Die Verunsicherung kann man sich wie ein zweistöckiges Haus vorstellen. Wenn wir spät abends zum zehnten Mal den Vortrag für den nächsten Tag durchgehen, weil wir uns vergewissern wollen, dass alles perfekt ist, ist die Unsicherheit anlässlich der Präsentation nur das obere Stockwerk. In der unteren, schwer zugänglichen Etage tummeln sich indes die Themen, die uns dauerhaft verstören: Unser Unbewusstes mit seinen still arbeitenden, ungelösten seelischen Konflikten sowie die existenziellen Themen, der Tod zum Beispiel.
Das Bild des mehrstöckigen Gebäudes stammt von dem Ingolstädter Psychoanalytiker Ralf T. Vogel. Es zeigt uns, dass wir langfristig am besten mit dem Gefühl der Verunsicherung zurechtkommen, wenn wir bei beidem ansetzen: der konkreten Situation in der oberen Etage – und dem unklaren Durcheinander darunter.
Ungewissheit, also das Nichtwissen darüber, wie es in Zukunft weitergeht, ist für die meisten Menschen sehr belastend. Sie führt sie zu einem Gefühl der Verunsicherung und zu Stress. Als London im Zweiten Weltkrieg bombardiert wurde, häuften sich unter den Menschen in den Vororten stressbedingte Magengeschwüre – nicht aber unter den Bewohnerinnen und Bewohnern der Innenstadt. Sie rechneten bereits mit Angriffen und gingen Nacht für Nacht in den Luftschutzkeller. Die Menschen in den Außenbezirken hatten jedoch zu der Gefahr der Bomben noch die Belastung, dass solche Angriffe unvorhersehbar waren.
Dieses Beispiel skizziert der Wissenschaftsautor Stefan Klein in seinem Buch Alles Zufall. Die Kraft, die unser Leben bestimmt. „Wir schätzen stabile Verhältnisse, selbst wenn wir darunter zu leiden haben“, schreibt er. Das zeige sich zum Beispiel täglich im Büro: Statt sich Machtkämpfen mit…
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