Die Psychologie des Kochens

Kochen ist gut für Körper und Seele – solange man sich nicht von der Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit stressen lässt.

Ein Mann bereitet gutgelaunt eine Pizza zu und streut genussvoll Käse darüber
Fertig! Kochen erzeugt das gute Gefühl, selbst etwas geschafft zu haben. © Getty Images

Schon unsere Sprache zeugt davon, wie sehr Kochen unseren Alltag prägt. Wir kochen vor Wut oder auch nur mit Wasser, geben unseren Senf dazu und versalzen anderen die Suppe. Wir rupfen ein Hühnchen mit der Tochter, riechen den Braten, hauen den Kollegen in die Pfanne und schmoren im eigenen Saft. Dass Essen nicht nur geschmacklich, sondern auch sprichwörtlich so präsent ist, liegt daran, dass seine Zubereitung eine der folgenreichsten und notwendigsten Beschäftigungen im Leben aller Menschen ist – und ein…

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im Leben aller Menschen ist – und ein Meilenstein in unserer Geschichte.

„Die Möglichkeit, Nahrung zu garen, ist ein wesentlicher Übergang vom animalischen zum menschlichen Dasein, das heißt von der Natur zur Kultur“, schrieb die 2015 verstorbene Gisla Gniech, Professorin für Psychologie an der Universität Bremen, in ihrem Buch Essen und Psyche. Über Hunger und Sattheit, Genuss und Kultur. Lange habe das Kochen vor allem dazu gedient, biologische Grundbedürfnisse zu stillen und das Überleben zu sichern. „Heute befriedigt es Wünsche nach sinnlichen Erlebnissen und ist – ob Galadiner oder Fast Food – ein Gemeinschaftserlebnis“, so Gniech.

Nicht ohne Grund zählen laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung 66 Prozent der Deutschen das Kochen zu ihren liebsten Freizeitaktivitäten. „Der Boom an TV-Kochsendungen und Rezeptbüchern, die wachsende Anzahl von Kochschulen und Genussseminaren, die Renaissance der Wochen- und Bauernmärkte, nicht zuletzt die enorme Vielfalt an Food-Blogs und das Phänomen der Food-Fotografien in sozialen Medien“ zeugten von der großen Bedeutung des Kochens in unserer modernen Gesellschaft, stellen die Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler und der Kulturwissenschaftler Wolfgang Reiter in ihrem Beitrag für den Band Die Philosophie des Kochens fest. Die sogenannten Foodies als „Menschen, die den kulinarischen Genuss zum Lifestyle erhoben haben, zum Angelpunkt, um den sich ihre Welt(sicht) dreht“, vermehrten sich rasant.

Kochen und Gefühle

Sinnestaumel statt Sättigung, Lifestyle statt Leibesfülle – wo niemand mehr Hunger leiden muss, wird Kochen zum Ausdrucksmedium. Zum Beispiel bei dem „leidenschaftlichen Hobbybäcker und -koch“ Björn Valentin. Mit blondem Schopf, Ringelshirt und Herzchentasse strahlt er den Lesern seines Blogs Herzfutter entgegen. Gerichte wie ein Melonen-Radieschen-Salat, eine Kürbis-Gorgonzola-Herbstpfanne und eine Heidelbeer-Cassis-Torte warten dort auf Nachahmer. Dem Berliner geht es um „Inspiration, Freude, Leidenschaft und Glücksmomente“, schreibt er, kurz um „Essen aus Liebe“. In seinen Rezepten spielen Mengenangaben und Verarbeitungstipps deshalb nur eine Nebenrolle. Die Bühne gehört vergötterten Erdnüssen, geliebten Burgern, himmlischen Hühnchen und Fischen mit Heimatgefühl.

Wie viele Menschen verknüpft der 28-Jährige so manche Speise mit positiven Empfindungen. „Durch Kindheitserinnerungen und bestimmte Erlebnisse sind Essen und Kochen oft mit Emotionen verbunden“, sagt Christina Bermeitinger, die am Institut für Psychologie der Universität Hildesheim zu diesem Thema forscht und mit ihren Studenten ein Kochbuch der Gefühle herausgegeben hat.

