Von Fehlern und Selbstwert

Aus den eigenen Fehlern lernen – ein Credo, das sehr einfach klingt, aber so schwer ist.

Fehler sind unvermeidbar, aber wenn sie schon passieren, kann man immerhin aus ihnen lernen, so das Credo in Unternehmen, an Universitäten oder in Schulen, aber auch in Familien. Dies zu tun ist leider ein recht schwieriges Unterfangen; zu diesem Schluss kommen zwei Psychologinnen in fünf Studien mit mehr als 1600 Teilnehmern. Denn wenn wir nach einem Fehler auf ihn aufmerksam werden – etwa in Form von negativer Rückmeldung –, werden wir danach nicht etwa besser, sondern schlechter, weil unser Selbstwertgefühl in den Keller geht.

Die Psychologinnen stellten den Probanden zunächst Aufgaben zu Inhalten aus unterschiedlichen Bereichen. So sollten Mitarbeiter eines Callcenters etwas über die Kundenorientierung erfahren und anschließend dazu Fragen beantworten. Oder zufällig ausgewählte Teilnehmer sollten die spezielle ­kulturelle Bedeutung diverser Symbole einschätzen lernen.

Dabei erhielten die Teilnehmer positives, negatives oder gar kein Feedback. Positives und negatives Feedback waren stets gleichermaßen informativ, damit die Probanden eine Chance hatten, daraus für die nächste Aufgabe Rückschlüsse zu ziehen. Zudem verglichen die Psychologinnen, inwiefern die Teilnehmer aus diesen negativen und positiven Rückmeldungen tatsächlich lernten. Außerdem erhoben die Forscherinnen das Selbstwertgefühl der Probanden. Schließlich durften in einer der Studien die Teilnehmer auch die falschen und richtigen Antworten der anderen einsehen, um sich zu verbessern.

In allen fünf Studien lernten die Freiwilligen aus ihren eigenen Fehlern am schlechtesten. Aber sie lernten gut aus ihren Erfolgen, ebenso aus den Erfolgen und Fehlern der anderen. Der Grund: Erhielten sie bei einem eigenen Fehler das entsprechende Feedback, sank ihr Selbstwertgefühl sofort stark ab, sie schalteten ab und waren nicht mehr motiviert. Wie die Forscherinnen schreiben, war es der Moment des Versagens selbst, der diese psychologischen Prozesse in Gang setzte. Dagegen motivierten die Erfolgsmeldungen sofort, in den darauffolgenden Aufgaben dazuzulernen.

Lauren Eskreis-Winkler, Ayelet Fishbach: Not learning from failure – the greatest failure of all. Psychological Science, 2019. DOI: 10.1177/0956797619881133

Artikel zum Thema
Aus eigenen Fehlern und dem eigenen Scheitern zu lernen ist ein guter Vorsatz, nur machen es viele nicht. Warum, erklärt die Psychologin Ayelet Fishbach
Schwieriger als die Kunst des Kritisierens ist nur noch, Kritik auszuhalten und anzunehmen. Aber: Ohne negatives Feedback gibt es keinen Fortschritt.
Wer gewissenhaft seine Pflichten erledigt, hat meist keine Zeit mehr für seine Träume. Schade, denn irgendwann bereuen wir das zutiefst.
Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 4/2020: Mein wunder Punkt
Anzeige
Psychologie Heute Compact 79: Das Leben aufräumen