In unserem Projekt I can change an der Medizinischen Hochschule Hannover versorgen wir Patienten, die fürchten, ihre sexualisierten Gewaltfantasien nicht (mehr) kontrollieren zu können. Einige dieser Menschen haben bereits Übergriffe auf Erwachsene begangen, andere noch nicht. Jeden Tag begegne ich Menschen, die beschreiben, sich an einem Abgrund zu befinden. Sätze wie „Ich bin ein Monster“ fallen im Rahmen der Therapie häufig. Viele unserer Patienten berichten von der Überzeugung, eigentlich keine Hilfe und Unterstützung zu verdienen. Dabei unterscheiden sie sich in ihren Diagnosen selten von regulären psychotherapeutischen Patienten. Ihre Fantasien und zum Teil auch ihre Taten sind jedoch schwerwiegend und geben ihnen oft ein Gefühl, isoliert zu sein. Bei Herrn Müller (Name geändert) war dieses Gefühl besonders ausgeprägt.
„Wissen Sie, da ist so etwas Dunkles in mir. Etwas, das ich nicht benennen kann.“ Mein Patient mustert mich forschend. Ich bin nicht seine erste Therapeutin und auch nicht die erste, der er davon erzählt. Das „Dunkle“ in ihm hat ihn viel gekostet, es hat ihn vor Gericht gebracht, seine Beziehung gefährdet und ihn an den Rand des Bodenlosen geführt. Es verschlingt ihn dennoch. Herr Müller, ein paar Jahre älter als ich, Mitte dreißig und – das weiß ich nach unseren wenigen bisherigen Gesprächen – ein Nerd, der am liebsten sein Leben in einem Archiv verbringen würde und stattdessen im Chaos der sozialen Berufe gelandet ist. Tattoos auf dem Arm und dazu das Bemühen, angepasst zu bleiben.
Viele Bälle in der Therapiestunde
Eine Therapie hat er bereits abgebrochen. Es ging ihm nicht schnell genug. Er wollte Ergebnisse, bitte nach Stunde zwei und bitte auch nachhaltig. Sein Wunsch nach rascher Veränderung ist jede Stunde spürbar.Wir sind in Stunde vier. Er sitzt auf der…
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