Die Mittagspause auf einer Bank im Park verbringen. Den zwitschernden Vögeln zuhören. Bei einem Spaziergang am Meer zur Ruhe kommen. Auf einem Hügel den weiten Blick ins Land genießen. Sich am Erblühen der Blumen auf dem Balkon erfreuen. Jeder Mensch erlebt im Alltag zumindest gelegentlich die wohltuende Wirkung von Bäumen, Pflanzen und natürlichen Landschaften. Wo es grün ist, da atmen wir innerlich auf. Dass der Natur eine gewisse Kraft innewohnt, haben auch immer wieder Dichter hervorgehoben. Schon…
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Schon Johann Wolfgang von Goethe schrieb: „Wie herrlich leuchtet mir die Natur! Wie glänzt die Sonne! Wie lacht die Flur!“
In der Romantik verfassten dann Joseph von Eichendorff, Friedrich Hölderlin und viele andere ähnlich schwärmerische, naturverherrlichende Gedichte. Grundtenor war schon damals, dass die Natur uns schützt, spiegelt und heilt – und ein Wunder ist. Doch über Jahrhunderte hinweg war das Sehnen nach ihr vor allem intuitiv. Erst in den vergangenen Jahrzehnten ist durch Forschungsergebnisse aus der Naturpsychologie eine Gewissheit entstanden, dass „grüne Räume“ uns körperlich, seelisch und kognitiv stärken und gesund halten, und vor allem zeigen Untersuchungen nun auch, wie sie das tun.
Die Wirkung der Umwelt auf den Menschen ist seit den Anfängen der modernen Psychologie ein Thema. Wilhelm Wundt, Pionier der Experimentalpsychologie, erforschte immer wieder den Einfluss der unbelebten und belebten Umwelt auf die Seele. Und der Arzt und Psychologe Willy Hellpach, der heute als einer der Väter der Umweltpsychologie gilt, veröffentlichte schon 1911 das Buch Die Geopsychischen Erscheinungen. Wetter, Klima und Landschaft in ihrem Einfluss auf das Seelenleben. Doch erst in den 1970er Jahren wurde die Natur zum systematischen Forschungsgegenstand von Psychologen – und ist es seitdem geblieben.
Unwillkürliche Aufmerksamkeit
„In den USA gab es im Zuge der Ölkrise erstmals Bestrebungen, herauszufinden, wie man Menschen zu ressourcenschonendem Verhalten bewegen könnte“, sagt Mathias Hofmann, Umweltpsychologe an der Technischen Universität Dresden (siehe „Routinen im Alltag entwickeln“ in Psychologie Heute compact 54/2018). „Zeitgleich fingen damals auch Forschende an, sich mit der Frage zu beschäftigen, unter welchen Bedingungen wir uns in Räumen, Gebäuden oder in der Natur erholen.“
Das Psychologenpaar Rachel und Stephen Kaplan von der Universität Michigan etwa erkundete bereits in den 1980er Jahren, wie sich der direkte Kontakt mit der Natur auf kognitive Leistungen und Kreativität auswirkt. Sie konnten damals erstmals zeigen, dass sich im Grünen unsere Konzentrations- und Leistungsfähigkeit regeneriert.
Der Grund: Dort wird eine schweifende, mühe- und absichtslose Art der Aufmerksamkeit angeregt, die im Kontrast zur gezielten, willkürlichen Aufmerksamkeit steht, die wir brauchen, wenn wir komplexe Aufgaben bearbeiten. Um die unwillkürliche Aufmerksamkeit zu veranschaulichen, wird oft das Beispiel eines Lagerfeuers genannt, das man stundenlang betrachten kann, ohne zu ermüden. Ganz anders geht es uns etwa bei einem Besuch im Museum, der zwar auch ästhetisch ansprechend ist, jedoch viel willkürliche Aufmerksamkeit benötigt, weshalb wir uns dort auch schnell erschöpfen.
Zur Ruhe kommen
„Diese Aufmerksamkeitserholungstheorie ist ein bis heute gültiges Erklärungsmodell“, sagt die Umweltpsychologin Antje Flade, die mehrere Fachbücher zum Thema verfasst hat. Die zweite wichtige Theorie sei die sogenannte Stresserholungstheorie des US-Architekturprofessors Roger Ulrich. Anders als die Annahme der Kaplans, die vor allem die positive Wirkung der Natur auf kognitive Leistungen beleuchte, beziehe sich diese vor allem auf die körperlichen Effekte, die ein Aufenthalt in der Natur hat, so Flade.
