Digitaler Stress

Ein neues Softwaretool will bedient werden, aber wie? Wer das nicht weiß, gerät leicht in digitalen Stress.

Die E-Mails nehmen überhand, die aktuelle Soft­ware ist ein Rätsel, und der Chef kündigt ein noch komplizierteres Programm an? Wer diese Umstände nur allzu gut kennt, empfindet wahrscheinlich digitalen Stress. Er entsteht nicht durch die bloße Präsenz digitaler Technologien, ergab eine Studie. „Vielmehr tritt er dort auf, wo der Digitalisierungsgrad des Arbeitsplatzes nicht zu den Kompetenzen der Arbeitnehmer passt“, schreiben die Forscher. Wenn die Herausforderung der Technologien die Fähigkeiten des Einzelnen übersteigt, entstehe Leidensdruck.

Die Studie beleuchtet digitalen Stress unter deutschen Arbeitnehmern. Die Wissenschaftler befragten über 2600 Freiwillige zwischen 19 und 88 Jahren mithilfe eines Onlinefragenkatalogs. Die meisten Umfrageteilnehmer gaben ein mittleres Ausmaß an digitalem Stress an. Dabei waren Frauen stärker gestresst als Männer und Jüngere stärker betroffen als Ältere – womöglich weil Arbeitgeber von jüngeren Mitarbeitern besonders gute digitale Kompetenzen erwarten.

Unsicherheit stresst viele

„Die Verunsicherung im Umgang mit digitalen Technologien wird als größter Stressor wahrgenommen“, so die Forscher. Daneben gebe es noch andere Faktoren, die dazu beitrügen: die Unzuverlässigkeit der Technologien, die digitale Überflutung – also Beschleunigung, Zeitdruck und Zunahme der Arbeit durch digitale Technologien – sowie die Komplexität und Omnipräsenz von Geräten wie Smartphone und Tablet. Letztere empfanden die Befragten als den kleinsten der Stressfaktoren.

Die Forscher hoffen, dass ihre Studie Präven­tionsmaßnahmen fördern kann: „Das Ziel ist, ein Gleichgewicht zwischen den individuellen Kompetenzen und den Anforderungen durch die Digitalisierung herzustellen.“

Henner Gimpel u. a.: Digitaler Stress in Deutschland. Eine Befragung von Erwerbstätigen zu Belastung und Beanspruchung durch Arbeit mit digitalen Technologien. Diskussionspapier Nr. 101, Hans-Böckler-Stiftung 2018

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 3/2019: Die Kunst des Aufgebens
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