Das Zubereiten von Nahrungsmitteln beschert uns eine ganze Palette an schönen Gefühlen: Vorfreude, Überraschung, Neugierde oder Zufriedenheit. Löffeln wir nach vollbrachter Arbeit dann die Grießnockerlsuppe à la Oma, breitet sich ein heimelig-warmes Gefühl ins uns aus. Servieren wir den Freunden ein opulentes Drei-Gänge-Menü, fallen wir am Ende des Abends mit stolzgeschwellter Brust ins Bett.

Forscher der US-amerikanischen National Institutes of Health stellten entsprechend in einer Überblicksarbeit fest, dass Kochen „positive Stimmung, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl fördert“. Eine Erklärung für diesen Effekt liefern Wissenschaftler von der University at Buffalo. In mehreren Experimenten zeigten Jordan Troisi und Shira Gabriel, dass bestimmte Speisen Gefühle der Einsamkeit und Isolation lindern können. „Die emotionale Wirkung von Wohlfühlgerichten resultiert aus ihrer Verbindung zu sozialen Beziehungen“, wissen die Psychologen. Sie erinnern uns an unsere Familie, die Kindheit und Momente der Fürsorge – „und sorgen damit tatsächlich für Wohlgefühl“, meinen die Forscher.

Doch nicht nur Gerichte erzeugen Gefühle, Gefühle erzeugen auch Gerichte: „In bestimmten Stimmungen bevorzugen wir bestimmte Nahrungsmittel“, sagt Psychologin Christina Bermeitinger. „Wenn es uns gut geht, bereiten wir uns eher Speisen mit frischen, knackigen Zutaten zu. Wenn es uns weniger gut geht, greifen wir eher zu Junkfood und Fertiggerichten.“ Egal ob wir uns trösten, belohnen oder umsorgen wollen – oft ist die Nahrung ein Mittel, um unsere Laune zu heben. Denn „Glück und Wohlbefinden sind die Folge der Befriedigung von drei verschiedenen Bedürfnissen“, so Gisla Gniech: dem physiologischen, dem sinnlichen und dem sozialen. Das Kochen und Essen bediene alle drei dieser Ebenen.

Aber auch mit negativen Gefühlen kann Kochen verbunden sein. Der Stress beim Braten der Weihnachtsgans, der Erwartungsdruck durch die Geburtstagsgäste, die Angst, ein Gericht zu überwürzen, oder der Zorn darüber, dass eine Speise angebrannt ist – diese Empfindungen sind fast jedem Koch bekannt. Daneben wabere eine große Furcht durch die deutschen Küchen, beobachten Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler und Kulturwissenschaftler Wolfgang Reiter. „Traue niemandem, nur dir selbst“, das sei die Botschaft vieler Kochbücher auf dem Markt. „Problematisch daran ist nicht, dass sie auf Missstände in der industriellen Lebensmittelproduktion und auf Probleme unseres Nahrungssystems aufmerksam machen“, schreiben die Autoren, sondern, „dass sie ihre Leser zu paranoiden Essern manipulieren, ihnen Angst und ein schlechtes Gewissen machen“. So würden immer neue Lebensmittel verteufelt, Ernährungsfallen deklariert, Industrielügen aufgedeckt und Diätratschläge produziert – bis kaum ein Verbraucher mehr wisse, wie er sich richtig verhalten kann.

Kochen und Genesung

Verunsicherung, Frustration, Ärger – das sind die Schattenseiten des neuen Hypes ums Kochen. Gleichzeitig ist Kochen ein guter Weg, belastende Emotionen zu regulieren: „Wir können uns dabei regelrecht abreagieren – Kräuter hacken, Kartoffeln stampfen oder Teig kneten“, sagt Psychologieprofessorin Christina Bermeitinger. „Viele setzen das Kochen außerdem ein, um zu entspannen oder abzuschalten.“ Wirkungen wie diese machen sich auch Therapeuten, Praxen und Kliniken zunutze, indem sie für Patienten sogenannte „Kochtherapien“ als Methode der Verhaltensaktivierung anbieten (siehe Kasten).

