Macht Google uns dumm?“, fragte der Journalist Nicholas Carr im Sommer 2008 in einem viel zitierten Artikel in der amerikanischen Zeitschrift The Atlantic. Der Untertitel ließ Schlimmes ahnen: „Was das Internet unseren Gehirnen antut“. Manfred Spitzer, Psychiater und Klinikdirektor in Ulm, wird noch deutlicher. „Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen“ lautet der Untertitel seines im Jahr 2012 erschienenen Buches Digitale Demenz. Vier von zehn Eltern in London glauben, dass das Internet die…
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im Jahr 2012 erschienenen Buches Digitale Demenz. Vier von zehn Eltern in London glauben, dass das Internet die Macht besitzt, Gehirne neu zu verdrahten.
Was manche Laien mit Sorge erfüllt, findet der Hirnforscher Michael Madeja von der Universität Frankfurt jedoch nicht bedenklich. Der Tageszeitung Die Welt gegenüber meinte er: „Jegliche Tätigkeit verändert den inneren Aufbau unseres Gehirns, denn die Verarbeitung von Informationen führt zu neuen oder veränderten Kontakten zwischen den Nervenzellen.“ Jede Art von Erfahrung schlägt sich im Gehirn nieder, „verdrahtet“ es also tatsächlich neu. Es wäre auch traurig, wenn nicht. Denn dann könnten wir nichts Neues lernen. Insofern verändert natürlich auch unser Umgang mit Computern und anderen digitalen Geräten unser Gehirn.
Der technische Fortschritt ermöglicht neues Lernen
Einen positiven Blick auf die Einflüsse von Internet & Co wirft der Autor Clive Thompson in seinem Buch Smarter than you think: How technology is changing our minds for the better. Er sieht in den neuen Medien zum Beispiel große Chancen, was den Schulunterricht angeht, und belegt seine These mit aktuellen Beispielen aus der Forschung.
Männliche Teenager lassen sich durch Onlinespiele wie beispielsweise World of Warcraft (WoW) zum Lesen und Schreiben motivieren. Das zeigte die Psychologin Constance Steinkuehler von der University of Wisconsin. Da diese Spiele sehr komplex sind und man sie normalerweise in Gruppen (Gilden) spielt, finden sich immer wieder Personen, die zum Beispiel mehr oder weniger ausführliche Anleitungen zur Bewältigung bestimmter Probleme schreiben.
Steinkuehler und ihre Mitarbeiter entwarfen auf der Basis von WoW ein außerschulisches Programm für Jungen. Sie schufen in der virtuellen Welt ein privates Forum für die Gilde der Teilnehmer, wo das passieren konnte, was die Wissenschaftlerin informelles, interessegetriebenes Lernen nennt. Wenn sie erfolgreich spielen wollen, müssen die jungen Leute lesen. Wenn sie anderen helfen wollen, müssen sie schreiben. Ebenso müssen sie schreiben, wenn sie in den Foren diskutieren.
Mit einer weiteren Studie belegte Steinkuehler, dass Jungen im Alter von 12 bis 18 Jahren durchaus fähig waren, schwierige Texte zu lesen, wenn das Thema sie interessierte. „Videospiele scheinen zunehmend die Lösung – und nicht die Ursache – des Problems von heranwachsenden Jungen und dem Lesen zu sein“, schreibt Steinkuehler. Und kommt zu dem Schluss: „Interesse ist wichtig.“ Warum sollte man junge Menschen nicht da abholen, wo sie sich häufig und mit Begeisterung aufhalten, und sie motivieren durch das Gefühl, nicht nur für die Schule und die Lehrer zu lernen?
Dorothy Burt in Neuseeland und ihre Kollegen ließen ihre Schüler Aufsätze in Internetblogs veröffentlichen. Und sie ermutigten Eltern und Freunde, diese Texte zu lesen und zu kommentieren. Sogar Fremde aus anderen Ländern oder auch der Autor eines Buchs, das besprochen wurde, meldeten sich zu Wort. Die Schüler hatten plötzlich das Gefühl, für interessierte Leser zu schreiben und nicht nur für Lehrer, die gezwungen waren, ihre Texte zu lesen. Der Erfolg, so Thompson, ließ sich messen, denn die Notendurchschnitte an den betreffenden Schulen verbesserten sich deutlich.
