modell ist nicht ganz unumstritten. Einige seiner Behauptungen konnten empirisch nie belegt werden. Gleichwohl erfreut sich das RIASEC-Modell in der Forschung nach wie vor größter Beliebtheit. Probanden beantworten eine Reihe von Fragen. Aus den Antworten ermittelt man die drei dominierenden Interessenfelder – die dann bestimmten Berufsbildern zugeordnet werden.

Der Drache als Feuerwehrmann

„Und in der Tat gibt es einen statistischen Zusammenhang zwischen objektivem beruflichem Erfolg und beruflichem Interesse“, gesteht Aljoscha Neubauer. „Der Zusammenhang ist allerdings deutlich schwächer als bei der Begabung.“ Mit anderen Worten: Mag sein, dass Drache Grisu aufgrund seiner hohen Motivation später ein tüchtiger Feuerwehrmann wird – so richtig spitze wird er aber vermutlich nicht, weil ihm das Talent dazu fehlt. In einer anderen Kategorie ist der Faktor Interesse allerdings stärker als der Faktor Begabung: Wer seinem Interesse folgt, hat gute Chancen, später in seinem Job glücklich zu sein. Arbeitszufriedenheit wird durch unser Interesse stärker beeinflusst als durch unsere Begabungen. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich – dieser Satz gilt definitiv auch für Arbeitswelt und Berufswahl.

Doch warum redet man über Talent und Interesse überhaupt als ein Entweder-oder? Schließlich gehen wir im Alltag davon aus, dass die meisten Menschen gerne tun, was ihnen liegt – und dass ihnen liegt, was sie gerne tun, dass Begabung und Interesse also Hand in Hand gehen. Diese Vermutung ist derart naheliegend, dass selbst die wissenschaftliche Psychologie sie lange Zeit kaum infrage gestellt hat. Kürzlich hat jedoch eine Metaanalyse die Persönlichkeitsdaten von mehr als 55 000 Menschen ausgewertet. Die Analyse ergab, dass zwischen beruflichem Interesse und Begabung – je nach Berufsfeld – nur ein schwacher bis mittelmäßiger Zusammenhang besteht. Mit anderen Worten: Ja, manchmal ziehen uns Berufe an, für die wir auch talentiert sind. Aber in ganz vielen Fällen ist genau das eben nicht der Fall.

Blind für das, was wir gut können?

Wie kann man dieses überraschende Ergebnis psychologisch erklären? Womöglich mit den Arbeiten des Freud-Schülers Alfred Adler. Dieser ging davon aus, dass wir alle schon früh in unserem Leben eine Erfahrung der Minderwertigkeit machen. Das Kleinkind empfindet sich als unfertiges Wesen, das noch kein richtiger Mensch ist, sondern erst noch einer werden muss. Kompensation wird uns so zum stärksten Antrieb überhaupt: Wir tun alles dafür, um unsere Schwächen und Unzulänglichkeiten auszugleichen. Könnte es sein, dass wir es dabei übertreiben – und uns besonders dort Mühe geben, wo es Mutter Natur am wenigsten gut mit uns gemeint hat?

Die heutige empirisch orientierte Psychologie tendiert jedoch zu anderen Antworten. Vielleicht fehlt uns ja schlichtweg das Wissen um unsere Begabungen – vielleicht sind wir blind für das, was wir gut können? Diese These hat die US-Psychologin Simine Vazire vor einigen Jahren untersucht. Sie bat 167 Versuchspersonen um eine Reihe von Selbsteinschätzungen, ließ dieselben Eigenschaften zusätzlich von Außenstehenden beurteilen – und die Probanden anschließend eine Reihe objektiver Tests durchlaufen. Ergebnis: Besonders bei der Einschätzung intellektueller Fähigkeiten waren Außenstehende präziser als die Versuchspersonen selbst. Unser Talent liegt sozusagen in einem blinden Fleck, zu dem wir kaum einen direkten Zugang haben.

