Wenn Führungskräfte rivalisieren

Mitarbeitende haben nicht viele Möglichkeiten, bei missbräuchlicher Führung eine gute Arbeitsbeziehung zu ihren Vorgesetzten zu entwickeln.

Sie rasten leicht aus, schreien häufig, stellen Mitarbeitende schon bei geringfügigen Fehlern bloß: Narzisstische Managerinnen und Manager neigen öfter zur missbräuchlichen Führung (abusive leadership) als andere. Die Psychologinnen Theresa Fehn und Astrid Schütz von der Universität Bamberg kommen nach einer Untersuchung von 140 Führenden aus verschiedenen Branchen zu dem Schluss: Je stärker die Narzisstinnen und Narzissten unter ihnen zum Rivalisieren neigten, desto ungnädiger reagierten sie auf das in fiktiven Szenarios beschriebene Verhalten von Untergebenen, unabhängig davon, ob es eher zurückhaltend oder eher dominant war.

Der Studie liegt die Annahme zugrunde, dass die Neigung, Mitarbeitende emotional zu missbrauchen, mit der narzisstisch geprägten Persönlichkeit der Führungskräfte zu tun hat. Narzissten ist es eigen, sehr viel Bewunderung zu brauchen und zugleich stark mit anderen zu rivalisieren. Fehn und Schütz wollten nun wissen, inwieweit das Verhalten der Untergebenen gegenüber einer narzisstischen Führungskraft Einfluss hat auf deren Neigung, die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter schlecht zu behandeln.

Rivalisieren ruft destruktives Verhalten hervor

Dazu ließen die Forscherinnen die 140 Befragten eine Narzissmus-Skala ausfüllen, die deren Streben nach Bewunderung und ihre Neigung zur Rivalität erfasste. Zudem legten sie ihren Teilnehmenden drei so genannte Vignetten vor, das sind sehr kurze Episoden, in denen eine bestimmte soziale Situation beschrieben wird.

Hier ging es darum, dass eine untergebene Person sich bei ihrer Vorgesetzten oder ihrem Vorgesetzten für einen Fehler entschuldigte oder wahlweise die Führungskraft beschuldigte, also dominant auftrat. Anschließend sollten die Führungskräfte die in der Vignette beschriebene untergebene Person im Hinblick auf ihre Kompetenz bewerten und daraufhin, ob sie diese sympathisch fanden. Zudem füllten sie einen weiteren Fragebogen aus, ob sie die Absicht hegen würden, die beschriebene Person schlecht zu behandeln.

Es zeigte sich, dass das Verhalten der in der Vignette beschriebenen Person offenbar die Rivalität der befragten Führungskräfte „antriggerte“: Sehr stark rivalisierende Befragte berichteten davon, dass sie die Personen schlecht behandeln würden. Offenbar, so schlussfolgern die Autorinnen, gehe die Rivalität bei Narzisstinnen und Narzissten in hohem Maß einher mit destruktivem Verhalten. Dieses kann anscheinend durch jedes Verhalten von Untergebenen ausgelöst werden. Und es hatte nichts damit zu tun, ob die Befragten die Personen in den Vignetten für kompetent oder sympathisch hielten.

Nett sein hilft 

Das Fazit: Bei stark rivalisierenden narzisstischen Vorgesetzten haben Mitarbeitende eher wenig Möglichkeiten, eine gute Arbeitsbeziehung zu ihnen zu entwickeln. Diese Studie widerspricht Ergebnissen von früheren Untersuchungen, wonach Untergebene ihr Verhalten so anpassen können, dass sie mit solchen Vorgesetzten zurechtkommen. 

Laut den Autorinnen belegt eine weitere Studie: Es kann helfen, sich im Nachhinein einzuschmeicheln und besonders nett zu sein. Das stärke das Ego der Führungskraft und stelle – in ihrem Empfinden – ihren sozialen Status wieder her.

Theresa Fehn, Astrid Schütz: How to deal with a difficult boss. The roles of leaders` narcissistic rivalry and followers` behavior in abusive supervision intentions. Zeitschrift für Psychologie, 230/4, 2022. 10.1027/2151-2604/a000503

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