Die Wissenschaftlerin Brenna Clarke Gray stellte ihren Studenten die Aufgabe, Wikipedia-Beiträge über kanadische Autoren zu schreiben. „Ich merkte, dass Studenten sich oft mit einer schlechten Zensur von mir zufriedengaben, jedoch nicht wollten, dass die Wikipedia-Gemeinschaft ihnen sagte, dass sie bei ihrer Forschung faul oder nachlässig waren“, erklärt sie in einem Interview mit der Zeitschrift Edtech. Ein Nebeneffekt: Die Studenten verstanden besser, wie Einträge in Wikipedia zustande kommen, und konnten das Onlinelexikon besser als Forschungswerkzeug einsetzen.
Studieren, wann und wo man will
Mithilfe der neuen Medien lässt sich der Lernalltag außerdem neu strukturieren. Das Stichwort lautet „umgekehrter Unterricht“. Mit dieser Lernmethode wird auch an deutschen Universitäten experimentiert. Die Vorreiter sitzen jedoch in den USA. „Umgekehrt“ bedeutet: Der Unterricht, die (Video-)Vorlesungen, findet zu Hause statt, und die Schüler bestimmen, wann sie lernen wollen. Die „Hausaufgaben“, das Anwenden des Gelernten, erfolgen in der Schule mit den Mitschülern und dem Lehrer.
Tony Kim, ein mongolischer Doktorand an der Stanford University, hat vorgemacht, wie das aussehen kann. Er unterrichtete in Ulan-Bator, der Hauptstadt der Mongolei, Highschoolschüler mithilfe eines Massive Open Online Course (MOOC). Diese Kurse werden von einer Reihe von Universitäten im Internet angeboten, vor allem in den USA, aber inzwischen auch in Deutschland (siehe Heft 5/2014: Psychologie studieren im Internet). Tony Kim verwendete den Kurs Circuits and Electronics (Schaltkreise und Elektronik) des prestigeträchtigen Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, Massachusetts. Dieses Fach belegen dort gewöhnlich Collegestudenten im zweiten Jahr. Die 15-jährigen Schülerinnen und Schüler von Tony Kim schauten die Vorlesungen zu Hause an und absolvierten dort auch die zugehörigen interaktiven Übungen. Dann arbeiteten sie täglich das Gelernte in Zweier- und Dreiergruppen mit Kim durch und machten Experimente. Schüler, die die englische Sprache besser beherrschten, halfen denen, die mit dem Verstehen Probleme hatten. Am Ende des Semesters hatten zehn Gymnasiasten den Unikurs bestanden, zwei mit der Höchstnote A.
Die Vorteile des umgekehrten Unterrichts fasste Anant Agarwal, der als Professor für Elektrotechnik und Informatik am MIT für die Gestaltung des von Kim verwendeten Kurses mit verantwortlich war, in seinem Vortrag zusammen:
1. Aktives Lernen. Dafür werden die Videovorlesungen immer wieder von interaktiven Übungen zum gerade Gehörten unterbrochen.
2. Individuelles Lerntempo. Schüler können, wenn sie etwas nicht verstanden haben, die Pausetaste drücken und die betreffende Passage erneut anschauen.
3. Unmittelbares Feedback während der interaktiven Übungen. Wenn sie eine falsche Antwort gegeben haben, erfahren Schüler dies sofort und können es erneut versuchen. Wenn sie richtig lagen, werden sie mit einem grünen Häkchen belohnt – was stärker motiviert, als man vielleicht meinen sollte.
4. Die gamification, also das Nutzen spielerischer Elemente. So können die Lernenden zum Beispiel in Computersimulationen damit experimentieren, wie man einen Schaltkreis baut.
5. Peer learning. Die Schüler lernen mit- und voneinander, etwa in Diskussionsforen und in Interaktionen, wie sie sie zum Beispiel von Facebook kennen.
Wie Agarwal berichtet, laufen bereits Pilotstudien zu dieser neuen Unterrichtsform. Eine fand an der San José State University in Kalifornien mit dem bereits erwähnten Elektrotechnikkurs statt, der Jahr für Jahr eine Durchfallquote von etwa 40 Prozent hatte. Dieses Mal hingegen bestanden beachtliche 91 Prozent der Studenten.
