Herr Professor Freund, Dankbarkeit ist ein Begriff, der dieser Tage häufig in Artikeln und Ratgebern für mehr Lebenszufriedenheit auftaucht. Ist diese Begeisterung berechtigt oder übertrieben?
Dankbarkeit wurde in der Psychologie und Psychotherapie lange nicht erforscht und war auch in den Medien kein Thema. Es gibt also einen großen Nachholbedarf, und der ist, denke ich, berechtigt. Aber die hymnische Begeisterung, was die Auswirkungen angeht, sollte man kritisch betrachten. Es sind mit Dankbarkeit zwar deutlich positive Wirkungen verbunden, aber es gibt auch Nebenwirkungen und Indikationsgrenzen.
Welche positiven Effekte von Dankbarkeit lassen sich wissenschaftlich belegen?
Die Zahl der Studien ist mittlerweile unübersehbar, und auch die Zahl der nachgewiesenen Effekte ist sehr groß – etwa die Verbesserung von Schlaf und zwischenmenschlichen Beziehungen sowie die Reduktion von Sorgen, Grübeln und Depressivität. Aber wir müssen die Studien methodisch genauer unter die Lupe nehmen, um zu schauen, was sie wirklich aussagen. Es gibt mittlerweile auch Metaanalysen, die die Erwartungen ein bisschen dämpfen, weil sie zeigen, dass die Effekte nicht so hoch sind, wie vielfach angepriesen. Dankbarkeit ist kein Allheilmittel.
Was heißt das eigentlich genau – dankbar sein?
Wir können Dankbarkeit als ein aktuelles Gefühl in einer konkreten sozialen Situation verstehen: Ich bekomme von einer anderen Person, die mir etwas Gutes geben möchte, eine Wohltat, ein Geschenk. Das Gefühl, das sich dann einstellt, würde ich...
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