In diesen speziellen, das psychotherapeutische Vorgehen zumeist begleitenden Programmen lernen die Betroffenen so beispielsweise, ihre Achtsamkeit zu schulen und soziale Interaktionen zu trainieren – offenbar mit Erfolg: Die Metaanalyse der US-amerikanischen National Institutes of Health kommt zu dem Schluss, dass die wissenschaftlichen Belege für den Nutzen von Kochinterventionen zwar noch spärlich ausfallen; erste Studien legten dennoch positive Einflüsse nahe, etwa auf das Selbstvertrauen, soziale Kompetenzen, Angstzustände, Gefühle von Selbstwirksamkeit sowie die Lebensqualität.

Die Forscher um Hauptautorin Nicole Farmer ­erklären sich den Effekt damit, dass Kochen schöne Erinnerungen hervorruft und Konzentration ­erfordert. Geruchs-, Geschmacks-, Tast- und Sehsinn ­werden gleichermaßen angesprochen und verankern uns ganz in der Gegenwart. Wir lernen Neues, sind ­kreativ und erhalten unmittelbare Rückmeldungen über die Konsequenzen unseres Tuns. Am Ende liegt etwas Greifbares auf dem Teller und beschert uns nicht nur ein Geschmacks-, sondern auch ein Erfolgserlebnis. Die Tatsache, dass mit häufigerem Kochen oft auch eine gesündere Ernährung einhergeht, kann das Wohlbefinden zusätzlich steigern. Nicht zuletzt, vermuten die Autoren, „könnte auch die Interaktion in den Kochgruppen einen Teil der positiven Effekte auf psychosoziale Faktoren erklären“.

Kochen und Gemeinschaft

„Das gemeinsame Essen und Kochen hat eine Reihe sozialer Funktionen“, sagt auch Christina Bermeitinger. „Kommunikation wird geschult, soziale Regeln werden gelernt, der Zusammenhalt wird gestärkt.“ Stellen wir uns mit anderen hinter den Herd, lernen wir unterschiedliche Vorlieben zu akzeptieren, eigene Bedürfnisse auszudrücken und zusammen an einem Ziel zu arbeiten. Beim Essen in der Gruppe schließlich fühlen wir uns als Teil eines Kollektivs und bemühen uns um Harmonie.

Doch während Kochen in der Gemeinschaft meist bereichernd ist, kann Kochen für  die Gemeinschaft tagtäglichen Stress, lästige Pflicht und organisatorischen Aufwand bedeuten. Das hat beispielsweise Magda Fuchs fast 30 Jahre lang erlebt. Tag für Tag hat die heute 56-Jährige ihrer fünfköpfigen Familie ein warmes Mittagessen serviert. „In dieser Frequenz ist das Kochen nur noch selten ein Genuss“, sagt sie. „Irgendwann bist du froh, wenn du irgendeinen Einfall hast und es schnell geht.“ Eine Idee finden, Zutaten einkaufen, Essen zubereiten, Arbeitsfläche aufräumen, Töpfe abwaschen: eine zermürbende Routine, die nur vom Wochenende unterbrochen wurde. „Da hat öfter mein Mann das Kochen übernommen. Zumindest wenn es den klassischen Sonntagsbraten gab oder gegrillt wurde.“

Kochen und Gesellschaft

Den Mann von Magda Fuchs würden die Meinungsforscher des Rheingold-Instituts vielleicht als wild boy betiteln. In tiefenpsychologischen Interviews haben sie verschiedene Ernährungstypen ausfindig gemacht. Neben „Salatsingles“, „großen Kindern“ oder „Food-Posern“ zählen auch eben diese „wilden Jungs“ dazu. Mit wissenschaftlicher Präzision rücken diese wild boys demnach – freilich nur zu besonderen Anlässen – ihrem Entrecote vom Galicien-Beef zu Leibe. Mittels komplexer Gerätschaften inszenierten sie ihre Männlichkeit und zelebrierten den Fleischgenuss als Symbol der Urkraft, so die Forscher. Zu ihnen gehört auch Schriftsteller Carsten Otte, der sich und seine Artgenossen in dem Buch Der gastrosexuelle Mann ergründet: Dieser „investiert in ausgefallenes Kochwerkzeug, kennt sich mit Sous-vide-Gartemperaturen aus und macht aus jedem Amuse-Gueule ein wahres Vorspiel. Seine Leidenschaft erwacht nicht unterm Auto, sondern in der Küche.“