Die US-Forscher Ethan Zell und Zlatan Krizan haben diese Erkenntnis in einer großen Analyse mehrerer Metastudien bestätigt: „Zusammengefasst zeigen unsere Ergebnisse, dass die Menschen nur in beschränktem Maße dazu in der Lage sind, ihre eigenen Fähigkeiten einzuschätzen.“ Das hat enorme Folgen für die Frage, wie man überhaupt herausfindet, welche Talente in einem schlummern. Lange Zeit verwendete man dafür Selbsttests – nach dem Motto: „Wie gut sind Sie darin, mathematische Formeln zu verstehen?“ Wenn man der aktuellen Forschung folgt, dann liefern solche Tests nur sehr ungenaue Ergebnisse.

Deutlich besser – etwa für eine Ermittlung sprachlicher, logisch-mathematischer und räumlicher Begabung – funktionieren klassische Intelligenztests. „Ich glaube daher“, sagt Aljoscha Neubauer, „dass eine fundierte Berufsberatung nur von akademisch ausgebildeten Psychologen gemacht werden kann, die gelernt haben, solche Tests auszuwerten.“

Alpinistische Pioniertaten

Doch leider findet nicht jeder einen geeigneten Berufsberater in seiner Nähe. Und manchmal kommt man mit einem Testergebnis vom Arbeitsamt zurück und hat das Gefühl: Das hier hat überhaupt nichts mit mir zu tun. Neubauer empfiehlt in solchen Situationen zwei Alltagstricks, mit denen man dennoch herausfinden kann, wo die eigenen Stärken liegen.

Den einen hat er von David Dunning geborgt, einem Sozialpsychologen von der University of Michigan. Dunning hat in seinen Studien wiederholt gezeigt, dass wir unsere Fähigkeiten oft dramatisch besser beurteilen, als sie tatsächlich sind. Wir haben uns gerade ein Paar neue Wanderstiefel gekauft – schon glauben wir, bestens für eine Besteigung des Mount Everest gerüstet zu sein. Dieser Effekt mildert sich jedoch deutlich ab, sobald man die Selbsteinschätzung ein wenig anders formuliert. Statt zu fragen: „Wie groß ist mein Talent als Bergsteiger?“, sollte man fragen: „Welche Leistungen würden andere Menschen von mir im Himalaya erwarten?“ Oder: „Welche alpinistischen Pioniertaten würde ich von einem anderen Menschen erwarten, der in diesen Dingen bisher genauso viel geleistet hat wie ich?“ Derlei Fragetechniken ermutigen uns dazu, eine Art Außenblick auf uns selbst einzunehmen und dadurch zu realistischeren Ergebnissen zu gelangen.

Flow als Wegweiser

Noch kraftvoller ist der zweite Trick, den Neubauer seinen jungen Lesern empfiehlt: Sie sollten mit erhöhter Aufmerksamkeit nach Situationen Ausschau halten, in denen sie so etwas wie einen „Flow“ erleben. Der Begriff stammt von dem Psychologen Mihály Csíkszentmihályi. Er versteht darunter einen Zustand, in dem man ganz in einer Tätigkeit aufgeht, sich durch nichts ablenken lässt, völlig die Zeit vergisst, komplett von innen heraus motiviert ist und keine Angst vor dem Scheitern verspürt. Nach Csíkszentmihályis Beobachtung ereignen sich derlei Flow-Momente nur, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Die Aufgabe muss schwieriger sein als das, was man üblicherweise zu bewältigen hat, man muss sozusagen seine Komfortzone verlassen. Zum anderen muss man aber auch ein hohes Maß an Kompetenz mitbringen: Erfahrung, Können, Begabung.

Wenn man über die Suche nach dem richtigen Beruf redet, ist Flow zweierlei. Zum einen ist er ein Indikator dafür, dass man in einem Bereich schon etwas kann oder zumindest über ein gewisses Talent verfügt. Zum anderen ist Flow aber auch ein Versprechen: „Mach das, was du gut kannst. Und du wirst diesen köstlichen, selbst­vergessenen Zustand der Begeisterung häufiger erleben als andere.“

Folge deinem Herzen? Von wegen!

