Cyberloafing

Manche sind auch während der Arbeitszeit privat im Internet beschäftigt. Das kann, muss aber nicht immer mit dem Job zu tun haben.

Cyberloafing findet statt, wenn man während der Arbeitszeit aus privaten Gründen im Netz unterwegs ist. © Asia Vision/Getty Images

Es ist grundsätzlich in Deutschland nicht erlaubt, aber auch eine rechtliche Grauzone: Onlineshopping, E-Mails, Chatten, Urlaubsrecherchen oder Gaming während der Arbeitszeit, kurz: Cyberloafing. Warum machen Menschen das vielleicht sogar wider besseres Wissen und hat es etwas mit ihrem Job zu tun? Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 verbrachten US-amerikanische Angestellte immerhin rund zehn Prozent ihrer Arbeitszeit mit privaten Aktivitäten im Netz.

Forschungen zeigen: Weder gibt es die eine Ursache, die mit der Arbeit zusammenhängt, noch den einen Grund, der mit der Person oder ihren privaten Umständen zu tun hat. Das Spektrum von möglichen Gründen ist aus psychologischer Sicht sehr breit. Cyberloafing kann beispielsweise dazu dienen, Stress abzubauen, Problemen aus dem Weg zu gehen, aber es kann auch eine entspannende und erholsame Wirkung haben. Es kann auch als Versuch verstanden werden, Probleme am Arbeitsplatz zu meistern (Coping). Sobald es zu ausgiebig gemacht wird, hat es Nachteile, denn man stiehlt sich dann die eigene Arbeitszeit.

Gründe für Cyberloafing

  • Überlastung und Stress können dazu führen, dass Angestellte, die aus Überforderung, etwa bei Rollenkonflikten oder unauflösbaren Widersprüchen und Dilemmas das Bedürfnis verspüren, den Problemen auszuweichen, und sie lieber beginnen, im Internet zu surfen.

  • Langeweile: Sind Mitarbeitende dauerhaft zu wenig gefordert und langweilen sie sich, können sie ebenfalls leichter ins private Surfen oder andere Aktivitäten im Internet abgleiten.

  • Pause machen: Studienteilnehmende gaben auch an, für sie sei das Cyberloafing eine Art Pause, in der sie sich entspannten.

  • Einfach Spaß haben: Der simpelste Grund ist, dass Menschen einfach gern im Netz unterwegs sind und dort etwas tun.

  • Zufriedenheit und Unzufriedenheit: Arbeitnehmende, die ihren Job als sinnvoll empfinden und ihn gern ausüben, sind offenbar weniger anfällig dafür, privat im Internet tätig zu werden. Und diejenigen, die sich kaum mit ihrer Arbeit identifizierten, ließen sich lauf Befragungen leichter dazu verlocken.

  • Private Probleme: Weiterhin könnten auch private Belastungen dazu führen, dass sich Berufstätige beim privaten Surfen erholen und nach Entlastung suchen, weil es sie ablenkt.

  • Konzentration: Einige Studienteilnehmende gaben auch an, sie könnten sich bei der Arbeit besser fokussieren, wenn sie sich zuvor übers Handy versichert hätten, dass es den Kindern gerade gut gehe. Forscherinnen und Forscher prägten hier den Begriff Onlinekommunikation als „emotionaler Ressourcenträger".

  • Montagsblues: Eine Studie legte nahe, dass Befragte besonders oft an Montagen während der Arbeit online shoppen gingen.

  • Persönlichkeit: Menschen, die eher extravertiert, emotional labil (Neurotizismus) oder offen sind, zeigten sich in Studien anfälliger dafür, privaten Aktivitäten im Netz nachzugehen. Das galt auch für Personen, die abenteuerlustig sind oder zur Prokrastination neigten. Hingegen wurde bei Menschen mit höheren Werten bei „Verträglichkeit“ und „Gewissenhaftigkeit“ eine geringere Anfälligkeit festgestellt.

  • Macht der Gewohnheit: Befragte, die einmal mit Cyberloafing begonnen hatten, gewöhnten sich offenbar schnell daran. Feste Gewohnheiten, ob online oder offline, sind schwer wieder abzulegen.

  • Schlaf: Auch eine schlechte Nacht kann dazu verleiten, sich im Netz „treiben“ zu lassen, ohne zu arbeiten, wie einige Studien nahelegten.

  • Zeitmanagement: Personen, die ihre Zeit gut planten und effizient einsetzen, neigten in einer Studie zu etwas mehr Cyberloafing. Der Grund: Die Forschenden vermuten, dass sie durch ihre effiziente Zeiteinteilung mehr Zeit dafür übrighatten.

  • Bildung und Fähigkeiten: Bei besser Gebildeten, Führungskräften sowie sehr versierten Angestellten, die ohnehin beruflich häufig im Netz unterwegs sind, wurde eine größere Neigung zur privaten Nutzung gefunden.

  • Work-Life-Balance: Befragte mit einem eng getakteten Zeitplan und vielen Arbeitsanforderungen, die zudem auch privat stark eingespannt waren, flüchteten sich während der Arbeitszeit ins Netz, um diese Situation besser zu managen, also wieder emotional ins Gleichgewicht zu kommen.

  • Kolleginnen, Kollegen: Auch ihr Verhalten spielt eine wichtige Rolle, wenn man sie dabei beobachtet, sinkt wohl die eigene Hemmschwelle.

  • Rache am Arbeitgeber, der Arbeitgeberin: Manche Studienteilnehmende gaben an, ausgiebig und privat im Netz unterwegs zu sein, weil sie sich im Job nicht wertgeschätzt, ausgegrenzt oder ungerecht behandelt fühlten.

  • Geschlecht und Alter: Beides hat nach den bisherigen Forschungen offenbar nur wenig damit zu tun, ob Personen während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken im Internet unterwegs sind.

Nimmt das Cyberloafing ein zu großes Ausmaß an, kann das bedeuten, dass gesundheitliche Probleme vorliegen, sich etwa eine Internetsucht oder andere Verhaltenssucht anbahnt. Es kann auch heißen, dass Mitarbeitende zu stark unter Stress stehen und keine anderen Lösungen finden oder dass sie ihre Unzufriedenheit und Ärger über den Job im Internet ausleben anstatt bei der Arbeit nach Lösungen zu suchen oder sich Hilfe zu holen.

In jedem Falle sollten Unternehmen dieses Thema im Auge haben und als Teil der Unternehmenspolitik betrachten und hier gegebenenfalls Vereinbarungen und Vorkehrungen treffen, so das Fazit. Stress erzeugende und belastende Arbeitsbedingungen müssten im Auge behalten werden, meinen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Quellen

Vivien K. G. Lim, Thompson S. H. Teo: Cyberloafing: A review and research agenda. Applied Psychology, 2022. DOI: 10.1111/apps.12452

Stephanie Andel u. a.: Is cyberloafing more complex than wie originally thought? Cyberloafing as a coping response to workplace aggression exposure. Computers in Human Behavior, 2019. DOI: 10.1016/j.chb.2019.07.013

Christiane Eichenberg, Christiane Hübner: Verhaltenssüchte am Arbeitsplatz: Ein zunehmendes Problem. Aerzteblatt.de; Ärzteblatt PP 16 Oktober 2017

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