Die Wohnung von F. C. Delius liegt hoch über den Dächern von Berlin. Hell ist es hier, man sieht immer ein Stück Himmel. Auf dem langen Tisch liegen mehrere Zeitungen, alles ist aufgeräumt, auch die offene Küche. Am Gefrierschrank kleben Haftmagneten mit englischen Wörtern, die man spielerisch zu Kühlschrankpoesie zusammenschieben kann. „Da hat mein Neffe dran gebastelt“, sagt Delius. Dann schweigt der Schriftsteller, hantiert bedächtig mit bunten Tassen, stellt eine Espressokanne auf den Herd. Es wird ruhig, fast still in der Wohnung – man kann sich gut vorstellen, dass es in diesen Räumen genug Platz für eigene Worte und Gedanken gibt. Und für Bücher, die in hoch aufragenden Regalen die Flurwände überziehen. Auch während des Gesprächs ist die Stimmung konzentriert, immer wieder entstehen kurze Gesprächspausen, in denen der 71-Jährige nachdenkt. Zwischendurch wird aber auch laut gelacht.
Die Mischung aus Präzision, trockenem, respektlosem Humor und stoischer Unbeirrbarkeit spiegelt sich auch in Delius’ Werk. In seinen mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichneten Romanen, Erzählungen und Satiren kommen immer wieder eigensinnige Charaktere zu Wort. Und auch sein Lebensweg ist eigen. Der Sohn eines evangelischen Pfarrers in Hessen studierte in Berlin Literatur, war Teil der Studentenbewegung der 1960er Jahre, arbeitete als Lektor im Wagenbach-Verlag, bevor er selbst Schriftsteller wurde. Ein Jahrzehnt lang lebte er zusammen mit seiner Frau überwiegend in Rom, jetzt wieder in Berlin. Fast jedes zweite Jahr veröffentlichte der Schriftsteller ein Buch.
PSYCHOLOGIE HEUTE Herr Delius, was fasziniert Sie an eigensinnigen Zeitgenossen? In Ihren Büchern kommen ja sehr viele Charaktere dieser Art vor.
FRIEDRICH CHRISTIAN DELIUS Mir ist lange nicht aufgefallen, dass sich eigensinnige Figuren, gelassene, zielbewusste Einzelkämpfer in meinen…
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