Schnelle Hilfe bei großen Gefühlen

Manchmal überwältigen uns Emotionen derart, dass wir nicht mehr handlungsfähig sind. Diese fünf Methoden können uns helfen, bei uns zu bleiben

Eine Frau lehnt sich mit geballter Faust an eine Wand, den Kopf auf die Faust gestützt und weint verzweifelt
Zu viele Gefühle auf einmal? Dann ist es wichtig aktiv einzuschreiten, um dem Körper eine Auszeit zu geben. © globalmoments/Getty Images

Mit diesen Strategien können wir uns in Momenten emotionaler Krisen beruhigen und einen kühlen Kopf bewahren:

Auszeit nehmen

Wenn uns Gefühle derart überfluten, dass wir kaum in der Lage sind, einen klaren Gedanken zu fassen, und körperliche Symptome wie Herzrasen oder Übelkeit spüren, kann eine kurze Auszeit helfen. Therapeutin Stephanie Höschel empfiehlt, dazu einen abgelegenen Ort aufzusuchen, beispielsweise zu Hause das Schlafzimmer, im Büro die Toilette oder in der Innenstadt eine abgelegene…

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zu Hause das Schlafzimmer, im Büro die Toilette oder in der Innenstadt eine abgelegene Parkbank. Wenn nötig, können wir mit starken Reizen unseren Körper beruhigen und jene Hirnbereiche aktivieren, die eher mit der Downregulation assoziiert sind. Etwa indem wir kaltes Wasser übers Handgelenk laufen lassen.

Atmung verlangsamen

Manchmal braucht es nur einen kurzen Moment des Ausatmens, um die innere Anspannung zu lösen. „Es reichen schon 15 Sekunden. Und die haben Sie so gut wie immer“, sagt der Psychologe Matthias Berking. Ob die Kinder streiten, die Chefin einen niedermacht oder der Streitpartner auf eine Antwort wartet – ein einmaliges kurzes Einatmen und langes Wiederausatmen wird dafür sorgen, dass Sie Ihre Gefühle besser kontrollieren können. Denn eine verlangsamte Atmung verändert die Aktivitäten des autonomen und zentralen Nervensystems. Sie regt unter anderem jene Strukturen im Gehirn an, die mit gesteigertem Wohlbefinden, Entspannung und Wachsamkeit verbunden sind. Das Ausatmen aktiviert den Parasympathikus, der eine beruhigende Wirkung hat und das Herz langsamer schlagen lässt.

Aktiv entspannen

Besonders aversive Gefühle wie Ärger gehen auch mit starker Muskelanspannung einher. Darum können Entspannungstechniken wie die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson helfen, das Erregungsniveau auf einfache Weise zu senken. Dazu spannen wir bewusst einzelne Muskelgruppen im Körper an und lockern sie ebenso bewusst wieder. Techniken wie diese wirken auf zwei Ebenen: Sie lösen einerseits die physische Anspannung, andererseits lenken sie die Aufmerksamkeit auf unseren Körper – und damit weg von den Gedanken, die den Ärger ausgelöst haben.

Ausdruck verändern

Körper und Psyche bedingen sich wechselseitig. Haben Sie Angst vor einem schwierigen Gespräch, empfiehlt der Psychologe Sven Barnow in seinem Buch Gefühle im Griff! zum Beispiel, die Schultern nach hinten zu ziehen, die Brust herauszustrecken, den Kopf gerade zu halten und den Blick auf die Interaktionspartnerin zu richten. Wer diese Haltung für zwei Minuten einnehme, der könne den Kortisolspiegel um bis zu 40 Prozent senken.

Andere einbinden

Das Bedürfnis nach Nähe ist tief im Menschen verankert. Haben wir sichere Bindungserfahrungen gemacht, wirkt die Nähe einer vertrauenswürdigen Person oft sehr beruhigend auf uns. „Dabei können biologische und psychologische Prozesse zusammenwirken“, sagt der Entwicklungspsychologe Peter Zimmermann. Auch wenn beide Stränge noch nicht ausgiebig erforscht seien, sei von zwei Prozessen auszugehen: Zum einen werde über die Ausschüttung von Oxytocin die physiologische Stressreaktion reduziert, das geschieht bei engem Kontakt mit einer vertrauten Person, und sei er nur über das Telefon. Zum anderen verändere die Anwesenheit einer zweiten Person die psychologische Bewertung einer Situation, so Zimmermann: „Sie fühlt sich bewältigbarer an.“

Quellen

Sven Barnow: Gefühle im Griff! Wozu man Emotionen braucht und wie man sie reguliert. Springer 2018 (3., korrigierte Auflage)

Matthias Berking: Training emotionaler Kompetenzen. Springer 2017 (4., korrigierte Auflage)

Martin Bohus, Martina Wolf-Arehult: Interaktives Skillstraining für Borderline-Patienten. Das Therapeutenmanual. Schattauer 2017 (2. Auflage)

Thomas Ehring u.a.: Emotion regulation and vulnerability to depression: spontaneous versus instructed use of emotion suppression and reappraisal. Emotion, 10/4, 2010, 563–572

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 9/2023: Hast du ein Problem und willst es nicht haben, dann hast du schon zwei