Nicht nur in Schule und Universität profitiert der menschliche Geist vom technischen Fortschritt. Videospielen vergrößert Hirnbereiche, die für räumliche Orientierung, Gedächtnisbildung, strategisches Denken sowie Feinmotorik bedeutsam sind. Das entdeckten Forscher des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St.-Hedwig-Krankenhaus. Die erwachsenen Probanden spielten dafür zwei Monate lang täglich 30 Minuten Super Mario 64. In Bezug auf das räumliche Denken zeigten die Wissenschaftler, dass manche Arten von Spielen besser wirken als andere: Das größte Wachstum der entsprechenden Hirnmasse verursachten Logik- und Puzzlespiele wie Tetris oder Minesweeper sowie Super Mario 64.
„Das Spielen von Videogames gibt Otto Normalverbraucher die geschärfte Aufmerksamkeit eines Kampfpiloten“, meint die Kognitionswissenschaftlerin Lera Boroditsky von der University of California.
Zugang zu grenzenlosem Wissen
Das Internet wiederum macht uns schlauer und mündiger, weil wir Zugriff auf unzählige Quellen haben und uns leichter Gehör verschaffen können. Wir müssen uns nicht wie früher darauf verlassen, was die zwei oder drei Zeitungen und Zeitschriften verkünden, die wir regelmäßig lesen. Wer will, kann Informationen aus der ganzen Welt zu einem Thema finden. Aber was geschieht mit unserem Gedächtnis, wenn wir alle Informationen mit ein, zwei Klicks im Internet finden können? „Im Gehirn speichern oder auslagern in die Wolke?“, fragt Manfred Spitzer in einer Überschrift seines Buchs. Und impliziert, dass „im Gehirn speichern“ die bessere Alternative ist. Allerdings verschweigt er, dass die Menschen seit der Erfindung der Schrift Wege gefunden haben, um ihr Gedächtnis zu entlasten. Vom Buchdruck ganz zu schweigen.
Wissenschaftler wie Spitzer wären aufgeschmissen, wenn sie auf das in ihren Gehirnen gespeicherte Wissen angewiesen wären. Clive Thompson weist in seinem Buch darauf hin, dass das Wissen um Fakten schon immer eine hochkollaborative Angelegenheit war. Wir verlassen uns auf jede Menge Spezialisten, wenn es um medizinische, technische oder juristische Informationen geht oder auch nur darum, wie man einen Sauerbraten macht. Die Zeiten, in denen ein Mensch alles Wissen, das er im Leben brauchte, im Gedächtnis gespeichert hatte, waren lange vor der Erfindung des ersten Computers vorbei.
Besteht aber nicht die Gefahr, dass unser Gedächtnis mangels Übung verkümmert und wir uns ohne die Krücke Internet nichts mehr merken können? Das sieht Thompson nicht so: „Forschungsergebnisse legen nahe, dass wir, wenn es um Wissen geht, das uns interessiert, unser Gedächtnis nicht abschalten.“ Was uns begeistert, womit wir uns häufig und intensiv beschäftigen, daran erinnern wir uns auch. Oder wie Thompson entsprechende Studien zusammenfasst: „Je mehr man von einem Gebiet versteht, desto leichter absorbiert man Fakten darüber.“ Wer kennt nicht Fußballfans, die sich noch nach Jahren an wichtige Spielstände erinnern können und sich auch neue gut merken, wenn sie für sie Bedeutung haben?
