Keine Angst vor Hilflosigkeit im Alter

Nicht mehr allein und nicht im Heim: Wie eine Senioren-WG Brigitte Mladenovski gegen die Einsamkeit und Angst half.

Brigitte Mladenovski steht zufrieden am Balkon ihrer Senioren-WG und fühlt sich nicht mehr allein
Seit Brigitte Mladenovski in eine Senioren-WG gezogen ist, ist ihre Angst verschwunden. © Andreas Reeg für Psychologie Heute

Brigitte Mladenovski erzählt:

„Ich bin so froh, dass ich an diesem Ort bin. Allein wohnen – das ging nicht mehr nach meiner Herz-OP und mit dem Diabetes. Ich hatte Angst, dass keiner da ist, wenn ich einen Notfall habe. Einmal habe ich nachts keine Luft mehr bekommen. Jetzt sterb ich, hab ich gedacht. Zum Glück konnte ich noch auf meinen Pieper neben dem Bett drücken und die Malteser kamen sehr schnell.

Mein Arzt sagte, ich solle lieber nicht mehr allein leben, und auch mir wurde langsam klar, dass das nicht mehr ging. Ich mochte meine Wohnung nicht besonders, weil sie im dritten Stock lag und nebenan ein Alkoholiker wohnte. Aber wer zieht schon gern weg von daheim?

Ein Seniorenheim kam für mich nicht infrage. Ich war da mal für viereinhalb Monate nach einer Herz-OP. Demenzkranke haben meine Schränke durchwühlt, manche sind sogar nachts in mein Zimmer gekommen. Das war nicht zum Aushalten und so bin ich zurück in meine Wohnung gezogen. Bei einem Pflegestützpunkt habe ich dann von Senioren-WGs erfahren. In so einem kleinen WG-Zimmer bekomme ich Platzangst, habe ich gedacht. Aber dann war doch ein größeres frei und ich habe zugesagt.

Es war komisch, plötzlich mit sieben anderen Leuten den Tag zu verbringen. Ich habe ja lange allein gelebt. Aber bei Mensch ärgere Dich nicht oder Alles was zählt geht die Zeit schnell rum. Außerdem kann ich jederzeit in mein Zimmer gehen und abschließen. Die Angst, dass ich mal einen Notfall habe, ist noch da, aber hier ist immer ein Pflegedienst vor Ort. Ein sehr beruhigendes Gefühl.“

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 6/2021: Menschen verstehen wie die Profis
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