Dunnings Fragetechnik und Csíkszentmihályis Flow könnten uns davor retten, in eine naive „Folge deinem Herzen“-Falle zu tappen. Sie konzentrieren sich mehr aufs Talent und weniger aufs Interesse. Letzteres wird uns – anders als unsere Begabungen – offenbar nicht in die Wiege gelegt. Langzeituntersuchungen zeigen, dass sich unsere Vorlieben oft erst im Teenageralter herausbilden, um irgendwann zwischen 25 und 30 relativ stabil zu werden. Zumindest bei den meisten. In den Publikationen der Interessensforscher stößt man immer wieder auf die Randbemerkung, dass sich „bei einigen Personen die Interessen dramatisch verändern“. Und zwar bis weit ins Erwachsenenalter hinein. Für manche Menschen ist Interesse also auf lange Sicht kein verlässlicher Ratgeber.

Natürlich sind Talent und Interesse nicht die einzigen Faktoren, die über eine gelungene Karriere entscheiden. Die Persönlichkeit spielt eine Rolle. Die Frage, wie hartnäckig und fleißig wir daran arbeiten, uns weiterzuentwickeln. Und natürlich: der Zufall. Niemand weiß das besser als der Psychologe John Krumboltz von der Stanford University. Über viele Jahrzehnte hat er – meist vor Berufsberatern – seine Vorträge gehalten, die fast immer mit derselben Frage begannen: „Wer von Ihnen wollte schon mit 18 Berufsberater werden?“ So gut wie nie, so erzählt er, habe sich darauf jemand gemeldet.

Will heißen: Was nützt alles Wissen über Interesse und Talent, wenn man von den allermeisten Berufen überhaupt keine Ahnung hat? Es ist, als müsste man angeben, wie gut einem Mango-Eis schmeckt, wenn man noch nie welches gekostet hat. Die meisten gelungenen Karrieren, so lautet das Credo von Krumboltz, werden durch glückliche Zufälle gebahnt, durch ungeplante Begegnungen – durch pures Glück.

Geschichten aus der Arbeitswelt

Seine Kollegen Bill Burnett und Dave Evans haben diesen Ansatz noch eine Stufe weitergetrieben. Beide haben Karriere als Designer gemacht. An der Stanford University veranstalten die beiden seit einigen Jahren eine Art Berufsvorbereitungsseminar, das sich zu einem der beliebtesten Kurse an der gesamten Hochschule entwickelt hat. Ihr Trick: Sie bringen ihren Studenten bei, die Prinzipien guten Designs auf die eigene Karriere und das eigene Leben anzuwenden. Das Herzstück ihres Kurses: Die Studenten sollen lernen, Prototypen ihrer eigenen Zukunft zu bauen.

Möglichst billig sollen diese Modelle werden, möglichst schnell fertig sein – ein Scheitern darf nicht zu viel kosten. Statt sich also aufs Geratewohl für irgendeinen Studiengang einzuschreiben, eine Lehre anzufangen oder ein viermonatiges Praktikum, beginnen die Studenten in dem Kurs eine Nummer kleiner: Sie führen Interviews. Sobald ihnen ein Erwachsener begegnet, dessen Job interessant klingt, laden sie ihn auf eine Tasse Kaffee ein und fangen an, ihn mit Fragen zu löchern. „Ein Life-Design-Interview ist unglaublich einfach. Es bedeutet lediglich, dass Sie sich jemandes Geschichte erzählen lassen“, schreiben Burnett und Evans. Klingt die Erzählung des anderen spannend? Ist die eigene Neugier geweckt?

