Beziehungsampel: Vorsicht, hier ist rot!

Ist ein Verhalten nur nervig oder überschreitet es jede Grenze? Unsere Beziehungsampel ist eine Entscheidungshilfe im Kontakt mit schwierigen Menschen

Die Illustration zeigt einen großen Mann mit rotem Mantel und Krone auf dem Kopf, der streng eine Rede hält vor einen kleinen Mann, der traurig zu ihm hoch schaut und zuhört
Es gibt Menschen, die nerven. Und solche, die grenzüberschreitend sind: personifizierte rote Flaggen. © Franz Lang für Psychologie Heute

Unsere Beziehungsampel wurde entwickelt von Psychotherapeutin Dr. Gitta Jacob und Psychologin Anne Otto. Sie gibt Ihnen Orientierung und ist eine Entscheidungshilfe, wie Sie sich im Kontakt mit schwierigen Menschen positionieren können.

Narzisstische Interaktion

Situationen, in denen das Gegenüber die eigene Großartigkeit herausstellt und gleichzeitig andere abwertet – bei Pannen oder Kritik sind solche Menschen schnell kränkbar, reagieren mit Schmollen oder Wut.

Grün: Ein bisschen angeben, eigene Vorteile…

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Menschen schnell kränkbar, reagieren mit Schmollen oder Wut.

Grün: Ein bisschen angeben, eigene Vorteile herausstellen, glänzen wollen, sich dafür aber auch anstrengen. Kompetitiver Ton, der aber sportlich und fair bleibt.

Gelb: Das Gegenüber wertet andere leichtfertig ab, ist aber selbst schnell gekränkt, wenn man Kritik äußert. Wenig Einsicht in eigene Schwächen oder Fehler. Zugeständnisse und Selbstkritik nur punktuell und bei engen Bezugspersonen.

Rot: Ständiges Abwerten anderer, auch enger Bezugspersonen wie der Partnerin, der Kinder et cetera. Kaum Selbstreflexion, „So bin ich eben“. Erwartet Bewunderung, tut viel, um eigenen Status zu halten, zum Beispiel lügen, Dramen inszenieren.

Herausfinden, mit wem Sie es zu tun haben: Prüfen Sie – besonders in nahen Beziehungen –, wie abwertend das Gegenüber ist und wie es reagiert, wenn Sie zurückmelden, dass Sie das kränkt. Gibt es eine Betroffenheit und ein Interesse an Ihrem Wohl? Wenn nicht, wird aus Gelb schnell Rot.

Tipp: Konzentrieren Sie sich im Kontakt auf gemeinsame Aufgaben. Grenzen Sie sich gegen Abwertungen ab. Üben Sie Kritik freundlich, aber bestimmt.

Zwanghafte Interaktion

Situationen, in denen das Gegenüber immer wieder Regeln aufstellt, alles kontrolliert, ein Gefühl von Enge aufkommt. Starres und aggressives Beharren auf bestimmten Abläufen.

Grün: Jemand hat genaue Vorstellun­gen und Regeln, die er oder sie aber auch selbst akribisch einhält. Rituale und Macken, aber auch Interesse am Gegenüber. Starr vor allem in Stress­momenten.

Gelb: Person ist häufig unflexibel, reizbar, wenn die eigenen Regeln oder Vorstellungen gestört werden. Nicht in allen Lebensbereichen, zum Beispiel eher bei der Arbeit, eher in der Familie.

Rot: Starr in fast allen Bereichen. Kaum Reflexion darüber, dass es auch andere Meinungen und Bedürfnisse gibt. Häufig Aggression und Wut, wenn Regeln nicht eingehalten werden.

Herausfinden, mit wem Sie es zu tun haben: Gibt es Spielräume oder nicht? Prüfen Sie, ob das Gegenüber sich bemüht, kooperativ und flexibel zu sein, auch wenn es schwerfällt. Dann kann man gucken, ob in diesen Bereichen die Interaktion gelingt – oder nicht.

Tipp: Treffen Sie sich dort, wo Sie das Hausrecht haben oder die Regeln machen. Akzeptiert das Gegenüber Ihre Regeln und fügt sich auch mal ein? Das wäre ein gutes Zeichen.