Hobbyköche wie den 46-Jährigen betrachtet das Autorenduo Hanni Rützler und Wolfgang Reiter als Teil einer „neuen Genusselite“. Diese neige dazu, die gesellschaftliche Relevanz ihrer Obsessionen zu überschätzen, und betreibe eine „Vergötterung des Kochens und das Hochstilisieren der Kulinarik zum Heilsweg für das Individuum und die Gesellschaft“. Wer sich ihrem Diktat nicht unterwerfe, sehe sich schnell als Opfer der Lebensmittelindustrie bemitleidet oder zum Drückeberger ernannt. „Insbesondere Mütter mit Kindern bekommen das heute immer mehr zu spüren“, kritisieren die Wissenschaftler.

In der New York Times findet der Essayist William Deresiewicz deutliche Worte für diese Entwicklung: „Foodism ist ein Instrument des Statusstrebens und der Konkurrenz, ein allgegenwärtiger Anlass für Snobismus und soziale Aggression“, schreibt er. Das Kochen habe darüber fast religiöse Züge angenommen: „Nahrung drückt heutzutage symbolische Werte aus und absorbiert die spirituellen Energien der gebildeten Klasse. Sie hat sich mit dem Sinn des Lebens verbunden und wird als Weg zur Erlösung gesehen, sowohl für das Selbst als auch für die Menschheit.“

Diese Überhöhung prallt auf die Realität der großen Mehrheit. Deren Esskultur sei „durch einen ­Verlust von Struktur und Rhythmisierung, dafür aber durch eine starke Zunahme von Hektik, Zeitknappheit und Multioptionalität charakterisiert“, stellt Thomas Ellrott, Ernährungspsychologe an der Universität Göttingen, in einer Studie fest. Zeit und Ort des Essens werden durch den Job diktiert, Snacks ersetzen Mahlzeiten, Kochbücher dienen eher als Ersatzbefriedigung denn Motivation.

„Delegiertes Genießen“ nennen Kulturwissenschaftler dieses verbreitete Phänomen: Die Fertigpizza kauend beobachten wir im TV, wie andere die Mangoldfüllung in den selbstgemachten Ravioliteig füllen. Zwar gibt in Studien noch mehr als die Hälfte der Befragten an, regelmäßig zu Hause zu kochen, doch versteht darunter nur ein kleiner Teil ein vollständig aus frischen Zutaten zubereitetes Essen. Pappkartons vom Lieferservice, Convenience-Produkte und Restaurantbesuche sind nicht selten ein fester Bestandteil des Alltags.

Kochen und Genuss

Wie also glückt uns der Spagat zwischen Wirklichkeit und Anspruch? Zwischen Sous-vide-Garer und Maggi Fix? Vielleicht indem wir uns ein Leben mit beiden Facetten des Kochens erlauben: als Alltagspflicht, aber auch als Selbstfürsorge. Denn: „Kochen ist eine entspannende, kreative, lustige und inspirierende Tätigkeit, die uns hilft, uns freier, ehrlicher und offener zu fühlen“, sagt die Beraterin und Sozialpädagogin Julie Ohana, die im US-Bundesstaat Michigan eine culinary art therapy anbietet. In Einzelsitzungen oder bei Kochabenden mit der ganzen Familie lernen ihre Klienten, dass das Prädikat „Soulfood“ nicht von trendigen Zutaten und hippen Rezepten abhängt, sondern allein von unserem Erleben. Der Lieblingssong aus dem Küchenradio, der liebevoll angerichtete Teller, die nette Gesellschaft – all das trägt dazu bei, dass der Genuss wieder im Vordergrund steht.