Ulrichs Konzept besagt, dass wir in der Natur zur Ruhe kommen und dort das parasympathische Nervensystem aktiviert wird. Stresshormone wie Kortisol werden so abgebaut, und das wirkt indirekt stabilisierend auf das Herz-Kreislauf- und das Immunsystem.
„Auf der Basis dieser Theorien hat in den letzten Jahrzehnten viel Forschung stattgefunden“, sagt Flade. Beide Konzepte wurden bestätigt, präzisiert und modifiziert, so dass auf ihrer Basis mittlerweile auch mehr empirisch fundierte Handlungsempfehlungen möglich sind.
Mehr Widerstandskraft
Dass wir beim Flanieren durch eine Allee oder beim Laufen über eine grüne Wiese unsere Gesundheit stärken, zeigt etwa eine Studie von Richard Fuller und Danielle Shanahan von der Universität Queensland. Die Biologen untersuchten Versuchsteilnehmer, die mindestens 30 Minuten pro Woche in einem Park spazieren gingen, und verglichen diese mit einer Gruppe, die kaum Zeit im Grünen verbrachte.
Die Teilnehmer der Parkgruppe hatten nicht nur bessere Herz-Kreislauf-Werte, sie waren auch weniger anfällig für Depressionen und Ängste. Dieser Befund lässt laut Studienleiter Fuller ganz konkrete Handlungsempfehlungen zu: „Wenn man pro Tag zehn Minuten in den Park geht, tut man etwas für seine Gesundheit – auch wenn man dort keinen Sport macht.“
Wie wohltuend Spaziergänge im Grünen bei Stress sind, scheinen wir aber auch intuitiv zu wissen: Der Psychologieprofessor Henk Staats von der Universität Leiden konnte in einer Studie zeigen, dass Menschen, die sich belastet und abgespannt fühlen, immer sofort einen Aufenthalt im Park wählen, wenn man sie vor die Frage stellt, ob sie lieber im Grünen oder in der Stadt spazieren gehen wollen. Andere Befragte, die nicht belastet sind und eher nach Anregung suchen, präferieren dagegen oft den Gang durch eine urbane Umgebung.
Effekt auch bei Zimmerpflanzen
Baumgruppen, Wiesen und Vorgärten fördern die Gesundheit sogar, wenn wir sie kaum bewusst wahrnehmen. Eine Studie von Jolanda Maas von der Universität Amsterdam belegt das eindrucksvoll: Die Psychologin wertete die Krankenakten von 400 000 Niederländern aus und setzte sie in Bezug zu den Bedingungen, unter denen die Menschen lebten. Dabei zeigte sich, dass Personen, die in der Nähe von städtischem oder ländlichem Grün lebten, nicht nur seltener an Atemwegserkrankungen und Allergien erkrankte, weniger an Bluthochdruck, Schwindel und Kopfschmerzen litten. Sie fühlten sich auch seelisch besser, waren weniger ängstlich und gestresst und erkrankten seltener an psychischen Störungen.
Sogar einzelne Zimmerpflanzen oder Hydrokulturen in Firmenetagen, Behörden oder Krankenhäusern können gesundheitsfördernde Effekte haben. Die norwegische Sozialpsychologin Ruth Raanaas zeigte in einer Studie mit Patienten, die sich nach einem Herzinfarkt oder einer Bypassoperation in einer Rehaklinik aufhielten, dass diese sich schneller und nachhaltiger erholten, wenn es Grünpflanzen in den Aufenthaltsräumen und Speiseräumen gab. „Es ist verblüffend, wie wenig Grün nötig ist, um Effekte auszulösen“, sagt Antje Flade. Es gebe unzählige Befunde, bei denen eine einzige Zimmerpflanze auf dem Schreibtisch schon stabilisierend auf Körper und Seele wirke.
