Geschichte der Psychologie: die 1990er Jahre

Positive Psychologie, Spiegelneuronen und die Frage, ob man Erinnerungen manipulieren kann – die psychologischen Meilensteine der 90er.

Meilensteine der Psychologie aus den 1990er Jahren
Geschichte der Psychologie: das sind die Meilensteine aus den 1990er Jahren. © Psychologie Heute

Unserer 50 Jahre Psychologie Heute Jubiläumsausgabe (Heft 10/2024) haben wir eine besondere Überraschung beigelegt: ein hochwertiges Wissensposter mit den Meilensteinen der Psychologie aus den letzten 50 Jahren. Für unsere Online-Leserinnen und -Leser haben wir die – aus unserer Sicht – wichtigsten Ereignisse getrennt nach Jahrzehnten aufbereitet. Unsere Meilensteine der Psychologiegeschichte aus den 90er Jahren:

1990

Am 3. November wird die seit 1962 bestehende Gesellschaft für Psychologie der DDR aufgelöst. Sie war gleichzeitig Forschungs- und Berufsverband.

Der amerikanische Psychologe Martin Seligman schildert in seinem Buch Learned Optimism die psychischen und gesundheitlichen Vorteile eines optimistischen Denkstils und begründet damit die Strömung der Positiven Psychologie. Seligman prägte zuvor auch den Begriff „erlernte Hilflosigkeit“.

Mihaly Csikszentmihalyi, ungarischer Psychologe, veröffentlicht sein Buch Flow, das in 20 Sprachen übersetzt wird.

1991

Homosexualität wird im Diagnostikmanual der Weltgesundheitsorganisation (ICD) aus der Liste der psychischen Störungen gestrichen. Im US-Manual DSM war dieser Schritt schon 1973 erfolgt.

1992

Der britische Psychologe Robin Dunbar kommt zu dem Schluss, dass der Kreis der Personen, mit denen Menschen persönlich vertraut sind, höchstens 150 Individuen umfasst (Dunbar’s number).

1993

Randolph Ochsmann, deutscher Psychologieprofessor, erschließt in seinem Buch Angst vor Tod und Sterben das Gebiet der Thanato-Psychologie.

1994

Der Therapieforscher Klaus Grawe veröffentlicht mit Ruth Donati und Friederike Bernauer das 900-Seiten-Buch Psychotherapie im Wandel. Von der Konfession zur Profession. Es ist die erste umfassende Metaanalyse zur Wirksamkeit von Therapieverfahren. Grawe plädiert für eine evidenzbasierte, schulenübergreifende Therapie.

Das Diagnostikmanual DSM-IV erscheint. Es betont, dass Symptome eine „klinisch signifikante“ Ausprägung haben müssen, damit eine Störung diagnostiziert werden kann.

Porträt von Elizabeth Loftus
Elizabeth Loftus: Kann man menschliche Erinnerungen manipulieren?
Porträt von Elizabeth Loftus
Elizabeth Loftus: Kann man menschliche Erinnerungen manipulieren?

1995

Die amerikanische Psychologin Elizabeth Loftus suggeriert Versuchspersonen eine falsche Erinnerung: Sie seien als kleines Kind einmal in einem Einkaufszentrum verloren gegangen. Um die Frage, wie sehr sich die menschliche Erinnerung manipulieren lässt (false memory), entsteht eine fortgesetzte Debatte.

Daniel Goleman, der u. a. Herausgeber von Psychology Today war, macht in seinem Buch das Konzept der „emotionalen Intelligenz“ bekannt.

Artikel über das Geheimnis glücklicher Ehen aus Psychologie Heute-Ausgabe 02/1996
Das Geheimnis langjähriger Ehen – darum geht es in Psychologie Heute-Ausgabe 02/1996.
Artikel über das Geheimnis glücklicher Ehen aus Psychologie Heute-Ausgabe 02/1996
Das Geheimnis langjähriger Ehen – darum geht es in Psychologie Heute-Ausgabe 02/1996.

1996

Der italienische Neurophysiologe Giacomo Rizzolatti veröffentlicht seine Entdeckung der „Spiegelneuronen“.

In einer Ära rasant steigender Scheidungen verfolgt die US Psychologin Judith Wallerstein einen Forschungsansatz, der quer zum Zeitgeist steht: In der Psychologie Heute-Ausgabe 2/1996 schildert sie, was langjährige Ehen zusammenhält.

1997

Der Computer Deep Blue schlägt den Schachweltmeister Garri Kasparov in einem regulären Turnier mit sechs Partien. Das Ereignis entfacht erneut die Debatte, ob und, falls ja, wann Maschinen intelligenter sein werden als Menschen.

Beim Versuchsaufbau „Gummihand-Illusion“ trägt ein Mann einen künstlichen Finger
Gummihand-Illusion: Warum glauben die Versuchsteilnehmer, eine Gummihand wäre ihre echte?
Beim Versuchsaufbau „Gummihand-Illusion“ trägt ein Mann einen künstlichen Finger
Gummihand-Illusion: Warum glauben die Versuchsteilnehmer, eine Gummihand wäre ihre echte?

1998

Gummihand-Illusion: Mittels einer Sichtblende und Berührungen bringen die beiden amerikanischen Hirnforscher Matthew Botvinick und Jonathan Cohen Personen dazu, eine Gummihand als ihre eigene zu empfinden.

Neurodiversität wird durch einen Artikel über Autismus im Magazin The Atlantic zum Begriff, die australische Soziologin Judy Singer hatte ihn geprägt.

Mensch im Gorilla-Kostüm steht zwischen Menschen, die einen Ball werden
Unaufmerksamkeitsblindheit: Wie kann man den Gorilla übersehen? Man kann.
Mensch im Gorilla-Kostüm steht zwischen Menschen, die einen Ball werden
Unaufmerksamkeitsblindheit: Wie kann man den Gorilla übersehen? Man kann.

1999

In Deutschland tritt am 1. Januar das Psychotherapeutengesetz in Kraft. Erstmals ist die Ausbildung zum Psychotherapieberuf auf Basis eines Psychologiestudiums gesetzlich geregelt.

Der Dunning-Kruger-Effekt wird entdeckt: Ausgerechnet Menschen, die wenig wissen und können, überschätzen ihre eigene Expertise.

Christopher Chabris und Daniel Simons, zwei amerikanische Psychologen, schicken in einem Basketball-Video eine Frau im Gorillakostüm übers Spielfeld. Personen, die auf eine andere Aufgabe konzentriert sind, bemerken die skurrile Szene oft nicht.

Die Zeitreise durch die Geschichte der Psychologie geht weiter – kommen Sie mit?

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Schon gewusst? Eine Neuauflage der Ausgabe 1 von 1974 können Sie als nostalgisches Re-Print oder als PDF bestellen.

Das 50 Jahre Jubiläumsheft Psychologie Heute 10/2024 inklusive Wissensposter mit den Meilensteinen der Psychologie können Sie ebenfalls online bestellen.

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 10/2024: Bin ich gestresst oder habe ich ADHS?
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