Die Psychologin Christina Bermeitinger rät außerdem, ganz bewusst die verschiedenen Sinne miteinzubeziehen: „Was rieche ich da eigentlich? Wie fühlt sich die Schale einer Gurke im Vergleich zu der einer Paprika an? Wie klingt es, wenn die Suppe im Topf vor sich hin blubbert?“ Mal könne es wohltuend sein, sich Gerichte aus der Kindheit vorzunehmen, mal bescheren neue Gewürze und Zutaten spannende Erfahrungen. Vor allem aber sollten wir eines vermeiden, sagt Bermeitinger, und das sei, „das Essen und Kochen übermäßig mit Bedeutung und Erwartungen aufzuladen“. Nicht nur was und wann wir essen, sondern auch wie und mit wem, dürfe durchaus variieren, sich verändern und den individuellen Bedürfnissen angepasst werden.

Wie bei Magda Fuchs. Mittlerweile sind ihre drei Kinder ausgezogen – und die Freude am Kochen ist zurückgekehrt. „Jetzt, wo ich nicht mehr unbedingt etwas auftischen muss, habe ich wieder Spaß daran“, sagt sie. Heute entscheidet allein ihr Appetit, was auf den Herd kommt. Und ihr Gefühl.

Therapie in der Küche

Eine „Kochtherapie“ wird zur Ver­haltensaktivierung eingesetzt – eine klassische verhaltenstherapeutische Technik. Antriebslosigkeit und ­Passivität sollen überwunden und positive Erlebnisse und zielorientiertes Verhalten befördert werden. Angewandt wird der Ansatz in psychiatrischen Kliniken und Einrichtungen zur psychosomatischen Rehabilitation wie etwa der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Uniklinikums Freiburg. Auch Psychologen und Berater mit eigener Praxis bieten Kochkurse an.

Bei Depressionen, Angst- und Erschöpfungszuständen, Essstörungen, ADHS, sozialen Problemen oder auch Suchterkrankungen kann ein solches Kochprogramm die psycho­therapeutische Behandlung ergänzen.

Die körperliche Betätigung beim Kochen mildere negative Gefühle wie Angst und Stress, sagt etwa die US-Sozialpädagogin Julie Ohana, die solche Kurse anbietet. „Zu den positiven Effekten zählen außerdem ein gesteigertes Selbstwertgefühl und der Kontakt auf einer tieferen zwischenmenschlichen Ebene.“ Indem sich die Aufmerksamkeit auf eine Tätigkeit richte, würden ­Grübelschleifen durchbrochen. Symptome wie Müdigkeit oder ­Depressivität hätten weniger Platz.

Ähnlich wie bei anderen kreativen Therapieverfahren wie etwa Musik- oder Kunsttherapie ist die Gruppendynamik beim therapeutischen Kochen oft Teil des Prozesses. Dabei werden soziale Interaktionen trainiert und Kommunikationsfähigkeiten geschult. ­Gemeinsam wird ein Menü zubereitet – auch „mit dem Ziel der Verbesserung von Alltagsfähigkeiten und Fertigkeiten“, so das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München, das Kochtherapie ­begleitend zur Psychotherapie für stationäre Patienten und für Patienten der Tagesklinik anbietet.

Die Teilnehmer erführen dabei, dass sie aus eigener Kraft Probleme bewältigen und Kontrolle ausüben können. Genusstrainings und ­Wahrnehmungsübungen lenkten den Blick auf positive Erfahrungen. LM

Zum Weiterlesen

Stevan Paul (Hg.): Die Philosophie des Kochens. Mairisch, Hamburg 2018

Jean-Claude Kaufmann: Kochende Leidenschaft. Soziologie vom Kochen und Essen. UVK, Konstanz 2006

Quellen zum Beitrag „Psychologie des Kochens“

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Gisla Gniech: Essen und Psyche – Über Hunger und Sattheit, Genuss und Kultur. Springer-Verlag, Wiesbaden 2013

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 3/2019: Die Kunst des Aufgebens