Manipulative Interaktion

Andere versuchen, uns zu etwas zu bringen, was wir erst einmal nicht wollen, und gehen dabei verdeckt vor, statt offen zu sagen, was sie sich wünschen.

Grün: Überreden, ein bisschen jammern („Du kannst das, ich kann es nicht“). Geschichten, damit man bestimmte Dinge im Alltag nicht zu tun braucht („Du musst zu mir kommen, meine Katze ist krank.“)

Gelb: Opferinszenierung: „Bei mir läuft immer alles schief.“ Einseitige Rollenverteilung: „Mir muss man helfen.“ Indirektes Taktieren, Schmeicheln und Hin und Her, bis es sich so entwickelt, wie die Person es sich erhofft.

Rot: Ein Nein wird nicht akzeptiert, immer wieder Grenzüberschreitungen. Vorwürfe/Schmollen bei Absage oder Abgrenzung.

Herausfinden, mit wem Sie es zu tun haben: Prüfen Sie, wie jemand reagiert, wenn Sie sich abgrenzen. Wer massiv dagegen angeht, wütend wird oder Vorwürfe macht, sollte auf Rot geparkt werden.

Tipp: Keine Sonderbehandlung für Menschen, die sich als Opfer stilisieren. Äußern Sie weiterhin eigene Bedürfnisse, melden Sie gegebenenfalls an, dass Sie selbst Hilfe brauchen. Die Reaktion darauf ist aufschlussreich.

Impulsive Interaktion

Das Gegenüber kann eigene Emotionen nicht gut regulieren, reagiert oft von null auf hundert wütend, beleidigt, vorwurfsvoll oder begeistert – und überrumpelt andere.

Grün: Mitreißend, übermütig, manchmal etwas zu schrill und spontan, Auf und Ab der Gefühle ist anstrengend, aber nicht übergriffig.

Gelb: Hohe Emotionalität – froh, traurig, wütend, geladen – wird nicht gesteuert, sondern über die Situation gegossen, so dass die Stimmung sich während einer Begegnung mehrfach verändern kann. Das ist anstrengend. Launen werden gezeigt – aber keine direkten Angriffe auf andere.

Rot: Wut, Beleidigung, Schuldzuweisung trifft das Gegenüber. Wenig Einsicht ins eigene Verhalten. Keine Versuche, eigene Emotionen zu regulieren, obwohl das Umfeld dabei zu Schaden kommt.

Herausfinden, mit wem Sie es zu tun haben: Prüfen Sie, ob das Gegenüber Verantwortung für das impulsive Verhalten übernimmt, sich zum Beispiel entschuldigt, versucht, es anders zu machen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass die Impulsivität Ihnen regelmäßig die Kraft raubt, gehen Sie auf Abstand.

Tipp: Fragen Sie sich auch im Interesse der eigenen Sicherheit: Können Wut und Aggression mir gefährlich werden? Falls ja, ziehen Sie sofort Konsequenzen.

Antisoziale Interaktion

Menschen, die bewusst, lügen und täuschen, andere rücksichtslos für Ihre Ziele einsetzen, empathielos reagieren oder sogar Freude am Leid anderer haben, sind selten. Aber es gibt sie. Dann gilt nur noch eine Ampelphase: Rot. Grenzen Sie sich ab.

Rot: Empathielosigkeit und Kälte bei Menschen, die sich oberflächlich als charmant und an Ihnen interessiert darstellen.

Rot: Sadistisch und schadenfroh. Kann diese Seite aber gut verbergen, wenn sie zum Nachteil werden könnte.

Rot: Rücksichtsloses Machtstreben. Es wird in Kauf genommen, dass andere Personen zu Schaden kommen, ihren Job oder ihre Beziehung verlieren.

Herausfinden, mit wem Sie es zu tun haben: Werfen Sie einen Blick in die Vergangenheit der Person – wie hat sie ihre früheren Beziehungen beendet, in anderen Umfeldern gewirkt? Wer auch in anderen Beziehungen rücksichtslos, lieblos und manipulativ war, wird es wieder sein.

Tipp: Im Job gilt: Abstand halten. Wenn das mal nicht geht: Auf der Sachebene bleiben.

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 7/2025: Mit schwierigen Menschen leichter leben