Starke Vorbilder und offene Debatten

Sexismus ist tief in der Gesellschaft verwurzelt. Hier sind sechs Werkzeuge, die uns helfen, Frauenfeindlichkeit zu erkennen und dagegen vorzugehen

Die Illustration zeigt eine Frau die lachend tanzt
Weniger geeignet für Technik, zu emotional für Politik: Im Schatten des Sexismus strahlen Frauen. Denn sie schaffen, was andere nicht von ihnen erwarten. © MariamArsaliaa/Getty Images

Sexismus erkennen: Allein das Wissen darüber, wie Sexismus aussieht und welchen Prozessen er folgt, wo er auftaucht und wie er wirkt, kann Frauen und Männer davor schützen, ihn zu verinnerlichen.

An positive Beispiele denken: Der amerikanische Psychologe Bertram Gawronski hat herausgefunden, dass das bewusste Denken an Eigenschaften, die nicht dem Stereotyp entsprechen, dazu führt, dass Stereotype weniger präsent sind und weniger verwendet werden. Ein Beispiel: Als Mädchen oder Frau kann es bei einer…

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weniger präsent sind und weniger verwendet werden. Ein Beispiel: Als Mädchen oder Frau kann es bei einer naturwissenschaftlichen Aufgabe hilfreich sein, an berühmte Wissenschaftlerinnen zu denken. Eine kleine Anregung:

  1. Lise Meitner war eine österreichische Physikerin und geniale Wissenschaft­lerin, die als Erste eine korrekte theo­retische Erklärung der Kernspaltung veröffentlichte

  2. Margaret Hamilton programmierte einen Computercode, der die erste Mondlandung 1969 möglich machte

  3. Christiane Nüsslein-Volhard ist eine der führenden deutschen Genforscherinnen und wurde mit dem Medizinnobelpreis ausgezeichnet

  4. Gertrude Belle Elion entwickelte ein Medikament zur Behandlung von Leukämie und wurde zu einer Pionierin in der Chemotherapie

Offen debattieren: Der Psychologin Syeda Rahmani zufolge kann der aktive Austausch über Sexismus und Frauenfeindlichkeit Menschen davor schützen, diese Werte zu verinnerlichen. Sei es privat oder in Gruppen: Es hilft, Gedanken und Gefühle zum Thema Sexismus zu teilen, um sie zu überwinden.

Schon bei den Kleinen anfangen: Die Ergebnisse einer Studie zu Stereotypen belegen, dass Mädchen in der Schule besser abschneiden, wenn bei einer Aufgabe deutlich wird, dass ihr Geschlecht bei der Bearbeitung keine Rolle spielt. Wir können zum Beispiel Mädchen ermutigen, auf Bäume zu klettern und Buden zu bauen, sowie Jungen zum Malen oder Spielen mit Puppen ermuntern. Auch auf eine geschlechtergerechte Sprache zu achten hilft.

Nachfragen statt Abwehr: Wird man selbst auf eine sexistische Äußerung hingewiesen, gerät man schnell in den Verteidigungsmodus: „Das war doch nicht so gemeint.“ Hilfreicher ist, mit Verständnis auf das Feedback zu reagieren und sich zu fragen, was man in Zukunft besser machen kann. Die Auseinandersetzung mit den eigenen Aussagen kann helfen, (unbewusste) sexistische Vorstellungen zu hinterfragen.

Dinge ansprechen: Sexistische Äußerungen und Diskriminierungen kommen vor allem im Arbeitsumfeld vor. Unternehmen können Weiterbildungsseminare zum Umgang am Arbeitsplatz anbieten, um das Thema Sexismus zu enttabuisieren. Die Psychologin Christina Schütteler wirbt für einen offenen Umgang: „Im Arbeitsleben helfen klare Linien, wie sexistische Vorfälle angesprochen werden – über alle Hierarchien hinweg.“

Wollen Sie mehr zum Thema erfahren? Dann lesen Sie gerne auch, was man unter internalisiertem Sexismus versteht und warum er auch in vielen Frauen verwurzelt ist in Wir sind kein Stereotyp.

Quellen

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Lars-Eric Petersen, Bernd Six (Hg.): Stereotype, Vorurteile und soziale Diskriminierung. Theorien, Befunde und Interventionen. Beltz 2020, (2., überarbeitete und erweiterte Auflage)

Ida Rosida u.a.: The manifestation of internalized sexism in the pick me girl trend on TikTok. Alphapet, 5/1, 2022, 8-19

Jenny Roth, Melanie C. Steffens: Stereotype und Vorurteile. Homosexualität in der Familie. Handbuch für familienbezogenes Fachpersonal, 2014, 25-32

Christina Schütteler, Timo Slotta: Diskriminierungssensible Psychotherapie und Beratung. Basiswissen, Selbsterfahrung und therapeutische Praxis. Springer-Verlag 2023

Bernd Six: Stereotype, Vorurteile und soziale Diskriminierung. In: Philipp Ozimek, Hans-Werner Bierhoff, Elke Rohmann, Stephanie Hanke (Hg.): Angewandte Sozialpsychologie. Ein Lehrbuch. Kohlhammer 2022

Mariacarolina Vacca u.a.: The relationship between perfectionism and eating-related symptoms in adolescents: A systematic review. European Eating Disorders Review, 29/1, 2020, 1-20

Carsten Wippermann: Sexismus im Alltag: Wahrnehmungen und Haltungen der deutschen Bevölkerung. DELTA-Institut für Sozial- und ­ Ökologieforschung GmbH, 2019, 1-104

Syeda F. Rahmani: Women’s experiences of internalized sexism. Dissertations, 451, 2020, 1–83

Binaz Bozkur: Developing internalized sexism scale for women: A validity and reliability study. International Journal of Eurasian Education and Culture, 5/11, 2020, 1981–2028

Steve Bearman u.a.: The fabric of internalized sexism. Journal of Integrated Social Sciences, 1/1, 2009, 10–47

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 7/2024: Die Straße der guten Gewohnheiten