Drei faire Spiele

Laut Ernst Fehr sind Menschen gar nicht so egoistisch, wie man denken mag. Drei Spiele, mit denen er arbeitet – erklärt an Figuren aus der Sesamstraße

Der Wirtschaftswissenschaftler und Professor, Ernst Fehr, sitzt an seinem Arbeitsplatz am Institut für Volkswirtschaftslehre an der Uni Zürich und  hält ein Buch in den Händen
Dr. Ernst Fehr ist einer der führenden Forschenden in Wirtschaftswissenschaften, Verhaltens- sowie Mikroökonomie. © Daniel Winkler für Psychologie Heute

1. Das Diktatorspiel (dictator game)

Frosch Kermit (der Spielleiter) gibt Ernie zehn Euro. Ernie kann wählen, wie viel davon er an Bert abgibt – eine beliebige Summe von null bis zehn Euro. Wenn Ernie das Geld aufgeteilt hat, endet das Spiel. Die klassische Theorie sagt voraus, dass Ernie das Geld komplett für sich behält. Natürlich! Warum sollte er freiwillig teilen?

Wenn man die Sache dann aber mit vielen Versuchspersonen ausprobiert, merkt man: Es läuft ja ganz anders! Viele Ernies schieben tatsächlich…

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vielen Versuchspersonen ausprobiert, merkt man: Es läuft ja ganz anders! Viele Ernies schieben tatsächlich etwas Geld zu Bert hinüber – zwar meist nicht gerade die Hälfte, aber doch ein oder zwei ­Euro. Denn so ist die Welt, in der sie gerne leben möchten. Merke: Menschen handeln gar nicht so egoistisch, wie man es ihnen oft unterstellt. Fairness und Ausgleich sind den meisten von ihnen wichtig.

2. Das Ultimatumspiel (ultimatum game)

Kermit, der Frosch, gibt Ernie erneut zehn Euro. Wieder muss Ernie entscheiden, wie viel davon er an Bert weitergeben möchte. Doch hier kommt der entscheidende Unterschied zum Diktatorspiel: Bert kann entscheiden, ob er Ernies Angebot annehmen möchte. Tut er das, wird das Geld entsprechend aufgeteilt und das Spiel endet. Tut er das nicht, bekommen weder Bert noch Ernie etwas, das Geld wandert zurück zu Kermit, dem Frosch.

Die klassische Ökonomie sagt voraus, dass Ernie fast das ganze Geld für sich behält und Bert jedes Angebot annimmt, das über null Euro liegt. Denn selbst ein Euro ist für ihn viel besser als kein Euro. Doch die Experimente von Fehr und anderen zeigen, dass Bert ein Angebot von drei Euro oder weniger in der Regel ablehnt. Er empfindet es als unfair und wird zum „altruistischen Bestrafer“, der lieber selbst auf Geld verzichtet, als einen Abzocker mit seiner Dreistigkeit davonkommen zu lassen.

3. Das Vertrauensspiel (trust game)

Kermit, der Frosch, gibt zehn Euro an Ernie und zehn Euro an Bert. Jetzt kann Ernie einen Teil seines Geldes (oder alles) seinem Mitspieler Bert zuschieben. Jeder Euro, der jetzt vor Bert liegt, wird danach von Kermit, dem Frosch verdreifacht. Im Idealfall besitzt Bert jetzt also vierzig Euro. Nun kann er entscheiden, wie viel von dem Geld er an Ernie abgibt, ob er das in ihn gesetzte Vertrauen also zurückzahlt oder nicht. Auch hier zeigen ganze Berge von Studien, dass Ernie viel mehr ins Vertrauen geht, als man glauben würde – und dass Bert dieses Vertrauen auch viel öfter und stärker zurückgibt, als die meisten denken. Alle profitieren von einer Welt, in der man einander vertraut und in der viele Menschen vertrauenswürdig sind.

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 8/2024: Glückliche Stunde gesucht