Stress erschwert das Denken

Wer gut planen und entscheiden will, sollte sich keinem unnötigem Stress aussetzen - ganz besonders, wenn ohnehin Krisenzeiten sind.

Zurzeit, während der Coronakrise, haben viele einen erhöhten Stresspegel und genau jetzt sollten wir besonders sorgfältig darauf achten, diesen nicht weiter steigen zu lassen. Denn Stress wirkt sich nicht unbedingt positiv aus auf unsere Fähigkeit zu planen, oder Entscheidungen zu treffen, stellten Forscher der Stanford University fest. Das heißt: Stress hindert uns daran, Probleme so schneller, effizient und effektiv zu lösen, wie wir es eigentlich könnten. Stress macht es schwerer, gut und kreativ zu entscheiden. Stress raube uns die Fähigkeit, unser Gedächtnis bei solchen Denkprozessen richtig zu nutzen, fassen die Wissenschaftler zusammen.

Die Forscher ließen ihre Probanden durch virtuelle Städte räumlich navigieren, damit sie ein Ziel in diesen Städten erreichen konnten. Insgesamt 38 Teilnehmer lernten vor der eigentlichen Aufgabe in einem zweitägigen Training zwölf verschiedene Routen in diesen virtuellen Städten kennen und trainierten die Navigation. Die Routen waren anhand von Pfeilen vorgegeben. In der späteren Aufgabe, die dann am dritten Tag stattfand, waren die Pfeile nicht zu sehen.

Einem Teil der Gruppe kündigten die Psychologen an, sie würden dann während der Navigationsaufgabe milde elektrische Schocks erhalten, überraschend und unabhängig von ihrer jeweiligen Leistung. Die anderen erhielten keine dieser milden Elektroschocks. Allen wurde dann ein Ziel vorgegeben, das mit einer der zwölf Routen erreichbar war. Die Forscher werteten aus, wie die Teilnehmer an die Ziele gelangten. außerdem beobachteten und verglichen sie die Gehirne der Probanden mit Magnetresonanztomografie.

Gestresste Probanden entschieden unflexibel

Die nicht gestressten Teilnehmer waren bei der Aufgabe erfindungsreicher und fanden neue Abkürzungen, während die Gestressten nur auf diejenigen Routen zurückgriffen, die sie gelernt hatten (und die länger waren). Die Gestressten waren nicht in der Lage waren, sich nach Abkürzungen umzuschauen und zu überlegen, ob diese funktionieren würden. Wer milde Elektroschocks erhalten hatte, musste in deutlich stärkerem Maß als die nicht gestressten Teilnehmer auf Gelerntes zurückgreifen. Dies spiegelte sich auch in den Aufnahmen der Gehirne.  

Die Forscher sehen in ihrem Experiment den ersten direkten Nachweis, wie sehr Stress das Denken, Planen und Entscheiden beeinträchtigen kann. Umgekehrt haben Menschen, die nicht unter Stress stehen, den Vorteil, besser planen und entscheiden zu können, wie die Wissenschaftler schreiben. Die Befunde zeigen, wie wichtig es ist, sich unter möglichst wenig Stress seinen Tätigkeiten widmen zu können.

Thackery I. Brown u. a.: Stress disrupts human hippocampal-prefrontal function during prospective spatial navigation and hinders flexible behavior. Current Biology , 30, 1-13, 2020. DOI: 10.1016/j.cub.2020.03.006

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