Dass die Natur nicht nur körperliche Stress- und Anspannungssymptome reduziert, kann jeder, der sich nach draußen begibt, sofort selbst spüren. Der Wind, der einem das Haar zerzaust, die wärmende Sonne, Gerüche von Harz, Moos, Gras oder Seetang: Die Natur regt unsere Sinne an, die Begegnung mit ihr ist ein ästhetisches und angenehmes Erlebnis. Darüber hinaus wirkt ein Aufenthalt draußen aber auch aktiv auf unsere Kreativität, Konzentrations- und Lernfähigkeit, wie beispielsweise eine Feldstudie von David Strayer von der Universität Utah ergab. Er unterzog 56 Erwachsene, die eine vier- bis sechstägige Wanderung durch einen Nationalpark gemacht hatten, einem umfangreichen Kreativitätstest. Nach der Wanderung schnitten die Teilnehmer 50 Prozent besser ab als eine Vergleichsgruppe, die vor dem Kreativitätstest keinen Kontakt mit der Natur gehabt hatte.
Leichter lernen
Solche Ergebnisse bestätigen die Aufmerksamkeitserholungstheorie von Kaplan und Kaplan: Stunden, die man im Modus der absichtslosen Aufmerksamkeit verbringt, fördern Denkfähigkeit und Ideenfindung. Das nutzen intuitiv auch viele Künstler für sich, die häufig gezielt Spaziergänge in die Natur unternehmen, um den Kopf freizubekommen und neue Einfälle zu generieren. Bei diesem Prozess mag auch die Bewegung im Freien eine Rolle spielen. Besonders bei Kindern sieht man immer wieder, dass die Natur nicht nur eine konzentrationsfördernde Umgebung bietet, sondern auch motorische Lernanreize bereithält, die sie dann aufgreifen.
Eine Studie der kanadischen Forscherin Anne C. Bell zeigt, dass Schüler auf Schulhöfen, in denen es Bäume, Böschungen und begrünte Stufen gibt, mehr Bewegungsfreude zeigen, sich mehr Spiele einfallen lassen – und sogar schlanker bleiben. Andrea Faber Taylor von der Universität Illinois konnte in verschiedenen Untersuchungen belegen, dass Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren wesentlich seltener an einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom leiden, wenn sie sich in ihrer Freizeit häufig im Grünen aufhalten und dort spielen. Familienausflüge in den Wald oder Park sind also offenbar nicht nur gut für den Familienfrieden.
Einer, der den Zusammenhang zwischen Aufmerksamkeitsproblemen von Kindern und dem Mangel an Naturerfahrungen schon lange betont, ist der US-Publizist Richard Louv. Bereits vor zehn Jahren sprach er von einem „Naturdefizitsyndrom“ und betont seither immer wieder, dass Kindern durch die zunehmende Digitalisierung und Verstädterung vor allem „Vitamin N“ fehle – die Natur. Er ist der Meinung, dass allein eine Zunahme von Naturkontakten eine heilsame Wirkung auf junge Menschen hat und ihre Konzentration und ihr Wohlbefinden stärkt. „Wenn Kinder und Jugendliche immer weniger Zeit in der freien Natur zubringen, verengt sich ihr Wahrnehmungshorizont“, schreibt Louv in seinem Buch Das letzte Kind im Wald?.
Verbindung zur Natur schaffen
Umweltpsychologin Antje Flade plädiert deshalb dafür, Kindern Naturerlebnisräume zugänglich zu machen und ausreichend Geld und Verstand in Umweltbildung und eine grüne Stadtplanung zu stecken. „Wir brauchen viel mehr authentische Naturerfahrungen, die nicht nur erholsam sind, sondern auch eine Verbindung zur Natur schaffen“, sagt Flade. Denn nur wenn Kinder einen tiefen Bezug zur Natur aufbauten, könnten sie diese wirklich schätzen und im Zweifelsfall auch schützen (siehe Kasten unten).
Für viele Menschen haben Naturerfahrungen aber auch noch einen größeren, sinnstiftenden, ja beinahe religiösen Aspekt. Antje Flade spricht in ihrem Buch Zurück zur Natur? davon, dass Menschen am Meer, im Wald oder auf einem Berggipfel oft ein Gefühl der „Transzendenz“ erfahren: Sie nehmen die Anwesenheit von etwas Übergeordnetem wahr, das man mit den Sinnen nicht zuverlässig erfassen kann.
Dazu gibt es einige wenige Studien: Die Forscherin Kathryn Williams von der Universität Melbourne etwa befragte 132 Menschen schriftlich, welche Erfahrungen sie bei Aufenthalten im Wald machte. Viele antworteten, dass sie sich im Wald geschützt und aufgehoben fühlte – und als eine Einheit mit Natur, Welt und Universum. Oft berichten Menschen in solchen Situationen auch, dass sie eine „Sinnhaftigkeit“ und ein „Einverstandensein“ empfinden, was dem Gefühl existenzieller Leere entgegenwirkt.