Doch Computer und Internet erweitern nicht nur unser Gedächtnis, sie beeinflussen auch unser Denken. Nicholas Carr schreibt: „Es ist zu erwarten, dass die Schaltkreise, die durch unsere Verwendung des Netzes gewebt werden, sich von denen unterscheiden, die entstehen, wenn wir Bücher und andere Druckwerke lesen.“ Thompson findet diese Idee keineswegs beunruhigend. „Unsere Intelligenz hat sich nie vollständig nur in unseren Köpfen befunden“, sagt er in einem Interview. Oder zumindest nicht, seit Menschen zum ersten Mal Keilschrift oder Hieroglyphen auf Ton- und Steintafeln als Gedächtnisstütze benutzten. Auch die Philosophen Andy Clark und David J. Chalmers sind der Meinung, dass unser Geist nicht ausschließlich auf unser Gehirn beschränkt ist, sondern sich unter Umständen auch auf Teile der Umwelt ausdehnt. Sie prägten für dieses Phänomen 1998 den Begriff extended mind (erweiterter Geist, siehe auch Heft 9/2010: Wo endet der Geist?). „Der erweiterte Geist bewegt sich flink zwischen äußeren und inneren Quellen hin und her und schenkt dabei der Tatsache, woher seine Informationen kommen, wenig Beachtung“, schreibt der Wissenschaftsjournalist Carl Zimmer.
Von anderen lernen
Schön und gut, wenn man die digitalen Medien auf solch sinnvolle Art und Weise nutzt. Aber hat das nicht auch seinen Preis? „Soziale Netzwerke – Facebook statt face to face“ überschreibt Spitzer ein Kapitel seines Buchs. Und beklagt darin unter anderem „die Anonymität des Internets“. Dies hat mit der Realität der meisten Nutzer allerdings nichts zu tun, wie Umfragen in den USA und Deutschland zeigen. Der durchschnittliche Nutzer hat mehr enge Beziehungen und ein nur halb so großes Risiko, sozial isoliert zu sein, wie ein Durchschnittsamerikaner. Facebook belebt „eingeschlafene“ Beziehungen neu, und seine Teilnehmer sind politisch stärker engagiert als die meisten Menschen, berichtet das amerikanische Pew Research Internet Project. Zudem haben selbst auf den ersten Blick so trivial erscheinende Informationen wie „die Katze ist krank, es regnet schon seit drei Wochen, ich lese gerade das Buch X“ einen positiven Effekt. Sie schaffen etwas, das Thompson in seinem Buch als ambient awareness bezeichnet, also in etwa als Wahrnehmung der Lebensbedingungen. Wenn man sich dann leibhaftig trifft, ist man bereits auf dem Laufenden und kann ohne lange Erklärungen ins Gespräch einsteigen.
Über soziale Medien stehen wir außerdem direkt und indirekt mit mehr Menschen als früher in Kontakt und damit mit ihrem Wissen, das nicht unbedingt in Büchern oder anderen Medien leicht zugänglich ist. Während Google schnelle Antworten auf Faktenfragen bietet, sind Menschen besser darin, Lösungen für Probleme zu finden. Zum Beispiel in Foren, die sich speziellen Themen widmen, von der Fleckentfernung über technische Details bestimmter Smartphones bis hin zu einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen. Clive Thompson spricht von einer „Flut von Amateurkooperationen“, wobei er mit Amateur nicht jemanden meint, der stümperhaft arbeitet, sondern jemanden, der etwas aus Begeisterung tut und nicht für Geld. Das ist wichtig, denn sobald es um finanzielle Gewinne geht, bei Firmen etwa, ist die Offenheit, die eine solche Zusammenarbeit erfordert, gewöhnlich nicht gegeben.
Die bekanntesten Beispiele für dieses, wie Thompson es nennt, public thinking sind vermutlich die Online-Enzyklopädie Wikipedia und das Betriebssystem Linux. Auch Wissenschaftler machen sich die Weisheit und den Arbeitseinsatz der vielen Mitgestalter zunutze. Beim Projekt Fold.it geht es zum Beispiel darum, herauszufinden, wie die dreidimensionale Struktur bestimmter Proteine aussieht. In Form von Computerspielen können Laien die Proteinketten immer anders auffalten. Sie können im Team arbeiten oder auch allein. In einem Fall ermittelten zwei Gruppen von Spielern in drei Wochen die Struktur eines bestimmten Proteins, etwas, das Biologen in zehn Jahren nicht gelungen war. Wie erzielen Amateure solche Erfolge? „Indem sie sehr offen sind und ihre beste Arbeit teilen und ihre Lieblingsmethoden posten, sodass andere sie verbessern können“, lautet Thompsons Antwort. Ihre Motivation? Menschen genössen das Gefühl, etwas zum allgemeinen Wissen beizutragen, meint der kanadische Autor. Dazu passt der Slogan der Fold.it-Seite: Solve puzzles for science – Löse Rätsel für die Wissenschaft.
