Der Glaube und die Seelenpein

Eine Studie hat untersucht, ob gläubige und spirituelle Menschen psychisch gesünder sind. Ergebnis: eher nicht. Was dahinterstecken könnte

Jesus im Gewand hat die Arme ausgebreitet
Glaube und Spiritualität geben vielen Menschen Halt in schweren Zeiten. © plainpicture/BlueHouseProject

Sind religiöse Menschen psychisch gesünder? Wohl eher nicht. Darauf deuten die Ergebnisse einer Studie hin, die auf einer repräsentativen Umfrage basiert, an der 2500 Deutsche teilgenommen hatten.

Spiritualität und gelebter Glaube hängen laut der Studie sehr wohl mit dem psychischen Wohlergehen zusammen – allerdings in umgekehrter Richtung. Sind die beiden Eigenschaften besonders ausgeprägt, leiden die Betroffenen eher an Ängsten und Depressionen. Kritisch sehen die Forschenden auch die psychische Struktur dieser Menschen. Sie bescheinigen ihnen mehr Schwierigkeiten, sich selbst und ihre Beziehungen zu anderen zu steuern. Schließlich sind auch einige körperliche Probleme bei religiösen Menschen dieser Couleur häufiger, etwa Erschöpfung und Herzbeschwerden.

Nicht die Ursache, sondern die Folge

Dass Religion in manchen Fällen psychisch krank machen kann, haben Studien schon früher gezeigt – etwa wenn Menschen ein negatives oder strafendes Gottesbild haben. Aber womöglich ist Religiosität oft nicht die Ursache von psychischen Problemen, sondern ihre Folge: Wer in seelischer Not ist, wendet sich eher dem Glauben zu. Ob Spiritualität und Glaube die Seelenpein tatsächlich lindern, ist angesichts der psychischen und körperlichen Beschwerden keineswegs sicher. Es ist aber möglich, dass die Probleme ohne die Zuwendung zum Übernatürlichen noch größer wären.

Jochen Paulus

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