Geborgenheit und Vertrauen in die Welt
Manchmal ergreift uns diese Verbundenheit sogar, wenn wir nur theoretisch mit Naturphänomenen in Berührung kommen, wie eine Untersuchung der Universität Berkeley nahelegt: Studierende, die angesichts eines Dinosaurierskeletts in einem Naturkundemuseum auf die Frage „Wer bin ich?“ antworten sollten, schrieben nicht mehr ihren Namen oder ihre Hobbys auf, wie Befragte in neutraleren Settings es taten. Sie formulierten stattdessen Antworten wie „Ich bin ein Teil des Universums“ oder: „Ich bin ein Teil der Welt“.
Dass wir in Landschaften, etwa am Meer, ein Gefühl der Verbundenheit mit dem Kosmos empfinden, beschrieb schon Sigmund Freud. Er sprach dabei von einem ozeanischen Gefühl. Auch der Gestalttherapeut Hilarion Petzold hat in seinen Büchern diesen Seinszustand als heilsam benannt. Heute nutzt er das Wissen, dass Natur uns ein Gefühl von Geborgenheit und Vertrauen in die Welt geben kann, ganz praktisch: Er ist einer der hierzulande wichtigsten Vertreter der verschiedenen Richtungen der Naturtherapie. Dabei graben die Patienten mitunter Beete um und säen Pflanzen aus – mit heilsamer Wirkung (siehe „Immer auch Selbsterfahrung“ in Psychologie Heute compact 54/2018).
Das positive Gefühl, das Gärtnern auslösen kann, scheint auch Menschen in Städten anzusprechen. Immer mehr fangen an, in Schreber- oder Dachgärten zu wursteln, Gemeinschaftsbeete anzulegen, den Balkon zu begrünen und sich am Herumwerkeln mit Erde und Pflanzen zu erfreuen. Antje Flade sieht diese Entwicklung auch aus anderen Gründen mit Wohlwollen: „Ich bin der Meinung, dass das Selbstgestalten eine wichtige Arbeit ist, um den Bezug zur Natur wiederherzustellen“, sagt sie. Besonders das gemeinsame Begrünen von städtischen Flächen, wie es zunehmend auf private Initiative stattfinde, habe vielfache positive Wirkungen: „Es führt zu sozialer Bindung im Viertel, zu Kommunikation und Kohäsion.“
Evolutionäre Polung
Dass Natur auch ohne solche Arbeiten als eine Art sozialer Kitt wirken kann, konnte die Amerikanerin Frances Kuo vom Landscape and Human Health Laboratory an der Universität Illinois zeigen. Sie befragte bereits in den 1990er Jahren Bewohner der Robert Taylor Homes in Chicago, ein zu der Zeit heruntergekommenes und problembeladenes Neubauprojekt. Kuo unterschied in ihren Befragungen zwischen Mietern, deren Wohnungen von Grün umgeben waren, und solchen, die quasi in Betonwüsten lebten.
In den Wohneinheiten mit Grünflächen kannten sich die Nachbarn besser, sie halfen einander mehr und hatten weniger Angst vor der bestehenden Bandenkriminalität. Es gab in diesen Gebäuden sogar weniger Fälle häuslicher Gewalt. Studienleiterin Kuo führt die Wirkung der Umwelt vor allem darauf zurück, dass wir evolutionär auf grüne Umgebungen gepolt sind, uns dort also wohlerfühlen und uns deshalb auch „artgerechter“ und friedlicher verhalten.
Aktuelle Forschungen, etwa von der schottischen Landschaftsarchitektin Catherine Ward Thompson, argumentieren eher damit, dass Natur Stress reduziert und die Gesundheit fördert und so wiederum Frust und Gereiztheit mindert. In sozialen Brennpunkten und bei Konflikten kann Grün also dazu beitragen, diese zu befrieden.
Alle in den Wald?