Wenn ja, nimmt man die nächste Stufe: Man fragt, ob man einen Tag oder eine Woche lang mitlaufen darf, in einem weiteren Schritt bittet man um ein längeres Praktikum. Man sammelt erste Erfahrungen: Interessiert mich das wirklich? Kann ich das überhaupt? Ob man den als Prototyp angefangenen Weg weitergehen soll oder nicht, darüber, so Burnett und Evans, entscheidet am Ende kein komplizierter Fragebogen, sondern am besten „das gute alte Bauchgefühl“.

Sowohl John Krumboltz als auch seine Kollegen Evans und Burnett sind überzeugt: Durch derlei Interviews wird man nicht nur eine Menge über die noch unbekannte Berufswelt erfahren und zum ersten Mal ein wirkliches Gefühl dafür bekommen, worauf man sich eigentlich einlässt. Man wird auch viele wichtige Kontakte knüpfen. Die Erwachsenen, die man während seiner Interviews getroffen hat, haben alle irgendwann einen Job zu vergeben.

Die zehn Begabungen

Psychologe Aljoscha Neubauer von der Universität Graz hat die einschlägigen Studien ausgewertet und zehn Faktoren von Begabung identifiziert:

1. Sprachliche Intelligenz Kann gut mit Sprache; lernt Fremdsprachen leicht

2. Logisch-mathematische Intelligenz Kann gut mit Zahlen; kann Probleme logisch analysieren

3. Räumliche Intelligenz Hat ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen

4. Intrapersonale Begabung Hat einen guten Umgang mit eigenen Gefühlen

5. Interpersonale Begabung Kann die Absichten, Motive und Wünsche anderer gut verstehen

6. Kinästhetische Begabung Ist geschickt, hat eine gute Körperbeherrschung

7. Musikalische Begabung Kann gut komponieren, Instrumente lernen, hat ein gutes Gehör

8. Naturbezogene Begabung Hat ein gutes Gespür für die Natur (z. B. für Pflanzen/Tiere)

9. Kreativität Kann mit Leichtigkeit neue und originelle Ideen entwickeln

10. Ästhetische Begabung Hat ein gutes Auge/Gespür für Farben und Formen

Quelle: Aljoscha Neubauer: Mach, was du kannst. DVA, München 2018

Berufliches Interesse – die sechs Kategorien

1. Realistische Orientierung (zum Beispiel Handwerker, Landwirt)

2. Intellektuelle Orientierung (zum Beispiel Ingenieur, Naturwissenschaftler, Mediziner)

3. Künstlerische Orientierung (interessiert sich für kreative Berufe)

4. Soziale Orientierung (zum Beispiel Lehrer, Sozialarbeiter, Therapeut)

5. Unternehmerische Orientierung (zum Beispiel Manager, Geschäftsführer)

6. Traditionelle Orientierung (zum Beispiel Buchhalter, Bankangestellter)

Literatur

Aljoscha Neubauer: Mach, was du kannst. Warum wir unseren Begabungen folgen sollten – und nicht nur unseren Interessen. DVA, München 2018

Bill Burnett, Dave Evans: Mach, was du willst. Design Thinking fürs Leben. Econ, Berlin 2016

Katja Pässler, Andrea Beinicke, Benedikt Hell: Interests and intelligence: A meta-analysis. Intelligence, 50, 2015, 30–51

Ethan Zell, Zlatan Krizan: Do people have insight into their abilities? A metasynthesis. Perspectives on Psychological Science, 9/2, 2014, 111–125

John Krumboltz, Al Levin: Luck is no accident. Making the most of happenstance in your life and career. Impact Publishers, Oakland 2011

Simine Vazire: Who knows what about a person? The self-other knowledge asymmetry (SOKA) model. Journal of Personality and Social Psychology, 98/2, 2010, 281–300

Jane Swanson: Stability and change in vocational interests. In: M. L. Savickas, A. R. Spokane (Hg.): Vocational interests: Meaning, measurement, and counseling use. Davies-Black Publishing, Mountain View 1999, S. 135–158

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 4/2019: Die Kraft des Atmens