Es gibt wenige Orte, die so eindeutig zu sein scheinen: Der Friedhof ist der Platz, an dem Tote beerdigt sind und der den Angehörigen einen Raum des Gedenkens gibt. Aber warum besuchen so viele Menschen Friedhöfe? Der Pariser Friedhof Père-Lachaise ist ebenso ein Touristenmagnet wie der Hamburger Friedhof Ohlsdorf. Der Wiener Zentralfriedhof sowieso – und das beileibe nicht erst seit Wolfgang Ambros’ Rockhit Es lebe der Zentralfriedhof aus den Siebzigern.
Die Faszination von Friedhöfen hat sehr viele Facetten. Beim Betreten eines Friedhofs, berühmt oder nicht, vollzieht sich oft eine Stimmungsänderung; sie gelten als Orte der Ruhe und Parks für die Seele. Es ist fast so, als würden wir eine besondere Welt des Berührtwerdens betreten. Das Unvorstellbare des Todes kommt uns selten so nahe wie an diesem Ort; hier erleben wir seine Unausweichlichkeit. Dieser unfassbare Gedanke bekommt unabhängig von der eigenen religiösen Verankerung durch die materialisierte Kultur der Grabstätte eine erträgliche Seite.
Stätte der Trauer
Auf dem Friedhof findet die Trauer einen Raum. Gleichsam einem Gespräch an der Haustür können wir hier mit unseren Verstorbenen sprechen, ihnen von uns erzählen, Freude und Sorge mitteilen. Leider vor einer verschlossenen Tür. Dennoch tröstet diese Verbindung, und es berührt ungemein, Trauernde an einem Grab zu sehen. Wie selten fühlen wir uns dann so weich und auch fremden Menschen als Mensch derart verbunden. Manchmal weinen wir in durchdrungener und diffuser Trauer still mit.
Friedhöfe sind letztlich Orte der tiefsten Menschlichkeit. Das Grab der Angehörigen ist zugleich die Schnittstelle zwischen dem Jenseits und dem eigenen Leben: durch Erinnerungen, aber auch durch die Liebe oder zumindest die Verbundenheit mit den Verstorbenen, der durch mehr oder weniger...
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