Nach der Aufzählung all dieser positiven Wirkungen könnte man auf die Idee kommen, sofort in den Wald umzusiedeln, aufs Land zu ziehen oder zumindest den nächsten Urlaub in der totalen Wildnis zu verbringen, um gesünder und naturnäher zu leben. Doch das ist laut Antje Flade gar nicht nötig. „Unsere Art, zurück zur Natur zu gelangen, muss keine Rückkehr in den Urwald sein“, sagt sie. „Es reicht, wenn wir uns in Kulturlandschaften aufhalten, in denen es Bäume, Sträucher und Grünflächen gibt.“
Die Kriterien dafür, welche Umwelten wir als erholsam empfinden, hat der Umweltpsychologe Terry Hartig formuliert (siehe „Was für ein Blick!“ in Psychologie Heute compact 54/2018). Wichtig ist dabei etwa, dass sie uns das Gefühl geben, abseits des Alltags zu sein, und faszinierend und geheimnisvoll sind. Außerdem sollten sie unseren Bedürfnissen entsprechen, das heißt, man muss sich dort bewegen können, sie dürfen nicht zu undurchdringlich und unübersichtlich sein, und es ist hilfreich, wenn es Wege und Pausenplätze gibt. Das ist in Parks, Wäldchen und anderen angelegten Grünflächen meist eher gegeben als in der Wildnis.
„Die unberührte Natur ist oft gar nicht so gut für uns, wie wir zunächst annehmen“, sagt Antje Flade. „Das sind letztlich undurchdringliche Urwälder, öde Wüsten oder Landschaften wie die Arktis – faszinierend zwar, aber auch extrem unwirtlich.“ Wenn wir stattdessen immer wieder die Natur in unserer Umgebung aufsuchen, wirkt das meist viel erholsamer. Es gibt also keine Notwendigkeit, gleich unser ganzes Leben umzukrempeln, um die positive Wirkung der Natur auf Körper und Psyche zu spüren und der Natur wieder näher zu sein. Wir müssen nur eines tun: mehr rausgehen.
Kontakt und Nähe
Wer selbst häufiger handfesten Kontakt zur Natur hat, scheint auch bewusster auf die Umwelt zu achten. Eine Studie der US-Forscherin Virginia Lohr zeigte etwa, dass der Kontakt zur Natur, den man als Kind beispielsweise bei der Gartenarbeit, beim Pflücken von Blumen oder Obst hatte, dazu führt, dass man als Erwachsener Bäume und Grün mehr schätzt.
Eine aktuelle Studie, in der die Psychologin Dörte Martens Teilnehmer eines Gartenprojekts in Berlin befragte, deutet darauf hin, dass das gemeinsame Gärtnern das Verantwortungsgefühl für die Umwelt befördert.
Dafür wurden die städtischen Gärtner befragt, wie sich das Pflanzen, Gießen und Jäten auf ihre Stimmung und ihr Erleben auswirke. Es zeigte sich, dass viele von ihnen dabei ein erhöhtes Gefühl von Verantwortlichkeit für ihren Stadtteil und für die Umwelt erlebten. Das Gefühl von Entspannung und Erholung war dagegen zweitrangig. Aktives Gärtnern könnte also dazu beitragen, ein größeres Umweltbewusstsein zu bahnen. AO
Quellen
Antje Flade: Zurück zur Natur? Erkenntnisse und Konzepte der Naturpsychologie. Springer, Wiesbaden 2018
Micolas Guéguen/Sébastien Meineri: Natur für die Seele. Die Umwelt und ihre Auswirkungen auf die Psyche. Springer Spektrum, Heidelberg 2013
Rachel Kaplan, Stephen Kaplan: The Experience of Nature: A Psychological Perspective. Cambridge University Press, Cambridge 1989
Frances E. Kuo, William C. Sullivan: Environment and crime in the inner city: Does vegetation reduce crime? Environment and Behavior, 33/ 9, 2001, 343–367. DOI: 10.1177/0013916501333002
Virginia I. Lohr, Caroline H. Pearson-Mims: Children’s active and passive interaction with plants and gardening influence their attitudes and actions towards trees and the environment as adults. HortTechnology, 15/3, 2005, 472–476.
Richard Louv: Das letzte Kind im Wald? Geben wir unseren Kindern die Natur zurück. Beltz, Weinheim 2011
Richard Louv: Vitamin N: The essential guide to a nature-rich life. Algonquin, Chapel Hill 2016
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Dörte Martens, Vivian Frick Gemeinschaftsgärten: Motive zur Initiierung und Einfluss auf Erholungserleben. Umweltpsychologie, 18/2, 2014, 103–123.
Ruth K. Raanaas u. a.: Effects of an indoor foliage plant intervention on patient well-being during a residential rehabilitation program. HortScience, 45/3, 2010, 387–392.
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