Andere Internetnutzer verlegen sich darauf, Fragen in Portalen zu beantworten. Thompson zitiert eine Umfrage unter Personen, die ihr Wissen im südkoreanischen Portal Naver zur Verfügung stellen. Was viele von ihnen antrieb, war die Freude daran, anderen zu helfen. Andere erklärten, dass das Formulieren der Antworten ihnen half, ihre Gedanken zu ordnen und einen Überblick über ihr eigenes Wissen zu bekommen. Der Vorteil der neuen Medien: Man ist beim Erklären nicht mehr nur auf die Schriftform oder allenfalls einzelne Abbildungen angewiesen. Wer bei der Videoplattform YouTube nach „Tutorials“ (Anleitungen) sucht, findet mehr als 80 Millionen Ergebnisse. Die Filmchen zeigen Schritt für Schritt, wie man bestimmte Software installiert und anwendet, die verschiedensten Reparaturen durchführt, Gerichte kocht, Instrumente spielt und vieles mehr.
Aber was ist mit den Risiken, die von den neuen Medien ausgehen? Natürlich haben die digitalen Medien wie alles im Leben neben Vorteilen auch Nachteile. Wenn wir bis spät in die Nacht im weltweiten Netz unterwegs sind oder uns in Spielwelten verlieren, droht Schlafmangel mit all seinen Folgen für die physische und psychische Gesundheit. Die Vielzahl der Angebote lenkt ab und verleitet uns zum Multitasking, also dazu, zwischen verschiedenen Tätigkeiten hin und her zu springen. Die Folge: Häufig leisten wir weniger, als wenn wir uns auf eine Aufgabe konzentrieren. Nicholas Carr beklagt in seinem Artikel: „Das Netz scheint an meiner Fähigkeit zur Konzentration und Kontemplation zu nagen.“ Ein junger Mann mit Namen Jamal hält dem in einem längeren Kommentar entgegen: „Wenn Sie mit jüngeren Menschen wie mir sprechen, werden Sie entdecken, dass wir keine Probleme haben, uns zu konzentrieren, wenn wir es wollen oder müssen.“ Seiten wie die Kommentarsektion zu Carrs Artikel zeigten, dass Menschen sehr wohl fähig seien, sich stundenlang mit Texten und Argumenten auseinanderzusetzen.
David Dalrymple vom Massachusetts Institute of Technology hat dazu eine interessante Theorie. Wissen sei früher eine innere Eigenschaft eines Menschen gewesen, und die Konzentration auf die jeweilige Aufgabe ließ sich von außen erzwingen. Dank des Internets könne Wissen von außen zugeführt werden, zur Konzentration müsse man sich jedoch innerlich zwingen. Auch der Wissenschaftsjournalist Carl Zimmer glaubt, dass man Wege finden muss, mit den allgegenwärtigen Ablenkungen umzugehen. Doch er ist optimistisch: „Wenn wir etwas gelernt haben, seit Clark und Chalmers The extended mind veröffentlichten, dann ist es, nicht die Fähigkeit des Verstandes zu unterschätzen, sich an eine sich ändernde Welt anzupassen.“
Clive Thompson: Smarter than you think. How technology is changing our minds for the better. E-book, 2013
Manfred Spitzer: Digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen. Droemer, München 2012
Nicholas Carr: Is Google making us stupid? www.theatlantic.com/magazine/archive/2008/07/is-google-making-us-stupid/306868/
Clive Thompson: Nine ways to become smarter than you think. www.psychologytoday.com/blog/finding-the-next-einstein/201311/nine-ways-become-smarter-you-think
Carl Zimmer: How Google is making us smarter. www.discovermagazine.com/2009/feb/15-how-google-is-making-us-smarter
Constance Steinkuehler: The mismeasure of boys: Reading and online videogames. www.wcer.wisc.edu/publications/workingPapers/Working_Paper_No_2011_03.pdf
Andy Clark, David J. Chalmers: The extended mind. MIT Press, Cambridge 2012