Herr Fliegel, mit Beginn des Wintersemesters gibt es jetzt ein Psychotherapiestudium, das direkt zur staatlichen Berufszulassung führt. Wer diese Approbation hat, kann eine Praxis aufmachen und ambulant und stationär behandeln. Würden Sie empfehlen, zu solchen Therapeuten zu gehen?
Dazu würde ich auf gar keinen Fall raten, weil diesen Absolventen ein großer Teil insbesondere der praktischen Ausbildung fehlt. Für mich kommt die Approbation hier deutlich zu früh. Das bereitet mir Sorge. Dass man nach dem Studium bereits die Approbation erhält, also die „Befugnis zur selbständigen und eigenverantwortlichen Anwendung der Psychotherapie“, ist von der Ausbildungsqualität her nicht zu rechtfertigen. Die drei Praktika im Studium reichen nicht, um wirklich genügend Erfahrung zu sammeln. Die wird auch künftig erst nach dem Studium in der Weiterbildung erworben, etwa in psychiatrischen Kliniken und psychotherapeutischen Ambulanzen von Weiterbildungsstätten.
Sehen Sie noch weitere Risiken?
Ich befürchte, dass es in Zukunft viel zu wenige Therapeutinnen und Therapeuten für Kinder und Jugendliche geben wird. Denn wer die Approbation besitzt, darf alle Altersgruppen behandeln, muss sich aber bei der Weiterbildung für nur eine Altersgruppe entscheiden. Für Psychologieabsolventen war das schon immer so. Mit pädagogischem Hintergrund konnte man aber bisher nur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie lernen. Wer zukünftig die freie Wahl haben wird, wird sich nach meiner Einschätzung eher für die Therapie Erwachsener entscheiden. Das zeigt sich heute schon bei denen, die beide Qualifikationen haben.
Warum ist das so?
Sie bekämen das gleiche Geld für ihre Leistung, aber die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Eltern und Lehrern ist anstrengender. Die Praxiseinrichtung ist durch aufwendige und hochwertige Spielzimmer sowie das therapeutische Material teurer. Am Vormittag und in den Ferien…
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